Haben Sie sich jemals gefragt, woraus Ihr Zahnbelag besteht? Vermutlich nicht, aber jemand wie ich fragt sich das. Ich bin archäologische Genforscherin im Zentrum für Evolutionsmedizin an der Universität von Zürich und ich studiere die Ursprünge und die Evolution der Gesundheit des Menschen und seiner Erkrankungen, indem ich genetische Forschungen an Skeletten und mumifizierten Überresten frühzeitlicher Menschen durchführe. Durch diese Arbeit hoffe ich, die evolutionäre Anfälligkeit unserer Körper besser zu verstehen, damit wir unsere Gesundheit in Zukunft verbessern und besser bewahren können.
Have you ever wondered what is inside your dental plaque? Probably not, but people like me do. I'm an archeological geneticist at the Center for Evolutionary Medicine at the University of Zurich, and I study the origins and evolution of human health and disease by conducting genetic research on the skeletal and mummified remains of ancient humans. And through this work, I hope to better understand the evolutionary vulnerabilities of our bodies, so that we can improve and better manage our health in the future.
Es gibt in der Evolutionsmedizin verschiedene Vorgehensweisen. Eine davon ist die Gewinnung von menschlicher DNS aus frühzeitlichen Knochen. Aus diesen Extrakten können wir das menschliche Genom für verschiedene Zeitpunkte rekonstruieren und nach Veränderungen suchen, die mit evolutionären Anpassungen, Risikofaktoren und ererbten Erkrankungen einhergegangen sein könnten. Aber das ist nur die eine Hälfte der Geschichte.
There are different ways to approach evolutionary medicine, and one way is to extract human DNA from ancient bones. And from these extracts, we can reconstruct the human genome at different points in time and look for changes that might be related to adaptations, risk factors and inherited diseases. But this is only one half of the story.
Die wichtigsten Herausforderungen für die Gesundheit heute sind nicht aus einfachen Mutationen in unserem Genom entstanden, sondern sind eher das Ergebnis eines komplexen und dynamischen Zusammenspiels zwischen genetischen Varianten, Ernährung, Mikroben und Parasiten und unserer Immunreaktion. Alle diese Erkrankungen beinhalten eine starke evolutionäre Komponente, die in direktem Zusammenhang mit der Tatsache steht, dass wir heute in einer völlig anderen Umgebung leben als die, in der unsere Körper sich entwickelten. Und um diese Erkrankungen zu verstehen, müssen wir die Studien des menschlichen Genoms alleine hinter uns lassen und uns einem ganzheitlicheren Zugang zur Gesundheit der Menschen in der Vergangenheit zuwenden.
The most important health challenges today are not caused by simple mutations in our genome, but rather result from a complex and dynamic interplay between genetic variation, diet, microbes and parasites and our immune response. All of these diseases have a strong evolutionary component that directly relates to the fact that we live today in a very different environment than the ones in which our bodies evolved. And in order to understand these diseases, we need to move past studies of the human genome alone and towards a more holistic approach to human health in the past.
Das stellt uns aber vor viele Herausforderungen. Zunächst: Was studieren wir überhaupt? Skelette sind allgegenwärtig; man findet sie überall. Aber das Weichgewebe ist natürlich vollständig abgebaut und das Skelett selbst birgt nur begrenzte Informationen über die Gesundheit. Mumien sind eine wunderbare Informationsquelle, mit der Ausnahme, dass sie geographisch und auch zeitlich nur sehr begrenzt vorkommen. Koprolithe sind versteinerte menschliche Fäkalien und sie sind wirklich höchst interessant. Man kann viel über die frühzeitliche Ernährung und Darmerkrankungen lernen, aber sie sind sehr selten.
But there are a lot of challenges for this. And first of all, what do we even study? Skeletons are ubiquitous; they're found all over the place. But of course, all of the soft tissue has decomposed, and the skeleton itself has limited health information. Mummies are a great source of information, except that they're really geographically limited and limited in time as well. Coprolites are fossilized human feces, and they're actually extremely interesting. You can learn a lot about ancient diet and intestinal disease, but they are very rare.
(Lachen)
(Laughter)
Um dieses Problem anzugehen, habe ich ein Team von internationalen Forschern in der Schweiz, Dänemark und England zusammengestellt, die ein sehr wenig erforschtes, kaum bekanntes Material erforschen sollten, das bei den Menschen allerorts gefunden werden kann. Es ist eine Art versteinerter Zahnbelag, der offiziell als Zahnstein bezeichnet wird. Viele von Ihnen kennen vielleicht den Ausdruck Konkromente. Es ist das Zeug, das der Zahnarzt von Ihren Zähnen kratzt, wenn Sie zur Untersuchung gehen. Bei einem typischen Zanharztbesuch werden Ihnen in etwa 15 bis 30 Milligramm entfernt. Aber in der Frühzeit, bevor man die Zähne putzte, haben sich im Laufe eines Lebens auf den Zähnen bis zu 600 Milligramm angesammelt.
So to address this problem, I put together a team of international researchers in Switzerland, Denmark and the U.K. to study a very poorly studied, little known material that's found on people everywhere. It's a type of fossilized dental plaque that is called officially dental calculus. Many of you may know it by the term tartar. It's what the dentist cleans off your teeth every time that you go in for a visit. And in a typical dentistry visit, you may have about 15 to 30 milligrams removed. But in ancient times before tooth brushing, up to 600 milligrams might have built up on the teeth over a lifetime.
Zahnstein ist deshalb besonders wichtig, weil er versteinert – genau wie das restliche Skelett. Er ist bis heute reichlich vorhanden und man findet ihn auf der ganzen Welt. Wir finden ihn in jeder Bevölkerungsgruppe auf der ganzen Welt und in allen Zeiträumen, selbst wenn man zehntausende Jahre zurückgeht. Wir finden ihn sogar bei den Neandertalern und bei Tieren.
And what's really important about dental calculus is that it fossilizes just like the rest of the skeleton, it's abundant in quantity before the present day and it's ubiquitous worldwide. We find it in every population around the world at all time periods going back tens of thousands of years. And we even find it in neanderthals and animals.
Frühere Studien konzentrierten sich vor allem auf die Mikroskopie. Sie betrachteten den Zahnstein unter einem Mikroskop und fanden dort Dinge wie Pollen und pflanzliche Stärkereste und sie fanden Muskelzellen aus dem Fleisch von Tieren und Bakterien. Mein Team von Forschern stellte sich aber die Frage, ob wir Technologien anwenden können, die aus der Genomik und Proteomik stammen, um nach DNS und Proteinen zu suchen, womit wir eine bessere taxonomische Auflösung erzielen, um wirklich verstehen zu können, was vor sich ging.
And so previous studies had only focused on microscopy. They'd looked at dental calculus under a microscope, and what they had found was things like pollen and plant starches, and they'd found muscle cells from animal meats and bacteria. And so what my team of researchers, what we wanted to do, is say, can we apply genetic and proteomic technology to go after DNA and proteins, and from this can we get better taxonomic resolution to really understand what's going on?
Wir fanden heraus, dass man viele kommensale und pathogene Bakterien finden kann, die die Nasen- und Mundhöhle bevölkerten. Wir haben auch Immunproteine gefunden, die im Zusammenhang mit Infekten und Entzündungen stehen, und Proteine und DNS, die mit der Ernährung zusammenhängen. Doch besonders überraschend und ziemlich aufregend war, dass wir auch Bakterien fanden, die sich normalerweise im oberen Atemapparat befinden. Damit haben wir quasi einen Zugang zu den Lungen gefunden, wo viele ernsthafte Erkrankungen sitzen.
And what we found is that we can find many commensal and pathogenic bacteria that inhabited the nasal passages and mouth. We also have found immune proteins related to infection and inflammation and proteins and DNA related to diet. But what was surprising to us, and also quite exciting, is we also found bacteria that normally inhabit upper respiratory systems. So it gives us virtual access to the lungs, which is where many important diseases reside.
Wir fanden auch Bakterien, die normalerweise im Darm sitzen. Damit haben wir quasi Zugang bekommen zu diesem sogar noch weiter entfernten Organsystem, das, anders als das Skelett, längst abgebaut wurde. Indem wir also Technologien der Massenspektronomie für frühzeitliche DNS-Sequenzen und Proteine auf frühzeitlichen Zahnstein anwenden, können wir große Mengen an Daten generieren, die dazu genutzt werden können, ein genaues Bild des dynamischen Zusammenspiels zwischen Ernährung, Infektion und Immunität von vor tausenden von Jahren zu zeichnen.
And we also found bacteria that normally inhabit the gut. And so we can also now virtually gain access to this even more distant organ system that, from the skeleton alone, has long decomposed. And so by applying ancient DNA sequencing and protein mass spectrometry technologies to ancient dental calculus, we can generate immense quantities of data that then we can use to begin to reconstruct a detailed picture of the dynamic interplay between diet, infection and immunity thousands of years ago.
Was als Idee begann, wird nun implementiert, um Millionen von Sequenzen zu produzieren, die dazu genutzt werden können, die langfristige Evolutionsgeschichte der Gesundheit des Menschen und seiner Erkrankungen zu untersuchen, bis hinab zum genetischen Code der einzelnen Krankheitserreger. Aus diesen Informationen können wir lernen, wie Krankheitserreger sich entwickelten und weshalb sie uns immer noch krank machen. Ich hoffe, ich konnte Sie damit vom Wert des Zahnsteins überzeugen.
So what started out as an idea, is now being implemented to churn out millions of sequences that we can use to investigate the long-term evolutionary history of human health and disease, right down to the genetic code of individual pathogens. And from this information we can learn about how pathogens evolve and also why they continue to make us sick. And I hope I have convinced you of the value of dental calculus.
Und als abschließender Gedanke möchte ich Sie im Namen zukünftiger Archäologen bitten, zweimal zu überlegen, bevor Sie zu Hause Ihre Zähne putzen.
And as a final parting thought, on behalf of future archeologists, I would like to ask you to please think twice before you go home and brush your teeth.
(Applaus)
(Applause)
Danke.
Thank you.
(Applaus)
(Applause)