Ich werde Ihnen jetzt von einem Gebrechen erzählen, unter dem ich leide. Und ich habe das komische Gefühl, dass auch einige von Ihnen darunter leiden. Wenn ich durch eine Kunstgalerie gehe, durch Räume und Räume voller Gemälde, bemerke ich nach 15 oder 20 Minuten, dass ich nicht über die Gemälde nachdenke. Ich kann mich nicht mit ihnen verbinden. Stattdessen denke ich an die Tasse Kaffee, die ich dringend brauche, um wieder wach zu werden. Ich leide an Kunstgalerie-Erschöpfung.
I'm going to tell you about an affliction I suffer from. And I have a funny feeling that quite a few of you suffer from it as well. When I'm walking around an art gallery, rooms and rooms full of paintings, after about 15 or 20 minutes, I realize I'm not thinking about the paintings. I'm not connecting to them. Instead, I'm thinking about that cup of coffee I desperately need to wake me up. I'm suffering from gallery fatigue.
Wie viele von Ihnen da draußen leiden daran – ja. Ha ha, ha ha! Nun, manchmal halten Sie vielleicht länger als 20 Minuten durch, oder sogar kürzer, aber ich denke, wir alle leiden daran. Und haben Sie auch die begleitenden Schuldgefühle? Ich sehe mir die Gemälde an der Wand an und ich denke, jemand hat entschieden, sie dort aufzuhängen, und denkt, dass sie gut genug sind, um an dieser Wand zu sein, aber ich kann nicht immer erkennen, warum. Tatsächlich erkenne ich es meistens nicht.
How many of you out there suffer from -- yes. Ha ha, ha ha! Now, sometimes you might last longer than 20 minutes, or even shorter, but I think we all suffer from it. And do you have the accompanying guilt? For me, I look at the paintings on the wall and I think, somebody has decided to put them there, thinks they're good enough to be on that wall, but I don't always see it. In fact, most of the time I don't see it.
Und so macht mich der Besuch unglücklich. Ich fühle mich schuldig und unzufrieden mit mir selbst, anstatt zu denken, dass etwas mit dem Gemälde nicht stimmt, denke ich, dass mit mir etwas nicht stimmt. Und es ist keine gute Erfahrung, eine Kunstgalerie so zu verlassen.
And I leave feeling actually unhappy. I feel guilty and unhappy with myself, rather than thinking there's something wrong with the painting, I think there's something wrong with me. And that's not a good experience, to leave a gallery like that.
(Gelächter)
(Laughter)
Nun, ich finde, dass wir nicht so hart mit uns sein sollten. Wenn Sie in ein Restaurant gehen wollen, wenn Sie sich die Speisekarte ansehen, wird dann von Ihnen erwartet, dass Sie alles auf der Karte bestellen? Nein! Sie wählen aus. Wenn Sie in ein Kaufhaus gehen, um ein Hemd zu kaufen, probieren Sie dann jedes einzelne Hemd an und wollen jedes einzelne? Natürlich nicht, Sie können wählerisch sein. Das wird erwartet. Wie kommt es dann, dass es nicht erwartet wird, wählerisch zu sein, wenn wir in eine Kunstgalerie gehen? Warum sollen wir eine Verbindung zu jedem einzelnen Gemälde haben?
The thing is, I think we should give ourselves a break. If you think about going into a restaurant, when you look at the menu, are you expected to order every single thing on the menu? No! You select. If you go into a department store to buy a shirt, are you going to try on every single shirt and want every single shirt? Of course not, you can be selective. It's expected. How come, then, it's not so expected to be selective when we go to an art gallery? Why are we supposed to have a connection with every single painting?
Nun, ich versuche es mit einem anderen Ansatz. Und ich mache zwei Dinge: Wenn ich in eine Kunstgalerie gehe, gehe ich zuerst ziemlich schnell und sehe mir alles an, und bestimme genau die Werke, die mich aus irgendeinem Grund dazu veranlassen, langsamer zu werden. Ich weiß nicht einmal, warum sie mich langsamer werden lassen, aber etwas zieht mich an wie ein Magnet, und dann ignoriere ich alle anderen und gehe nur zu diesem Gemälde. Als erstes mache ich also meine eigene Kuration. Ich wähle ein Gemälde. Es ist vielleicht nur eines von 50. Und als zweites stelle ich mich vor das Gemälde und erzähle mir eine Geschichte darüber.
Well I'm trying to take a different approach. And there's two things I do: When I go into a gallery, first of all, I go quite fast, and I look at everything, and I pinpoint the ones that make me slow down for some reason or other. I don't even know why they make me slow down, but something pulls me like a magnet and then I ignore all the others, and I just go to that painting. So it's the first thing I do is, I do my own curation. I choose a painting. It might just be one painting in 50. And then the second thing I do is I stand in front of that painting, and I tell myself a story about it.
Warum eine Geschichte? Nun, ich denke, wir ticken so, unsere DNA sagt uns, dass wir Geschichten erzählen sollen. Wir erzählen ständig Geschichten über alles, und ich denke, wir tun dies, weil die Welt irgendwie ein verrückter, chaotischer Ort ist, und manchmal versuchen wir durch Geschichten ihren Sinn zu verstehen, ein bisschen Ordnung in sie zu bringen. Warum wenden wir das nicht auch an, wenn wir Gemälde betrachten? Ich nutze also jetzt diese "Speisekarten-Art" für den Besuch von Kunstgalerien.
Why a story? Well, I think that we are wired, our DNA tells us to tell stories. We tell stories all the time about everything, and I think we do it because the world is kind of a crazy, chaotic place, and sometimes stories, we're trying to make sense of the world a little bit, trying to bring some order to it. Why not apply that to our looking at paintings? So I now have this sort of restaurant menu visiting of art galleries.
Es gibt drei Gemälde, die ich Ihnen jetzt zeigen werde, Gemälde, die mich dazu gebracht haben, wie angewurzelt stehen zu bleiben, und Geschichten über sie erzählen zu wollen. Das Erste braucht keine große Einführung – "Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge" von Johannes Vermeer, einem niederländischen Maler des 17. Jahrhunderts. Das ist ein wirklich herrliches Gemälde. Ich habe es zuerst mit 19 Jahren gesehen und mir sofort ein Poster davon gekauft, und ich habe dieses Poster immer noch. 30 Jahre später hängt es noch in meinem Haus. Es hat mich begleitet, wohin ich auch gegangen bin, ich werde es niemals müde, sie zu betrachten.
There are three paintings I'm going to show you now that are paintings that made me stop in my tracks and want to tell stories about them. The first one needs little introduction -- "Girl with a Pearl Earring" by Johannes Vermeer, 17th-century Dutch painter. This is the most glorious painting. I first saw it when I was 19, and I immediately went out and got a poster of it, and in fact I still have that poster. 30 years later it's hanging in my house. It's accompanied me everywhere I've gone, I never tire of looking at her.
Was mich an ihr hat wie angewurzelt stehen lassen, waren die prachtvollen Farben, die er benutzt, und das Licht, das auf ihr Gesicht fällt. Aber ich denke, was mich immer wieder zurückkehren lässt, Jahr für Jahr, ist etwas anderes, nämlich der Ausdruck auf ihrem Gesicht, der hin- und hergerissene Ausdruck. Ich weiß nicht, ob sie glücklich oder traurig ist, und ich ändere ständig meine Meinung. Das also bringt mich immer wieder zurück.
What made me stop in my tracks about her to begin with was just the gorgeous colors he uses and the light falling on her face. But I think what's kept me still coming back year after year is another thing, and that is the look on her face, the conflicted look on her face. I can't tell if she's happy or sad, and I change my mind all the time. So that keeps me coming back.
Eines Tages, nach 16 Jahren mit diesem Poster an der Wand, lag ich im Bett und sah sie an, und dachte plötzlich: Ich frage mich, was der Maler mit ihr gemacht hat, dass sie so aussieht. Und das war das erste Mal, dass ich dachte, dass der Ausdruck auf ihrem Gesicht tatsächlich reflektiert, was sie von ihm hält. Vorher hatte ich es immer als Portrait eines Mädchens gesehen. Jetzt begann ich, es als das Portrait einer Beziehung zu sehen. Und ich dachte, nun, was ist das für eine Beziehung?
One day, 16 years after I had this poster on my wall, I lay in bed and looked at her, and I suddenly thought, I wonder what the painter did to her to make her look like that. And it was the first time I'd ever thought that the expression on her face is actually reflecting how she feels about him. Always before I'd thought of it as a portrait of a girl. Now I began to think of it as a portrait of a relationship. And I thought, well, what is that relationship?
Also begann ich es herauszufinden. Ich habe etwas nachgeforscht und entdeckt, dass wir keine Ahnung haben, wer sie ist. Tatsächlich wissen wir von keinem der Modelle in Vermeers Gemälden, wer sie sind, und wir wissen nur sehr wenig über Vermeer selbst. Daraufhin dachte ich "Jippie!". Ich kann machen, was ich will, kann mir eine beliebige Geschichte ausdenken.
So I went to find out. I did some research and discovered, we have no idea who she is. In fact, we don't know who any of the models in any of Vermeer's paintings are, and we know very little about Vermeer himself. Which made me go, "Yippee!" I can do whatever I want, I can come up with whatever story I want to.
Und so bin ich auf die Geschichte gekommen: Zuerst dachte ich, ich muss sie ins Haus bekommen. Woher kennt Vermeer sie? Nun, es gibt Vermutungen, dass sie seine 12-jährige Tochter ist. Zu der Zeit, als er das Gemälde malte, war die Tochter 12 Jahre alt. Und ich dachte, nein, das ist ein sehr intimer Blick, aber es ist nicht der Blick, den eine Tochter ihrem Vater zuwirft. Zum einen war es bei niederländischen Gemälden dieser Zeit so, dass der offene Mund einer Frau ein Hinweis auf sexuelle Verfügbarkeit war. Es wäre unangemessen für Vermeer gewesen, seine Tochter so darzustellen.
So here's how I came up with the story. First of all, I thought, I've got to get her into the house. How does Vermeer know her? Well, there've been suggestions that she is his 12-year-old daughter. The daughter at the time was 12 when he painted the painting. And I thought, no, it's a very intimate look, but it's not a look a daughter gives her father. For one thing, in Dutch painting of the time, if a woman's mouth was open, it was indicating sexual availability. It would have been inappropriate for Vermeer to paint his daughter like that.
Es ist also nicht seine Tochter, aber es ist jemand, der ihm nahe steht, ihm körperlich nahe steht. Nun, wer wäre sonst noch im Haus? Ein Dienstmädchen, ein entzückendes Dienstmädchen. Nun ist sie also im Haus. Wie bekommen wir sie ins Atelier? Wir wissen nicht viel über Vermeer, aber von den wenigen Dingen, die wir wissen, ist eines, dass er eine katholische Frau geheiratet hat und sie mit ihrer Mutter in einem Haus gewohnt haben, wo er ein eigenes Zimmer hatte, sein Studio. Er hatte auch 11 Kinder. Das war sicher ein chaotischer, lauter Haushalt. Und wenn Sie Vermeers Gemälde vorher schon einmal gesehen haben, wissen Sie, dass sie unglaublich ruhig und still sind.
So it's not his daughter, but it's somebody close to him, physically close to him. Well, who else would be in the house? A servant, a lovely servant. So, she's in the house. How do we get her into the studio? We don't know very much about Vermeer, but the little bits that we do know, one thing we know is that he married a Catholic woman, they lived with her mother in a house where he had his own room where he -- his studio. He also had 11 children. It would have been a chaotic, noisy household. And if you've seen Vermeer's paintings before, you know that they're incredibly calm and quiet.
Wie kann ein Maler solch ruhige, stille Bilder malen mit 11 Kindern im Haus? Nun, er teilt sein Leben auf. Er geht in sein Studio und sagt: "Niemand kommt hier herein. Weder Frau noch Kinder. Okay, die Magd darf zum Putzen kommen." Sie ist im Atelier. Er hat sie im Atelier und sie sind zusammen. Und er beschließt, sie zu malen.
How does a painter paint such calm, quiet paintings with 11 kids around? Well, he compartmentalizes his life. He gets to his studio, and he says, "Nobody comes in here. Not the wife, not the kids. Okay, the maid can come in and clean." She's in the studio. He's got her in the studio, they're together. And he decides to paint her.
Er lässt sie sehr einfache Kleidung tragen. Nun, alle Frauen, oder die meisten Frauen in Vermeers' anderen Bildern haben Samt, Seide, Pelz getragen, sehr kostbare Materialien. Das hier ist sehr einfach; das einzige, das nicht einfach ist, ist der Perlenohrring. Nun, wenn sie eine Bedienstete ist, kann sie sich auf keinen Fall ein Paar Perlenohrringe leisten. Also sind dies nicht ihre Perlenohrringe. Wem gehören sie? Wir wissen, dass es eine Liste von der Kleidung seiner Frau Catharina gibt. Darunter ein gelber Mantel mit weißem Pelz, ein gelb-schwarzes Mieder, und Sie sehen diese Kleidung in vielen anderen Gemälden, an verschiedenen Frauen in Vermeers Gemälden. Ihre Kleidung wurde also eindeutig an verschiedene Frauen verliehen. Es ist kein so großes Wagnis, anzunehmen, dass der Perlenohrring tatsächlich seiner Frau gehört.
He has her wear very plain clothes. Now, all of the women, or most of the women in Vermeer's other paintings wore velvet, silk, fur, very sumptuous materials. This is very plain; the only thing that isn't plain is her pearl earring. Now, if she's a servant, there is no way she could afford a pair of pearl earrings. So those are not her pearl earrings. Whose are they? We happen to know, there's a list of Catharina, the wife's clothes. Amongst them a yellow coat with white fur, a yellow and black bodice, and you see these clothes on lots of other paintings, different women in the paintings, Vermeer's paintings. So clearly, her clothes were lent to various different women. It's not such a leap of faith to take that that pearl earring actually belongs to his wife.
Nun haben wir alle Elemente unserer Geschichte. Sie ist eine lange Zeit mit ihm im Studio. Es dauerte sehr lange, diese Gemälde zu schaffen. Sie hätten die Zeit allein verbracht, die ganze Zeit. Sie trägt den Perlenohrring seiner Frau. Sie ist wunderschön. Sie liebt ihn offensichtlich. Sie ist hin- und hergerissen. Und weiß die Frau davon? Vielleicht nicht. Und wenn nicht, dann – das ist die Geschichte.
So we've got all the elements for our story. She's in the studio with him for a long time. These paintings took a long time to make. They would have spent the time alone, all that time. She's wearing his wife's pearl earring. She's gorgeous. She obviously loves him. She's conflicted. And does the wife know? Maybe not. And if she doesn't, well -- that's the story.
(Gelächter)
(Laughter)
Das nächste Bild, über das ich sprechen werde, ist "Junge, der ein Kartenhaus baut" von Chardin. Dieser französischer Maler des 18. Jahrhunderts war für seine Stillleben bekannt, malte aber gelegentlich auch Menschen. Er hat tatsächlich vier Versionen dieses Gemäldes gemalt, Jungen, die Kartenhäuser bauen, alle konzentriert. Ich mag diese Version am liebsten, weil einige der Jungen älter und einige jünger sind, und für mich ist dieser, wie der Brei von Goldlöckchen, genau richtig.
The next painting I'm going to talk about is called "Boy Building a House of Cards" by Chardin. He's an 18th-century French painter best known for his still lifes, but he did occasionally paint people. And in fact, he painted four versions of this painting, different boys building houses of cards, all concentrated. I like this version the best, because some of the boys are older and some are younger, and to me, this one, like Goldilocks's porridge, is just right.
Er ist kein Junge mehr, und er ist noch kein Mann. Er ist genau in der Mitte zwischen Unschuld und Erfahrung, und das hat mich vor diesem Bild innehalten lassen. Und ich habe mir sein Gesicht angesehen. Es ähnelt einem Gemälde von Vermeer. Das Licht kommt von links, sein Gesicht ist in diesem schimmernden Licht gebadet. Es ist genau in der Mitte des Gemäldes, und man sieht es an, und als ich es angesehen habe, stand ich da und dachte mir: "Sieh mich an. Bitte sieh mich an." Und er hat mich nicht angesehen. Er sah weiter auf seine Karten, und das ist eins der verführerischen Elemente dieses Gemäldes: Er ist so fokussiert auf das, was er tut, dass er uns nicht anschaut. Und für mich ist das das Zeichen eines Meisterwerks, wenn es bei einem Gemälde einen Mangel an Auflösung gibt. Er wird mich nie ansehen.
He's not quite a child, and he's not quite a man. He's absolutely balanced between innocence and experience, and that made me stop in my tracks in front of this painting. And I looked at his face. It's like a Vermeer painting a bit. The light comes in from the left, his face is bathed in this glowing light. It's right in the center of the painting, and you look at it, and I found that when I was looking at it, I was standing there going, "Look at me. Please look at me." And he didn't look at me. He was still looking at his cards, and that's one of the seductive elements of this painting is, he's so focused on what he's doing that he doesn't look at us. And that is, to me, the sign of a masterpiece, of a painting when there's a lack of resolution. He's never going to look at me.
Und so dachte ich an eine Geschichte: Wenn ich in dieser Position bin, wer könnte ihn dann ansehen? Nicht der Maler, ich will nicht an den Maler denken. Ich denke an eine älterere Version von ihm selbst. Er ist ein Mann, ein Diener; ein älterer Diener, der diesen jüngeren Diener ansieht und sagt: "Sieh mich an. Ich möchte dich davor warnen, was du durchmachen wirst. Bitte sieh mich an." Und das tut er nie.
So I was thinking of a story where, if I'm in this position, who could be there looking at him? Not the painter, I don't want to think about the painter. I'm thinking of an older version of himself. He's a man, a servant, an older servant looking at this younger servant, saying, "Look at me. I want to warn you about what you're about to go through. Please look at me." And he never does.
Und dieser Mangel an Auflösung, wie auch bei dem "Mädchen mit dem Perlenohrgehänge" – wir wissen nicht, ob sie glücklich oder traurig ist. Ich habe einen ganzen Roman über sie geschrieben, und ich weiß immer noch nicht, ob sie glücklich oder traurig ist. Wieder und wieder, zurück zum Gemälde, auf der Suche nach einer Antwort, einer Geschichte, die diese Lücke füllt. Und so denken wir uns eine Geschichte aus und sie befriedigt uns für den Moment, aber nicht wirklich, wir kehren wieder und wieder zurück.
And that lack of resolution, the lack of resolution in "Girl with a Pearl Earring" -- we don't know if she's happy or sad. I've written an entire novel about her, and I still don't know if she's happy or sad. Again and again, back to the painting, looking for the answer, looking for the story to fill in that gap. And we may make a story, and it satisfies us momentarily, but not really, and we come back again and again.
Das letzte Bild, über das ich sprechen werde, heißt "Anonym" von "Anonym". (Gelächter)
The last painting I'm going to talk about is called "Anonymous" by anonymous. (Laughter)
Dies ist ein Porträt der Tudor-Zeit, das von der National Portrait Gallery gekauft wurde. Sie dachten, dass es ein Mann namens Sir Thomas Overbury sei, und dann fanden sie heraus, dass er es nicht war, und sie haben keine Ahnung, wer es ist.
This is a Tudor portrait bought by the National Portrait Gallery. They thought it was a man named Sir Thomas Overbury, and then they discovered that it wasn't him, and they have no idea who it is.
In der National Portrait Gallery ist es so, dass, falls man nicht die Biografie des Gemäldes kennt, es ziemlich nutzlos für einen ist. Sie können es nicht an die Wand hängen, weil sie nicht wissen, wer er ist. Unglücklicherweise verbringt diese Waise nun ihre meiste Zeit mit einer Reihe anderer Waisen im Archiv, und einige von ihnen sind wunderschöne Gemälde.
Now, in the National Portrait Gallery, if you don't know the biography of the painting, it's kind of useless to you. They can't hang it on the wall, because they don't know who he is. So unfortunately, this orphan spends most of his time in storage, along with quite a number of other orphans, some of them some beautiful paintings.
Dieses Gemälde hat mich aus drei Gründen wie angewurzelt stehen bleiben lassen: Erstens die Diskrepanz zwischen seinem Mund, der lächelt, und seinen wehmütigen Augen. Er ist nicht glücklich, und warum ist er nicht glücklich? Das Zweite, das mich wirklich angezogen hat, waren seine leuchtend roten Wangen. Er wird rot. Er wird rot, weil sein Portait gemalt wird! Das muss ein Mann sein, der ständig errötet. Woran denkt er, dass er rot wird? Das Dritte, das mich hat innehalten lassen, ist sein absolut hinreißendes Wams. Seide, grau, diese wunderschönen Knöpfe. Und wissen Sie, woran ich dabei denken muss: Es ist irgendwie enganliegend und bauschig; es ist wie eine Daunendecke über einem Bett.
This painting made me stop in my tracks for three reasons: One is the disconnection between his mouth that's smiling and his eyes that are wistful. He's not happy, and why isn't he happy? The second thing that really attracted me were his bright red cheeks. He is blushing. He's blushing for his portrait being made! This must be a guy who blushes all the time. What is he thinking about that's making him blush? The third thing that made me stop in my tracks is his absolutely gorgeous doublet. Silk, gray, those beautiful buttons. And you know what it makes me think of, is it's sort of snug and puffy; it's like a duvet spread over a bed.
Und ich dachte an Betten und rote Wangen, und natürlich dachte ich an Sex, wenn ich ihn betrachtete, und ich dachte: Ist es das, woran er denkt? Und ich dachte, wenn ich daraus eine Geschichte mache, was ist das letzte Stück, das ich darin aufnehme? Nun, womit würde ein Gentleman der Tudor-Zeit beschäftigt sein? Und ich dachte, nun, Henry VIII., okay. Er wäre mit seinem Erbe beschäftigt, mit seinem Erben. Wer wird seinen Namen und sein Vermögen erben? Fügen Sie all dies zusammen und Sie haben eine Geschichte um diese Lücke zu füllen, die sie dazu bringt, wieder zurückzukommen. Also, hier ist die Geschichte. Sie ist kurz.
I kept thinking of beds and red cheeks, and of course I kept thinking of sex when I looked at him, and I thought, is that what he's thinking about? And I thought, if I'm going to make a story, what's the last thing I'm going to put in there? Well, what would a Tudor gentleman be preoccupied with? And I thought, well, Henry VIII, okay. He'd be preoccupied with his inheritance, with his heir. Who is going to inherit his name and his fortune? You put all those together, and you've got your story to fill in that gap that makes you keep coming back. Now, here's the story. It's short.
"Rosy" ("rosig")
"Rosy"
Ich trage noch immer das weiße Brokatwams, das Caroline mir gegeben hat. Es hat einen einfachen, hohen Kragen, abnehmbare Ärmel und aufwändige Knöpfe aus Seidenzwirn, die dicht beieinander liegen, so dass es eng anliegt. Das Wams erinnert mich an eine Bettdecke auf einem riesigen Bett. Vielleicht war das die Absicht. Das erste Mal trug ich es bei einem aufwändigen Abendessen, das ihre Eltern uns zu Ehren gaben. Ich wusste schon, bevor ich zum Sprechen aufstand, dass meine Wangen feuerrot waren. Ich bin schon immer leicht errötet, durch körperliche Anstrengung, durch Wein, durch starke Gefühle.
I am still wearing the white brocade doublet Caroline gave me. It has a plain high collar, detachable sleeves and intricate buttons of twisted silk thread, set close together so that the fit is snug. The doublet makes me think of a coverlet on the vast bed. Perhaps that was the intention. I first wore it at an elaborate dinner her parents held in our honor. I knew even before I stood up to speak that my cheeks were inflamed. I have always flushed easily, from physical exertion, from wine, from high emotion.
Als Junge wurde ich von meinen Schwestern und den Schuljungen geneckt, aber nicht von George. Nur George durfte mich "Rosy" nennen. Ich erlaubte es niemand anderem. Er hat es geschafft, das Wort sanft zu machen. Als ich die Ankündigung machte, wurde George nicht rosig, sondern bleich wie mein Wams. Er hätte nicht überrascht sein sollen. Es war eine verbreitete Annahme, dass ich eines Tages seine Kusine heiraten würde. Aber es ist schwierig, die Worte laut ausgesprochen zu hören. Ich weiß, ich konnte sie kaum herausbekommen.
As a boy, I was teased by my sisters and by schoolboys, but not by George. Only George could call me Rosy. I would not allow anyone else. He managed to make the word tender. When I made the announcement, George did not turn rosy, but went pale as my doublet. He should not have been surprised. It has been a common assumption that I would one day marry his cousin. But it is difficult to hear the words aloud. I know, I could barely utter them.
Nachher fand ich George auf der Terrasse mit Blick auf den Küchengarten. Obwohl er den ganzen Nachmittag getrunken hatte, war er immer noch blass. Wir standen nebeneinander und sahen den Dienstmädchen bei der Ernte des Salats zu. "Was hältst du von meinem Wams?" fragte ich.
Afterwards, I found George on the terrace overlooking the kitchen garden. Despite drinking steadily all afternoon, he was still pale. We stood together and watched the maids cut lettuces. "What do you think of my doublet?" I asked.
Er blickte mich an. "Der Kragen sieht aus, aus würde er dich erwürgen".
He glanced at me. "That collar looks to be strangling you."
"Wir werden uns weiterhin sehen", beharrte ich. "Wir können weiterhin jagen und Karten spielen und am Hofstaat teilnehmen. Es muss sich nichts ändern." George sagte nichts. "Ich bin 23 Jahre alt. Es ist an der Zeit für mich zu heiraten und einen Erben hervorzubringen. Es wird von mir erwartet."
"We will still see each other," I insisted. "We can still hunt and play cards and attend court. Nothing need change." George did not speak. "I am 23 years old. It is time for me to marry and produce an heir. It is expected of me."
George leerte ein weiters Glas Rotwein und drehte sich zu mir. "Ich gratuliere dir zu deiner bevorstehenden Hochzeit, James. Ich bin sicher, ihr werdet zufrieden miteinander werden." Er gebrauchte meinen Spitznamen nie wieder.
George drained another glass of claret and turned to me. "Congratulations on your upcoming nuptials, James. I'm sure you'll be content together." He never used my nickname again.
Ich danke Ihnen.
Thank you.
(Applaus)
(Applause)
Danke.
Thank you.
(Applaus)
(Applause)