Heute möchte ich zu Ihnen über die Frage nach dem "Bewusstsein der Anderen" sprechen. Und die Frage, über die ich sprechen möchte, ist nicht die aus der Philosophie bekannte, welche lautet: „Wie können wir überhaupt wissen, ob andere Menschen ein Bewusstsein haben?“ Und die besagt: Vielleicht hat man selbst ein Bewusstsein, während alle anderen einfach sehr überzeugende Roboter sind. Also das ist ein Problem der Philosophie. Aber für den heutigen Zweck werde ich unterstellen, dass viele Leute hier im Publikum ein Bewusstsein haben, so dass ich mich darum nicht weiter sorgen muss.
Today I'm going to talk to you about the problem of other minds. And the problem I'm going to talk about is not the familiar one from philosophy, which is, "How can we know whether other people have minds?" That is, maybe you have a mind, and everyone else is just a really convincing robot. So that's a problem in philosophy, but for today's purposes I'm going to assume that many people in this audience have a mind, and that I don't have to worry about this.
Es gibt noch ein zweites Problem, das uns sogar bekannter vorkommen dürfte z.B. als Eltern, als Lehrern oder Eheleuten, und als Schriftstellern. Das Problem lautet: „Warum ist es so schwer die Wünsche und Überzeugungen anderer einzuschätzen?“ Oder vielleicht noch wichtiger: „Warum ist so schwer, die Wünsche und Überzeugungen anderer zu verändern?"
There is a second problem that is maybe even more familiar to us as parents and teachers and spouses and novelists, which is, "Why is it so hard to know what somebody else wants or believes?" Or perhaps, more relevantly, "Why is it so hard to change what somebody else wants or believes?"
Ich denke, Schriftsteller drücken das besonders treffend aus. Wie Philip Roth, der schreibt: "Nun, was sollen wir machen mit diesen schrecklich wichtigen Angelegenheiten anderer Leute? Denn wir alle sind so schlecht gerüstet, uns das innere Erleben unserer Mitmenschen vorzustellen und ihre geheimen Absichten." Als Lehrende und als Ehefrau ist das natürlich ein Problem, dem ich mich jeden Tag stelle. Aber als Wissenschaftlerin interessiert mich eine andere Frage zum "Bewusstsein der Anderen", und diese werde ich Ihnen heute vorstellen. Diese Frage lautet: „Warum ist es so einfach, das Bewusstsein anderer einzuschätzen?“
I think novelists put this best. Like Philip Roth, who said, "And yet, what are we to do about this terribly significant business of other people? So ill equipped are we all, to envision one another's interior workings and invisible aims." So as a teacher and as a spouse, this is, of course, a problem I confront every day. But as a scientist, I'm interested in a different problem of other minds, and that is the one I'm going to introduce to you today. And that problem is, "How is it so easy to know other minds?"
Um mit einem Beispiel zu beginnen: Sie benötigen fast keine Informationen, nur den Schnappschuss eines Fremden, um zu erschließen, was in dieser Frau vorgeht, oder was dieser Mann denkt. Anders ausgedrückt: Der Kern des Problems ist, dass die Maschine mit der wir über andere nachdenken - unser Gehirn - aus Teilen besteht - den Gehirnzellen - die wir mit allen Tieren gemeinsam haben, mit Affen und Mäusen, sogar mit Meeresschnecken. Dennoch, kombiniert man die Teile zu einem bestimmten Netzwerk erhält man die Fähigkeit, Romeo und Julia zu verfassen. Oder, um es mit Alan Greenspan zu sagen: „Ich weiß, Sie meinen zu verstehen, was Sie meinen, das ich sagte. Aber ich bin nicht sicher, ob Sie erkennen, dass das, was Sie gehört haben, nicht das ist, was ich meinte.“ (Gelächter.)
So to start with an illustration, you need almost no information, one snapshot of a stranger, to guess what this woman is thinking, or what this man is. And put another way, the crux of the problem is the machine that we use for thinking about other minds, our brain, is made up of pieces, brain cells, that we share with all other animals, with monkeys and mice and even sea slugs. And yet, you put them together in a particular network, and what you get is the capacity to write Romeo and Juliet. Or to say, as Alan Greenspan did, "I know you think you understand what you thought I said, but I'm not sure you realize that what you heard is not what I meant." (Laughter)
Die Aufgabe meines Gebiets der Kognitiven Neurowissenschaften ist es also, mit diesen Ideen umzugehen jede in einer Hand und versuchen zu verstehen, wie man durch die Kombination♫ einfacher Einheiten, einfacher Information in Raum und Zeit, zu einem Netzwerk diese erstaunliche menschliche Fähigkeit erhält, über Bewusstsein zu reflektieren. Dazu werde ich Ihnen heute drei Punkte darstellen. Offensichtlich ist es insgesamt ein gewaltiges Vorhaben. Also werde ich Ihnen über unsere ersten kleinen Schritte berichten, über die Entdeckung eines speziellen Hirnareals, mit dem man über die Gedanken seiner Mitmenschen nachdenkt. Ich werde Beobachtungen zur Entwicklung dieses Systems vorstellen, während der wir langsam jene schwierige Aufgabe erlernen. Und schließlich werde ich darstellen, dass ein Teil der Unterschiede zwischen Menschen, wie wir andere einschätzen, durch Unterschiede in diesem Teilsystems des Gehirns erklärt werden können.
So, the job of my field of cognitive neuroscience is to stand with these ideas, one in each hand. And to try to understand how you can put together simple units, simple messages over space and time, in a network, and get this amazing human capacity to think about minds. So I'm going to tell you three things about this today. Obviously the whole project here is huge. And I'm going to tell you just our first few steps about the discovery of a special brain region for thinking about other people's thoughts. Some observations on the slow development of this system as we learn how to do this difficult job. And then finally, to show that some of the differences between people, in how we judge others, can be explained by differences in this brain system.
Zunächst will ich Ihnen verraten, dass es eine Hirnregion im menschlichen Gehirn gibt - in Ihren Gehirnen - deren Aufgabe das Nachdenken über die Gedanken anderer Menschen ist. Und hier ist eine Aufnahme davon. Die Region heißt rechte temporoparietale Verbindung (RTPJ). Sie befindet sich schräg oberhalb Ihres rechten Ohrs. Und diese Region haben Sie benutzt, als Sie die gezeigten Bilder betrachteten, oder als Sie Romeo und Julia lasen, oder als Sie versuchten, Alan Greenspan zu verstehen. Und Sie verwenden sie nicht, um andere Arten logischer Probleme zu lösen. Dieses Hirnareal nennt man also RTPJ. Und diese Aufnahme zeigt die durchschnittliche Aktivität bei einer Gruppe von - wie wir sagen - typischen menschlichen Erwachsenen. Es sind Studenten des MIT. (Gelächter.)
So first, the first thing I want to tell you is that there is a brain region in the human brain, in your brains, whose job it is to think about other people's thoughts. This is a picture of it. It's called the Right Temporo-Parietal Junction. It's above and behind your right ear. And this is the brain region you used when you saw the pictures I showed you, or when you read Romeo and Juliet or when you tried to understand Alan Greenspan. And you don't use it for solving any other kinds of logical problems. So this brain region is called the Right TPJ. And this picture shows the average activation in a group of what we call typical human adults. They're MIT undergraduates. (Laughter)
Als zweites möchte ich zu diesem Hirnsystem sagen, dass, obwohl erwachsene Menschen wirklich gut im Verstehen ihres Gegenüber sind, wir nicht schon immer so gut darin waren. Kinder brauchen eine lange Zeit, bis sie das System beherrschen. Ich möchte Ihnen einen Einblick in diesen ausgedehnten Prozess geben. Als erstes werde ich Ihnen den Übergang zwischen Drei- und Fünfjährigen zeigen, während dessen die Kinder lernen zu verstehen, dass jemand eine andere Vorstellung als sie selbst haben kann. Ich möchte Ihnen einen Fünfjährigen zeigen, dem eine standardisierte Rätselaufgabe gestellt wird, die wir Fehlvorstellungsaufgabe nennen.
The second thing I want to say about this brain system is that although we human adults are really good at understanding other minds, we weren't always that way. It takes children a long time to break into the system. I'm going to show you a little bit of that long, extended process. The first thing I'm going to show you is a change between age three and five, as kids learn to understand that somebody else can have beliefs that are different from their own. So I'm going to show you a five-year-old who is getting a standard kind of puzzle that we call the false belief task.
(Video:) Rebecca Saxe: Dies ist der erst Pirat. Er heißt Ivan. Und weißt du, was Piraten wirklich gern mögen?
Rebecca Saxe (Video): This is the first pirate. His name is Ivan. And you know what pirates really like?
Piraten mögen wirklich gern Käse-Sandwiches.
Child: What? RS: Pirates really like cheese sandwiches.
Kind: Käse? Ich liebe Käse.
Child: Cheese? I love cheese!
R.S.: Ja genau. Also Ivan hat dieses Käsebrot und er sagt: "Mhh, lecker, mhh! Wirklich, ich liebe Käsebrote." Und Ivan legt sein Sandwich dorthin, oben auf die Schatztruhe. Dann sagt Ivan: "Weißt du was? Zu dem Essen brauche ich noch ein Getränk." Also geht Ivan los, um sich ein Getränk zu holen. Und während Ivan fort ist kommt ein Sturm und der weht das Brot von der Kiste ins Gras. Und da kommt nun ein anderer Pirat. Der heißt Joshua. Und Joshua mag auch so gerne Käse-Sandwiches. Deswegen hat Joshua sein eigenes Käsebrot und er sagt: "Mhh, lecker! Ich liebe Käse-Sandwiches." Dann legt er sein Käsebrot oben auf die Schatztruhe.
RS: Yeah. So Ivan has this cheese sandwich, and he says, "Yum yum yum yum yum! I really love cheese sandwiches." And Ivan puts his sandwich over here, on top of the pirate chest. And Ivan says, "You know what? I need a drink with my lunch." And so Ivan goes to get a drink. And while Ivan is away the wind comes, and it blows the sandwich down onto the grass. And now, here comes the other pirate. This pirate is called Joshua. And Joshua also really loves cheese sandwiches. So Joshua has a cheese sandwich and he says, "Yum yum yum yum yum! I love cheese sandwiches." And he puts his cheese sandwich over here on top of the pirate chest.
Kind: Also, das ist seines.
Child: So, that one is his.
R.S.: Dieses hier gehört Joshua. Ganz genau.
RS: That one is Joshua's. That's right.
Kind: Und dann ist seines also auf den Boden gefallen.
Child: And then his went on the ground.
R.S.: Stimmt ganz genau.
RS: That's exactly right.
Kind: Dann wird er ja nicht wissen, welches seines ist.
Child: So he won't know which one is his.
R.S.: Oha. - Jetzt geht Joshua los, um sich etwas zu trinken zu holen. Ivan kommt zurück und sagt: "Ich will mein Käsebrot." Welches, denkst du, wird Ivan sich nun also nehmen?
RS: Oh. So now Joshua goes off to get a drink. Ivan comes back and he says, "I want my cheese sandwich." So which one do you think Ivan is going to take?
Kind: Ich denke, er wird das dort nehmen.
Child: I think he is going to take that one.
R.S.: Ja, du meinst, er wird sich dieses nehmen. Gut, dann wollen wir mal sehen. Oh ja. Du hast recht. Er hat dieses genommen.
RS: Yeah, you think he's going to take that one? All right. Let's see. Oh yeah, you were right. He took that one.
Das war also ein Fünfjähriger, der genau versteht, dass andere Menschen eine Fehlvorstellung haben können und was dies für ihre Handlungen zur Folge hat. Ich werde Ihnen jetzt einen Dreijährigen zeigen, dem die gleiche Aufgabe gestellt wurde.
So that's a five-year-old who clearly understands that other people can have false beliefs and what the consequences are for their actions. Now I'm going to show you a three-year-old who got the same puzzle.
(Video:) Rebecca Saxe: Und Ivan sagt: "Ich will mein Käsebrot." Welches Sandwich wird er sich wohl nehmen? Du meinst also, er wird dieses nehmen? Lass uns mal sehen, was passiert. Mal schauen, was er macht. Hier kommt Ivan. Und er sagt: "Ich will mein Käse-Sandwich." Dann nimmt er sich dieses hier. Oh-oh. Warum hat er denn dieses hier genommen?
RS: And Ivan says, "I want my cheese sandwich." Which sandwich is he going to take? Do you think he's going to take that one? Let's see what happens. Let's see what he does. Here comes Ivan. And he says, "I want my cheese sandwich." And he takes this one. Uh-oh. Why did he take that one?
Kind: Seins lag im Gras.
Child: His was on the grass.
Der Dreijährige macht also zwei Dinge anders: Erstens schätzt er, dass Ivan das Brot nehmen wird, das wirklich seines ist. Und zweitens, als er beobachtet, dass Ivan das Brot von der Truhe nimmt - wenn wir sagen würden, er tut dies, weil er es für sein Brot hält - kommt der Dreijährige zu einer andere Erklärung: Er nimmt sein eigenes Brot deswegen nicht, weil er es nicht mehr möchte, da es jetzt im Schmutz auf dem Boden liegt. Deswegen also nimmt er das andere Sandwich. Nun, natürlich endet die Entwicklung nicht mit fünf. Und wir können die Fortsetzung dieses Prozesses betrachten, wie man lernt, die Gedanken seiner Mitmenschen nachzuvollziehen. Dazu erhöhen wir den Einsatz und fragen die Kinder nun nicht nach der voraussichtlichen Handlung, sondern nach einer moralischen Beurteilung. Als erstes möchte ich Ihnen noch einmal den Dreijährigen zeigen.
So the three-year-old does two things differently. First, he predicts Ivan will take the sandwich that's really his. And second, when he sees Ivan taking the sandwich where he left his, where we would say he's taking that one because he thinks it's his, the three-year-old comes up with another explanation: He's not taking his own sandwich because he doesn't want it, because now it's dirty, on the ground. So that's why he's taking the other sandwich. Now of course, development doesn't end at five. And we can see the continuation of this process of learning to think about other people's thoughts by upping the ante and asking children now, not for an action prediction, but for a moral judgment. So first I'm going to show you the three-year-old again.
(Video:) Rebecca Saxe: Ist Ivan nun also gemein und frech, weil er Joshuas Brot genommen hat?
RS.: So is Ivan being mean and naughty for taking Joshua's sandwich?
Kind: Ja, genau.
Child: Yeah.
R.S.: Sollte Ivan deswegen nun Ärger bekommen?
RS: Should Ivan get in trouble for taking Joshua's sandwich?
Kind: Ja.
Child: Yeah.
Das ist wahrscheinlich nicht überraschend, da er Ivan für gemein hält, weil er Joshuas Sandwich genommen hat. Denn er nimmt an, Ivan habe Joshuas Brot nur genommen, um nicht sein eigenes verschmutztes Brot essen zu müssen. Aber jetzt werde ich Ihnen den Fünfjährigen zeigen. Bedenken Sie, dass der Fünfjährige vollständig verstanden hatte, warum Ivan sich Joshuas Brot nahm.
So it's maybe not surprising he thinks it was mean of Ivan to take Joshua's sandwich, since he thinks Ivan only took Joshua's sandwich to avoid having to eat his own dirty sandwich. But now I'm going to show you the five-year-old. Remember the five-year-old completely understood why Ivan took Joshua's sandwich.
(Video:) Rebecca Saxe: War Ivan gemein und frech, weil er Joshuas Sandwich genommen hat?
RS: Was Ivan being mean and naughty for taking Joshua's sandwich?
Kind: Ähm, ja.
Child: Um, yeah.
Es dauert bis zu einem Alter von sieben Jahren bis wir eine Antwort bekommen, die eher der eines Erwachsenen ähnelt.
And so, it is not until age seven that we get what looks more like an adult response.
(Video:) Rebecca Saxe: Sollte Ivan bestraft werden, weil er Joshuas Brot genommen hat?
RS: Should Ivan get in trouble for taking Joshua's sandwich?
Kind: Nein, denn der Wind sollte den Ärger bekommen.
Child: No, because the wind should get in trouble.
Er sagt, der Wind sollte Ärger bekommen, weil er die Brote vertauscht hat. (Gelächter.)
He says the wind should get in trouble for switching the sandwiches. (Laughter)
Und nun haben wir in meinem Labor begonnen die Kinder in einen Gehirn-Scanner zu legen, um zu erforschen, was in ihrem Gehirn abläuft während sie die Fähigkeit entwickeln, über die Gedanken anderer Menschen nachzudenken. Erstens, auch bei Kindern können wir sehen, dass das besagte Hirnareal RTPJ verwendet wird, wenn die Kinder über andere nachdenken. Aber das ist nicht vergleichbar mit dem erwachsenen Gehirn.
And now what we've started to do in my lab is to put children into the brain scanner and ask what's going on in their brain as they develop this ability to think about other people's thoughts. So the first thing is that in children we see this same brain region, the Right TPJ, being used while children are thinking about other people. But it's not quite like the adult brain.
Während bei Erwachsenen - wie ich bereits sagte - diese Hirnregion hoch spezialisiert ist - sie also fast nichts anderes tut, außer die Gedanken eines Gegenüber zu reflektieren - ist das bei Kindern viel weniger der Fall, solange sie im Alter zwischen fünf und acht sind, dem Alter, das ich Ihnen gerade gezeigt habe, Selbst wenn wir Acht- bis Elfjährige betrachten, junge Heranwachsende also, dann ähnelt auch bei ihnen das Hirnareal noch nicht dem der Erwachsenen. Was wir daraus folgern können ist, dass während der Kindheit und bis in die frühe Jugend sowohl das kognitive System - also unsere geistige Fähigkeit über das Bewusstsein anderer nachzudenken - als auch das zuständige Hirnareal langsam in ihrer Entwicklung fortschreiten.
So whereas in the adults, as I told you, this brain region is almost completely specialized -- it does almost nothing else except for thinking about other people's thoughts -- in children it's much less so, when they are age five to eight, the age range of the children I just showed you. And actually if we even look at eight to 11-year-olds, getting into early adolescence, they still don't have quite an adult-like brain region. And so, what we can see is that over the course of childhood and even into adolescence, both the cognitive system, our mind's ability to think about other minds, and the brain system that supports it are continuing, slowly, to develop.
Aber natürlich - wie Sie wahrscheinlich bemerken - unterscheiden sich selbst im Erwachsenenalter die Menschen voneinander qualitativ in ihrem Nachdenken über andere, also wie häufig sie das tun, und wie richtig sie damit liegen. Also wollten wir wissen, ob die Unterschiede zwischen Erwachsenen, wie sie über die Gedanken ihrer Mitmenschen nachdenken, erklärt werden können durch Unterschiede in dieser Hirnregion. Zunächst gaben wir den Erwachsenen daher eine Abwandlung der Piraten-Aufgabe, die wir den Kindern gestellt hatten. Und diese Version möchte ich jetzt auch Ihnen vorstellen:
But of course, as you're probably aware, even in adulthood, people differ from one another in how good they are at thinking of other minds, how often they do it and how accurately. And so what we wanted to know was, could differences among adults in how they think about other people's thoughts be explained in terms of differences in this brain region? So, the first thing that we did is we gave adults a version of the pirate problem that we gave to the kids. And I'm going to give that to you now.
Also, Grace und ihre Freundin sind auf einem Rundgang durch eine Chemiefabrik, als sie eine Kaffeepause machen. Graces Freundin fragt nach etwas Zucker für ihren Kaffee. Grace geht los, um den Kaffee zu kochen und sieht neben dem Kaffee eine Dose, die einen weißen Puder enthält, der in der Tat Zucker ist. Aber die Aufschrift auf der Dose lautet: "Tödliches Gift". Grace denkt also, es handle sich bei dem Puder um tödliches Gift. Und sie gibt es in den Kaffee ihrer Freundin. Die Freundin trinkt den Kaffee - ihr passiert nichts.
So Grace and her friend are on a tour of a chemical factory, and they take a break for coffee. And Grace's friend asks for some sugar in her coffee. Grace goes to make the coffee and finds by the coffee a pot containing a white powder, which is sugar. But the powder is labeled "Deadly Poison," so Grace thinks that the powder is a deadly poison. And she puts it in her friend's coffee. And her friend drinks the coffee, and is fine.
Wie viele von Ihnen denken, es war moralisch in Ordnung, dass Grace den Puder in den Kaffee gegeben hat? OK. Gut. (Gelächter.) Also fragen wir die Versuchspersonen, wie sehr sich Grace schuldig gemacht hat in diesem Fall, den wir "fehlgeschlagenen Versuch der Schädigung" nennen.
How many people think it was morally permissible for Grace to put the powder in the coffee? Okay. Good. (Laughter) So we ask people, how much should Grace be blamed in this case, which we call a failed attempt to harm?
Das Ergebnis vergleichen wir mit einem anderen Fall, in dem in der objektiven Realität alles gleich bleibt. Der Puder ist weiterhin Zucker, aber was Grace denkt, ist anders: Jetzt hält sie den Puder für Zucker. Und vielleicht ist es nicht überraschend: Wenn Grace den Puder für Zucker hält und ihn in den Kaffee ihrer Freundin gibt, dann sagen die Probanden, sie habe sich überhaupt nicht schuldig gemacht. Wenn sie aber denkt, der Puder sei Gift, auch wenn es tatsächlich Zucker ist, sagen die Probanden dagegen, sie sei in hohem Maße schuldig, obwohl das reale Geschehen ganz genau identisch ist.
And we can compare that to another case, where everything in the real world is the same. The powder is still sugar, but what's different is what Grace thinks. Now she thinks the powder is sugar. And perhaps unsurprisingly, if Grace thinks the powder is sugar and puts it in her friend's coffee, people say she deserves no blame at all. Whereas if she thinks the powder was poison, even though it's really sugar, now people say she deserves a lot of blame, even though what happened in the real world was exactly the same.
Und tatsächlich sagen sie, Grace trage größere Schuld in diesem Fall, dem fehlgeschlagenen Versuch der Schädigung, als in einem dritten Szenario, das wir den Unfall nennen. Hier denkt Grace, der Puder sei Zucker, da er mit "Zucker" beschriftet ist und bei der Kaffeemaschine steht, aber tatsächlich ist der Puder ein Gift. Also, selbst wenn der Puder wirklich ein Gift ist, die Freundin den Kaffee trinkt und daran stirbt, sagen die Probanden, Grace sei in diesem Fall weniger schuldig, insofern sie arglos dachte, es sei Zucker, als in dem anderen Fall, als sie dachte, es sei Gift, und kein Schaden eingetreten ist.
And in fact, they say she deserves more blame in this case, the failed attempt to harm, than in another case, which we call an accident. Where Grace thought the powder was sugar, because it was labeled "sugar" and by the coffee machine, but actually the powder was poison. So even though when the powder was poison, the friend drank the coffee and died, people say Grace deserves less blame in that case, when she innocently thought it was sugar, than in the other case, where she thought it was poison and no harm occurred.
Allerdings sind die Probanden sich etwas uneinig darüber, wie viel Schuld man Grace tatsächlich geben könne in diesem Unfall-Szenario. Eingie denken, man sollte ihr mehr Schuld geben, andere meinen weniger. Was ich ihnen nun zeigen werde ist, was passiert, wenn wir den Probanden ins Gehirn sehen, während sie ihr Urteil treffen. Ich zeige Ihnen hier, von links nach rechts, die Höhe der Aktivität, die wir in dem Hirnareal gemessen haben und von oben nach unten, das Maße der Schuld, die die Probanden Grace zuschrieben.
People, though, disagree a little bit about exactly how much blame Grace should get in the accident case. Some people think she should deserve more blame, and other people less. And what I'm going to show you is what happened when we look inside the brains of people while they're making that judgment. So what I'm showing you, from left to right, is how much activity there was in this brain region, and from top to bottom, how much blame people said that Grace deserved.
Was wir sehen können ist, dass links, wenn die Hirnregion nur wenig aktiv war, die Probanden Graces arglose Überzeugung nur wenig beachteten und sagten, sie trage große Schuld an dem Unfall. Rechts dagegen, wo die Aktivität hoch war, beachteten die Probanden viel stärker Graces Arglosigkeit und ihr wurde eine geringere Schuld zugeschrieben, den Unfall verursacht zu haben.
And what you can see is, on the left when there was very little activity in this brain region, people paid little attention to her innocent belief and said she deserved a lot of blame for the accident. Whereas on the right, where there was a lot of activity, people paid a lot more attention to her innocent belief, and said she deserved a lot less blame for causing the accident.
Das ist schon ziemlich gut, aber natürlich hätten wir noch lieber eine Möglichkeit, in die Funktionsweise dieses Hirnareals einzugreifen und zu sehen, ob wir das Moralurteil der Probanden verändern können. Und wir haben tatsächlich ein entsprechendes Instrument. Es heißt "Transkranielle Magnetstimulation", kurz: TMS. Mit diesem Gerät können wir einen mangnetischen Impuls durch den Schädel in eine begrenzte Region des Gehirns schicken, wodurch die Neuronenfunktion in dieser Region kurzzeitig desorganisiert wird.
So that's good, but of course what we'd rather is have a way to interfere with function in this brain region, and see if we could change people's moral judgment. And we do have such a tool. It's called Trans-Cranial Magnetic Stimulation, or TMS. This is a tool that lets us pass a magnetic pulse through somebody's skull, into a small region of their brain, and temporarily disorganize the function of the neurons in that region.
Ich werde Ihnen jetzt ein Demo dazu zeigen. Zunächst werde ich Ihnen beweisen, dass es sich um ein Magentfeld handelt, indem ich Ihnen zeige, was passiert, wenn man eine Vierteldollar-Münze auf das Gerät legt. Wenn Sie ein Klicken hören, schalten wir das Gerät ein. Jetzt werde ich diesen Magnetimpuls auf mein Gehirn anwenden, und zwar in dem Bereich, der meine Hand steuert. Es wirkt also keine physikalische Kraft, sondern nur das Magentfeld.
So I'm going to show you a demo of this. First, I'm going to show you that this is a magnetic pulse. I'm going to show you what happens when you put a quarter on the machine. When you hear clicks, we're turning the machine on. So now I'm going to apply that same pulse to my brain, to the part of my brain that controls my hand. So there is no physical force, just a magnetic pulse.
(Video:) Frau: Bereit? Rebecca Saxe: Ja.
Woman (Video): Ready, Rebecca? RS: Yes.
OK, also es wird unwillentlich eine kleine Kontraktion meiner Hand hervorgerufen, nachdem der Impuls in mein Gehirn gedrungen ist. Und den gleichen Impuls können wir verwenden, jetzt angewandt auf das RTPJ, um zu erforschen, ob wir das Moralurteil von Probanden beeinflussen können. Dies sind nochmal die normalen Moralurteile der Probanden, die ich Ihnen zuvor gezeigt hatte Jetzt wenden wir TMS auf das RTPJ an um zu sehen, wie sich die Urteile der Probanden verändern. Zunächst einmal können die Leute diese Aufgabe weiterhin leisten.
Okay, so it causes a small involuntary contraction in my hand by putting a magnetic pulse in my brain. And we can use that same pulse, now applied to the RTPJ, to ask if we can change people's moral judgments. So these are the judgments I showed you before, people's normal moral judgments. And then we can apply TMS to the RTPJ and ask how people's judgments change. And the first thing is, people can still do this task overall.
Ihre Beurteilung des Szenarios, in dem alles in Ordnung war, bleibt gleich: Sie halten Grace für unschuldig. Aber im Fall des fehlgeschlagenen Versuchs der Schädigung, als Grace dachte, der Zucker sei ein Gift, halten die Probanden ihr Verhalten jetzt eher für OK, sie verdiene weniger Schuld dafür, dass sie den Puder in den Kaffee gab.
So their judgments of the case when everything was fine remain the same. They say she deserves no blame. But in the case of a failed attempt to harm, where Grace thought that it was poison, although it was really sugar, people now say it was more okay, she deserves less blame for putting the powder in the coffee.
Und im Unfall-Szenario, als sie dachte es sei Zucker, obwohl es tatsächlich Gift war und sie den Tod verschuldet hat, sagen die Probanden, dieses Verhalten sei weniger OK, sie trage eine größe Schuld. Was ich Ihnen heute vorgetragen habe ist, dass Menschen - eigentlich - besonders gut gerüstet sind, um über die Gedanken ihrer Mitmenschen nachzudenken.
And in the case of the accident, where she thought that it was sugar, but it was really poison and so she caused a death, people say that it was less okay, she deserves more blame. So what I've told you today is that people come, actually, especially well equipped to think about other people's thoughts.
Wir alle haben ein spezielles Hirnsystem, das es uns ermöglicht, das Denken anderer Menschen zu reflektieren. Die vollständige Entwicklung dieses Systems benötigt eine lange Zeit, und vollzieht sich langsam während der Kindheit und frühen Jugend. Und selbst im Erwachsenenalter können Unterschiede in dieser Region zur Erklärung interindividueller Unterschiede des Nachdenkens und Urteilens über andere Menschen beitragen.
We have a special brain system that lets us think about what other people are thinking. This system takes a long time to develop, slowly throughout the course of childhood and into early adolescence. And even in adulthood, differences in this brain region can explain differences among adults in how we think about and judge other people.
Die letzten Worte möchte ich aber wieder den Schriftstellern überlassen. Nämlich Philip Roth, dessen Zitat wie folgt endet: "Der Fakt bleibt: Die Menschen recht zu verstehen ist ohnehin nicht das, worum es im Leben geht. Sie falsch zu verstehen, das ist Leben. Sie falsch, und falsch, und falsch zu verstehen, um sie dann, nach sorgfältigem Nachdenken, wiederum zu missverstehen." Ich danke Ihnen. (Applaus.)
But I want to give the last word back to the novelists, and to Philip Roth, who ended by saying, "The fact remains that getting people right is not what living is all about anyway. It's getting them wrong that is living. Getting them wrong and wrong and wrong, and then on careful reconsideration, getting them wrong again." Thank you. (Applause)
Chris Anderson: Als Sie anfingen darüber zu sprechen, mit magnetischen Impulsen das moralische Urteil von Menschen zu verändern - das klingt alarmierend! (Gelächter.) Bitte sagen Sie mir, dass Sie nicht rangehen, wenn, sagen wir mal, das Pentagon deswegen anruft.
Chris Anderson: So, I have a question. When you start talking about using magnetic pulses to change people's moral judgments, that sounds alarming. (Laughter) Please tell me that you're not taking phone calls from the Pentagon, say.
Rebecca Saxe: Nein, tue ich nicht. Was ich damit sagen will: Sie rufen an, aber ich gehe nicht ran. (Gelächter.)
RS: I'm not. I mean, they're calling, but I'm not taking the call. (Laughter)
C.A.: Die rufen Sie also wirklich an? Dann mal im Ernst, Sie müssen nachts ja manchmal wach liegen und sich fragen, wohin diese Arbeit führt. Ich meine, Sie sind offensichtlich eine unglaubliche Frau. Aber jemand könnte dieses Wissen verwenden und damit in einer zukünftigen - nun ja - Folterkammer Dinge anstellen, über die die Leute hier sicher besorgt wären.
CA: They really are calling? So then seriously, you must lie awake at night sometimes wondering where this work leads. I mean, you're clearly an incredible human being, but someone could take this knowledge and in some future not-torture chamber, do acts that people here might be worried about.
R.S.: Ja, auch wir sind darüber besorgt. Also, zu TMS muss man noch ein paar Worte sagen. Zum einen kann man es nicht anwenden, ohne dass der Betroffene davon weiß. Es ist also keine heimlich wirkende Technologie. Außerdem ist es ziemlich schwierig, allein diese kleinen Veränderungen hervorzurufen. Die Veränderungen, die ich Ihnen gezeigt habe, sind für mich schon sehr beeindruckend, weil sie uns etwas über die Funktionsweise des Gehirns verraten. Aber sie sind sehr klein auf der Skala der Moralurteile, die wir tatsächlich und alltäglich treffen.
RS: Yeah, we worry about this. So, there's a couple of things to say about TMS. One is that you can't be TMSed without knowing it. So it's not a surreptitious technology. It's quite hard, actually, to get those very small changes. The changes I showed you are impressive to me because of what they tell us about the function of the brain, but they're small on the scale of the moral judgments that we actually make.
Und was wir da verändert haben, war außerdem nicht das Moralverständnis, als die Probanden entscheiden, was sie tun wollen, während sie also Handlungsentscheidungen treffen. Stattdessen haben wir ihre Fähigkeit, die Handlungen anderer zu beurteilen verändert. Daher stelle ich mir meine Arbeit nicht als das Studium eines Angeklagten im Strafprozess vor, sondern eher als das Studium der Geschworenenjury.
And what we changed was not people's moral judgments when they're deciding what to do, when they're making action choices. We changed their ability to judge other people's actions. And so, I think of what I'm doing not so much as studying the defendant in a criminal trial, but studying the jury.
C.A.: Wird Ihre Forschung zu Vorschlägen im Bildungsbereich führen, vielleicht zur Erziehung einer Generation von Kindern, die gerechtere moralische Entscheidungen treffen kann?
CA: Is your work going to lead to any recommendations in education, to perhaps bring up a generation of kids able to make fairer moral judgments?
R.S.: Das ist eine der idealistischen Hoffnungen. Dieses gesamte Forschungsprogramm, die unterschiedlichen Hirnareale zu untersuchen, ist noch sehr neu. Bis vor kurzem wussten wir über unser Gehirn nur Dinge, zu denen auch die Gehirne von Tieren fähig sind. Wir konnten es also anhand des tierischen Modells untersuchen. Wir wussten, wie das Gehirn sieht, wie es den Körper steuert, wie es hört und sinnlich wahrnimmt. Aber das gesamte Projekt: Zu verstehen, wie das Gehirn die allein menschlichen Leistungen vollbringt - Sprachen oder abstrakte Konzepte erlernen, über die Gedanken anderer Menschen zu reflektieren - das ist brandneu. Und wir wissen noch nicht, was die Implikationen dieses Verständnisses sein werden.
RS: That's one of the idealistic hopes. The whole research program here of studying the distinctive parts of the human brain is brand new. Until recently, what we knew about the brain were the things that any other animal's brain could do too, so we could study it in animal models. We knew how brains see, and how they control the body and how they hear and sense. And the whole project of understanding how brains do the uniquely human things -- learn language and abstract concepts, and thinking about other people's thoughts -- that's brand new. And we don't know yet what the implications will be of understanding it.
C.A.: Ich habe noch eine letzte Frage. Da ist also diese harte Nuss, das Problem des Bewusstseins, das so viele Leute vor ein Rätsel stellt. Der Gedanke, dass man vielleicht verstehen kann, warum ein Gehirn funktioniert. Aber warum muss man überhaupt etwas fühlen? Warum scheint es für uns Menschen notwendig zu sein, zu empfinden, damit wir funktionieren? Sie sind eine brillante junge Neurowissenschaftlerin. Worauf ich hinaus will: Welche Chance sehen Sie, dass während Ihrer weiteren Karriere jemand - Sie oder ein anderer - einen Paradigmenwechsel auslösen wird in dieser Frage, die jetzt noch ein unlösbares Problem darstellt.
CA: So I've got one last question. There is this thing called the hard problem of consciousness, that puzzles a lot of people. The notion that you can understand why a brain works, perhaps. But why does anyone have to feel anything? Why does it seem to require these beings who sense things for us to operate? You're a brilliant young neuroscientist. I mean, what chances do you think there are that at some time in your career, someone, you or someone else, is going to come up with some paradigm shift in understanding what seems an impossible problem?
R.S.: I hoffe, es gelingt jemandem. Aber ich denke, dass es ihnen wahrscheinlich nicht gelingen wird.
RS: I hope they do. And I think they probably won't.
C.A.: Warum?
CA: Why?
R.S.: Das Problem wird sicher nicht umsonst als harte Nuss genannt. (Gelächter.)
RS: It's not called the hard problem of consciousness for nothing. (Laughter)
Das ist eine großartige Antwort. Rebecca Saxe, vielen Dank. Das war fantastisch. (Applaus.)
CA: That's a great answer. Rebecca Saxe, thank you very much. That was fantastic. (Applause)