Vor einigen Wochen hatte ich die Möglichkeit, nach Saudi Arabien zu gehen. Und das Erste, was ich als Muslim machen wollte, war nach Mekka zu gehen und die Kaaba zu besuchen, den heiligsten Schrein des Islam. Und das habe ich gemacht; ich habe mein rituelles Kleid angezogen, ich bin in die heilige Moschee gegangen, ich habe meine Gebete aufgesagt, ich habe alle Rituale befolgt. Und währenddessen, neben der ganzen Spiritualität, gab es ein banales Detail in der Kaaba, das ich sehr interessant fand. Es gab keine Trennung der Geschlechter. Anders gesagt, Männer und Frauen haben zusammen die Religion ausgeübt. Sie haben den Tawaf zusammen ausgeführt, das Umrunden der Kaaba. Sie waren während des Betens zusammen.
A few weeks ago, I had a chance to go to Saudi Arabia. And the first thing I wanted to do as a Muslim was to go to Mecca and visit the Kaaba, the holiest shrine of Islam. And I did that; I put on my ritualistic dress, I went to the holy mosque, I did my prayers, I observed all the rituals. And meanwhile, besides all the spirituality, there was one mundane detail in the Kaaba that was pretty interesting for me: there was no separation of sexes. In other words, men and women were worshiping all together. They were together while doing tawāf, the circular walk around the Kaaba. They were together while praying.
Und falls es Sie wundert, warum das überhaupt interessant ist, dann müssen Sie sich den Rest von Saudi Arabien ansehen, weil es ein Land ist das streng zwischen den Geschlechtern geteilt ist. In anderen Worten, als Mann sollte man einfach nicht im gleichen Raum mit einer Frau sein. Und ich habe das auf sehr lustige Art und Weise festgestellt. Ich verliess die Kaaba, um in der Innenstadt von Mekka etwas zu essen. Ich ging zum nächsten Burger King Restaurant. Ich ging dahin – und stellte fest, dass es einen Männerbereich gab, der sorgfältig vom Frauenbereich getrennt war. Und ich musste im Männerbereich zahlen, bestellen und essen. "Das ist lustig." habe ich mir gedacht, "Man kann mit dem anderen Geschlecht in der heiligen Kaaba in Kontakt kommen, aber nicht bei Burger King."
And if you wonder why this is interesting at all, you have to see the rest of Saudi Arabia, because this a country which is strictly divided between the sexes. In other words: as men, you are simply not supposed to be in the same physical space with women. And I noticed this in a very funny way. I left the Kaaba to eat something in downtown Mecca. I headed to the nearest Burger King restaurant. And I went there -- I noticed that there was a male section, which is carefully separated from the female section. I had to pay, order and eat in the male section. "It's funny," I said to myself, "You can mingle with the opposite sex at the holy Kaaba, but not at the Burger King?"
Ziemlich ironisch. Ironisch, und ich glaube, es ist auch recht aufschlussreich. Denn die Kaaba und die Rituale darum herum sind Relikte aus der frühesten Phase des Islams, die des Propheten Mohammed. Und wenn es damals besonders wichtig gewesen wäre Männer von Frauen zu trennen, dann hätte man die Rituale um die Kaaba entsprechend gestaltet. Aber das war zu dieser Zeit scheinbar kein Thema. Also entstanden die Rituale so. Es ist auch, glaube ich, bestätigt durch die Tatsache, dass sie Abgeschlossenheit der Frauen, die eine geteilte Gesellschaft erzeugt, etwas ist, dass man im Koran nicht finden kann, dem Kern des Islam – dem göttlichen Kern des Islam, an den alle Muslime, ebenso ich, glauben. Und ich glaube, es ist kein Zufall, dass man diese Idee nicht im Ursprung des Islam findet. Weil viele Gelehrte, die die Geschichte der islamischen Philosophie studieren – muslimische Gelehrte und Westler – denken, dass eigentlich der Brauch, Männer und Frauen räumlich zu trennen, als spätere Entwicklung im Islam entstand, als Muslime bereits existierende Kulturen und Traditionen des Mittleren Osten annahmen. Die Abgeschlossenheit von Frauen war eigentlich ein byzantinischer und persischer Brauch, und Muslime haben das übernommen und zu einem Teil ihrer Religion gemacht.
(Laughter) Quite, quite ironic. Ironic, and it's also, I think, quite telling, because the Kaaba and the rituals around it are relics from the earliest phase of Islam, that of prophet Muhammad. And if there was a big emphasis at the time to separate men from women, the rituals around the Kaaba could have been designed accordingly. But apparently, that was not an issue at the time. So the rituals came that way. This is also, I think, confirmed by the fact that the seclusion of women in creating a divided society is something that you also do not find in the Koran -- the very core of Islam, the divine core of Islam -- that all Muslims, equally myself, believe. And I think it's not an accident that you don't find this idea in the very origin of Islam, because many scholars who study the history of Islamic thought -- Muslim scholars or Westerners -- think that, actually, the practice of dividing men and women physically came as a later development in Islam, as Muslims adopted some preexisting cultures and traditions of the Middle East. Seclusion of women was actually a Byzantine and Persian practice, and Muslims adopted it and made it a part of their religion. Actually, this is just one example of a much larger phenomenon.
Und das ist wirklich nur ein Beispiel eines viel größeren Phänomens. Was wir heute das Gesetz des Islam nennen und besonders die islamische Kultur – und es gibt eigentlich viele islamische Kulturen; die in Saudi Arabien ist sehr anders als die, wo ich herkomme, in Istanbul oder der Türkei. Aber trotzdem, wenn man über muslimische Kultur spricht, hat diese einen Kern, eine göttliche Botschaft, welche die Religion in Gang setzte, aber dann wurden dem viele Traditionen, Sichtweisen, viele Bräuche zugefügt. Und dies waren Traditionen des Mittleren Osten – mittelalterliche Traditionen.
What we call today Islamic law, and especially Islamic culture -- and there are many Islamic cultures, actually; the one in Saudi Arabia is much different from where I come from in Istanbul or Turkey. But still, if you're going to speak about a Muslim culture, this has a core: the divine message which began the religion. But then many traditions, perceptions, practices were added on top of it. And these were traditions of the Middle East medieval traditions.
Und da gibt es zwei wichtige Botschaften, oder zwei Lektionen, die man dieser Realität entnehmen kann. Zunächst sollten Muslime – fromme, konservative, gläubige Muslime, die ihrer Religion treu sein wollen – sich nicht an alles in ihrer Kultur klammern in der Annahme, das sei ein göttlicher Auftrag. Vielleicht sind manche Dinge schlechte Traditionen und sie benötigen Änderungen. Andererseits sollten Westler, welche die islamische Kultur ansehen und störende Aspekte erkennen, nicht leichtfertig folgern, dass das der Islam bestimmt. Vielleicht ist es eine Kultur des Mittleren Ostens die mit dem Islam verworren wurde.
There are two important messages, or two lessons, to take from that reality. First of all, Muslims -- pious, conservative, believing Muslims who want to be loyal to their religion -- should not cling onto everything in their culture, thinking that that's divinely mandated. Maybe some things are bad traditions and they need to be changed. On the other hand, the Westerners who look at Islamic culture and see some troubling aspects should not readily conclude that this is what Islam ordains. Maybe it's a Middle Eastern culture that became confused with Islam.
Es gibt einen Brauch, der webliche Beschneidung genannt wird. Es ist etwas schreckliches, grauenvolles. Es ist im Grunde eine Operation um Frauen sexuellen Genuss vorzuenthalten. Alle Westler, Europäer oder Amerikaner, die vorher nicht davon wussten, begeneten diesem Brauch innerhalb einigen der muslimischen Gemeinden, die aus Nordafrika auswanderten. Und sie haben gedacht: "Oh, was für eine schreckliche Religion ist das, die so etwas vorschreibt." Aber eigentlich, wenn man sich weibliche Beschneidung ansieht, sieht man, dass es nichts mit dem Islam zu tun hat, es ist nur ein nordafrikanischer Brauch, der dem Islam vorausgeht. Es gab ihn während Tausenden von Jahren. Und treffenderweise praktizieren ihn einige Muslime. Muslime in Nordafrika, nicht an anderen Orten. Aber auch die nicht muslimischen Gemeinden in Nordafrika – die Animisten, sogar einige Christen und sogar ein jüdischer Stamm in Nordafrika sind dafür bekannt, weibliche Beschneidungen vorzunehmen. Was also wie ein Problem aussieht innerhalb des islamischen Glaubens, stellt sich vielleicht als Tradition heraus, der sich Muslime angeschlossen haben.
There is a practice called female circumcision. It's something terrible, horrible. It is basically an operation to deprive women of sexual pleasure. And Westerners -- Europeans or Americans -- who didn't know about this before, [saw] this practice within some of the Muslim communities who migrated from North Africa. And they've thought, "Oh, what a horrible religion that is, which ordains something like that." But when you look at female circumcision, you see that it has nothing to do with Islam; it's just a North African practice which predates Islam. It was there for thousands of years. And, quite tellingly, some Muslims do practice it -- the Muslims in North Africa, not in other places. But also the non-Muslim communities of North Africa -- the animists, some Christians and even a Jewish tribe in North Africa -- are known to practice female circumcision. So what might look like a problem within Islamic faith might turn out to be a tradition that Muslims have subscribed to.
Das gleiche kann über Ehrenmorde gesagt werden, welche ein wiederkehrendes Thema in den westlichen Medien sind – und welche selbstverständlich eine grauenvolle Tradition sind. Und wir sehen diese Tradition in der Tat in einigen muslimischen Gemeinden. Aber in den nicht muslimischen Gemeinden im Mittleren Osten, wie zum Beispiel einigen christlichen Gemeinden, östlichen Gemeinden, kann man den gleichen Brauch sehen. Wir hatten einen tragischen Ehrenmord in der armenischen Gemeinde in der Türkei vor nur einigen Monaten.
The same thing can be said for honor killings, which is a recurrent theme in the Western media -- and which is, of course, a horrible tradition. And we see, truly, in some Muslim communities, that tradition. But in the non-Muslim communities of the Middle East, such as some Christian communities, Eastern communities, you see the same practice. We had a tragic case of an honor killing within Turkey's Armenian community just a few months ago.
Jetzt sind das Dinge über Kultur im Allgemeinen, aber ich bin auch sehr an politischer Kultur interessiert und daran, ob Freiheit und Demokratie geschätzt werden oder ob es eine autoritäre politische Kultur gibt in der der Staat den Bürgern Dinge aufzwingt. Und es ist kein Geheimnis, dass viele islamische Bewegungen im Mittleren Osten dazu neigen, autoritär zu sein, und einige der so genannten "islamischen Regimes" wie zum Beispiel Saudi Arabien, Iran und der schlimmste Fall war die Taliban in Afghanistan, sie sind ziemlich autoritär – daran gibt es keinen Zweifel.
Now, these are things about general culture, but I'm also very much interested in political culture and whether liberty and democracy is appreciated, or whether there's an authoritarian political culture in which the state is supposed to impose things on the citizens. And it is no secret that many Islamic movements in the Middle East tend to be authoritarian, and some of the so-called "Islamic regimes," such as Saudi Arabia, Iran and the worst case, the Taliban in Afghanistan, they are pretty authoritarian -- no doubt about that.
In Saudi Arabien zum Beispiel gibt es ein Phänomen, das Religionspolizei genannt wird. Und die Religionspolizei zwingt die angebliche islamische Lebensweise jedem Bürger auf, mit Gewalt – z.B. werden Frauen gezwungen, ihre Köpfe zu bedecken – den Hidschab zu tragen, die islamische Kopfbedeckung. Das ist ziemlich autoritär, und das ist etwas, dem ich sehr kritisch gegenüber stehe. Aber als ich realisiert habe, dass Nichtmuslime oder die nicht islamisch gesinnten Akteure in der gleichen Region, sich manchmal ähnlich verhalten haben, habe ich festgestellt, dass das Problem vielleicht in der politischen Kultur der gesamten Region liegt, nicht nur dem Islam. Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel geben: In der Türkei, wo ich herkomme, welche eine sehr über-sekuläre Republik ist, hatten wir bis vor kurzem etwas, das ich Säkularismuspolizei nenne, welche die Universitäten beschützen sollte, gegen verhüllte Studentinnen. Anders gesagt, sie würden Studentinnen zwingen ihre Köpfe zu enthüllen. Und ich finde Leute dazu zu zwingen, Ihre Köpfe zu enthüllen ist genauso tyrannisch, wie sie dazu zu zwingen, sie zu verhüllen. Es sollte die Entscheidung des Bürgers sein.
For example, in Saudi Arabia, there is a phenomenon called the religious police. And the religious police imposes the supposed Islamic way of life on every citizen, by force -- like, women are forced to cover their heads -- wear the hijab, the Islamic head cover. Now that is pretty authoritarian, and that's something I'm very much critical of. But when I realized that the non-Muslim, or the non-Islamic-minded actors in the same geography sometimes behaved similarly, I realized that the problem maybe lies in the political culture of the whole region, not just Islam. Let me give you an example: in Turkey, where I come from, which is a very hyper-secular republic, until very recently, we used to have what I call "secularism police," which would guard the universities against veiled students. In other words, they would force students to uncover their heads. And I think forcing people to uncover their head is as tyrannical as forcing them to cover it. It should be the citizen's decision.
Aber als ich das gesehen habe, habe ich gesagt: "Vielleicht ist das Problem nur eine autoritäre Kultur in der Region, und einige Muslime wurden davon beeinflusst." Aber die sekulär gerichteten Leute können davon beeinflusst werden. Vielleicht ist es ein Problem der politischen Kultur, und wir müssen darüber nachdenken, wie man diese politische Kultur ändern kann. Nun sind das einige der Fragen, die ich vor ein paar Jahren im Sinn hatte als ich anfing, ein Buch zu schreiben. Ich sagte mir: "Nun, ich werde darüber forschen, wie der Islam eigentlich zu dem wurde was er heute ist, welche Wege eingeschlagen wurden und welche Wege hätten genommen werden können." Der Name des Buches ist "Islam ohne Extreme: Ein muslimisches Argument für Freiheit". Und wie der Untertitel andeutet, habe ich mir islamische Tradition und die Geschichte der islamischen Philosophie angesehen aus der Perspektive der individuellen Freiheit. Ich habe versucht, die Stärken zu finden in Bezug auf individuelle Freiheit.
But when I saw that, I said, "Maybe the problem is just an authoritarian culture in the region, and some Muslims have been influenced by that. But the secular-minded people can be influenced by that. Maybe it's a problem of the political culture, and we have to think about how to change that political culture." Now, these are some of the questions I had in mind a few years ago when I sat down to write a book. I said, "Well, I will do research about how Islam actually came to be what it is today, and what roads were taken and what roads could have been taken." The name of the book is "Islam Without Extremes: A Muslim Case for Liberty." And as the subtitle suggests, I looked at Islamic tradition and the history of Islamic thought from the perspective of individual liberty, and I tried to find what are the strengths with regard to individual liberty.
Und es gibt Stärken in islamischer Tradition. Islam, als eine monotheistische Religion, welche den Menschen selbst als verantwortungsvoll Handelnden definiert, hat die Vorstellung des Individuums im Mittleren Osten kreiert und sie beschützt vor Kommunitarismus, dem Kollektivismus des Stammes. Man kann davon viele Ideen ableiten. Aber abgesehen davon habe ich auch Probleme in der islamischen Tradition gesehen. Aber eine Sache war eigenartig: es stellt sich heraus, dass die meisten dieser Probleme spaeter aufkamen, nicht vom göttlichen Kern des Islam, dem Koran, aber wieder aus Traditionen und Mentalitäten heraus, oder den Interpretationen des Korans, die Muslime im Mittelalter gemacht haben. Der Koran, zum Beispiel, erlaubt keine Steinigung. Es gibt keine Strafe für Glaubensabfall. Es gibt keine Strafe für persönliche Dinge wie trinken von Alkohol. Diese Dinge, die das Gesetz des Islams machen, die störenden Aspekte des Gsetzes des Islams, wurden später entwickelt, in späteren Interpretationen des Islams. Was bedeutet, dass Muslime sich heute diese Dinge anschauen und sagen können: "Nun, der Kern unserer Religion ist hier um bei uns zu bleiben. Es ist unser Glaube und wir werden ihm treu bleiben.". Aber wir können ändern, wie es interpretiert wird, weil es in Bezug auf die Zeit und das Milieu des Mittelalters interpretiert wurde. Jetzt leben wir in einer anderen Welt mit anderen Werten und anderen politischen Systemen. Diese Interpretation ist möglich und machbar.
And there are strengths in Islamic tradition. Islam, actually, as a monotheistic religion, which defined man as a responsible agent by itself, created the idea of the individual in the Middle East, and saved it from the communitarianism, the collectivism of the tribe. You can derive many ideas from that. But besides that, I also saw problems within Islamic tradition. But one thing was curious: most of those problems turn out to be problems that emerged later, not from the very divine core of Islam, the Koran, but from, again, traditions and mentalities, or the interpretations of the Koran that Muslims made in the Middle Ages. The Koran, for example, doesn't condone stoning. There is no punishment for apostasy. There is no punishment for personal sins like drinking. These things which make Islamic law, the troubling aspects of Islamic law, were developed into later interpretations of Islam. Which means that Muslims can, today, look at those things and say, "Well, the core of our religion is here to stay with us. It's our faith, and we will be loyal to it. But we can change how it was interpreted, because it was interpreted according to the time and milieu in the Middle Ages. Now we're living in a different world, with different values and political systems." That interpretation is quite possible and feasible.
Wenn ich jetzt die einzige Person wäre, die so denkt, dann hätten wir ein Problem. Aber das ist ganz und gar nicht der Fall. Eigentlich gibt es seit dem 19. Jahrhundert eine ganze revisionistische, reformistische – wie auch immer man das nennt – Tradition, einen Trend in islamischem Denken. Und es waren Intellektuelle oder Staatsmänner des 19. Jahrhunderts, und später, des 20. Jahrhunderts, die quasi nach Europa geschaut haben und sahen, dass es in Europa viele Dinge zu bewundern gibt, wie Wissenschaft und Technik. Aber nicht nur das; auch Demokratie, Parlament, die Idee der Vertretung, die Vorstellung von gleichberechtigter Staatsbürgerschaft. Diese muslimischen Denker und Intellektuellen und Staatsmänner des 19. Jahrhunderts sahen nach Europa, sahen diese Dinge. Sie sagten: "Warum haben wir diese Dinge nicht?". Und sie haben zurück zur islamischen Tradition geschaut, sie sahen, dass es problematische Punkte gibt, aber sie sind nicht der Kern der Religion, also können sie vielleicht neu interpretiert werden, und der Koran kann wiedergelesen werden in der modernen Welt.
Now, if I were the only person thinking that way, we would be in trouble. But that's not the case at all. Actually, from the 19th century on, there's a whole revisionist, reformist -- whatever you call it -- tradition, a trend in Islamic thinking. These were intellectuals or statesmen of the 19th century, and later, 20th century, which looked at Europe, basically, and saw that Europe has many things to admire, like science and technology. But not just that; also democracy, parliament, the idea of representation, the idea of equal citizenship. These Muslim thinkers, intellectuals and statesmen of the 19th century, looked at Europe, saw these things, and said, "Why don't we have these things?" And they looked back at Islamic tradition, and saw that there are problematic aspects, but they're not the core of the religion, so maybe they can be re-understood, and the Koran can be reread in the modern world.
Dieser Trend wird im allgemeinen islamischer Modernismus genannt, und er wurde von Intellektuellen und Staatsmännern vorangebracht, nicht nur als intellektuelle Idee, sondern auch als politisches Programm. Und das ist weshalb das osmanische Reich im 19. Jahrhundert, das den gesamten Mittleren Osten abdeckte, sehr wichtige Reformen unternommen hat – Reformen wie Christen und Juden einen gleichen Staatsangehoerigkeitsstatus zu geben, eine Verfassug anzunehmen, ein stellvertretendes Parlament anzunehmen, die Idee der Religionsfreiheit voranzubringen. Und deshalb wurde das osmanische Reich in seinen letzten Jahrzehnten zu einer Urform der Demokratie, einer konstitutionellen Monarchie. Und Freiheit hatte einen sehr wichtigen politschen Wert zu dieser Zeit.
That trend is generally called Islamic modernism, and it was advanced by intellectuals and statesmen, not just as an intellectual idea, though, but also as a political program. And that's why, actually, in the 19th century, the Ottoman Empire, which then covered the whole Middle East, made very important reforms -- reforms like giving Christians and Jews an equal citizenship status, accepting a constitution, accepting a representative parliament, advancing the idea of freedom of religion. That's why the Ottoman Empire, in its last decades, turned into a proto-democracy, a constitutional monarchy, and freedom was a very important political value at the time.
Ähnlich gab es in der arabischen Welt etwas, das der große arabische Historiker Albert Hourani als liberales Zeitalter beschreibt. Er hat ein Buch: "Arabische Gedanken im liberalen Zeitalter". Und das liberale Zeitalter, er definiert es als 19. und frühes 20. Jahrhundert. Das war hauptsächlich der beherrschende Trend im frühen 20. Jahrhundert unter islamischen Denkern und Staatsmaennern und Theologen. Aber es gibt ein sehr eigenartiges Muster im restlichen 20. Jahrhundert, weil wir einen steilen Abfall in dieser islamischen modernistischen Richtung sehen. Und stattdessen entwickelt sich Islamismus zu einer Ideologie, die autoritaer ist, die recht aggresiv ist, die recht antiwestlich ist und die die Gesellschaft basierend auf einer utopischen Vision gestalten möchte.
Similarly, in the Arab world, there was what the great Arab historian Albert Hourani defines as the Liberal Age. He has a book, "Arabic Thought in the Liberal Age," and the Liberal Age, he defines as 19th century and early 20th century. Quite notably, this was the dominant trend in the early 20th century among Islamic thinkers and statesmen and theologians. But there is a very curious pattern in the rest of the 20th century, because we see a sharp decline in this Islamic modernist line. And in place of that, what happens is that Islamism grows as an ideology which is authoritarian, which is quite strident, which is quite anti-Western, and which wants to shape society based on a utopian vision.
Islamismus ist die problematische Vorstellung, die wirklich viele Probleme in der islamischen Welt des 20. Jahrhunderts geschaffen hat. Und die sehr extremen Formen des Islamismus führten sogar zu Terrorismus im Namen des Islam – was eigentlich eine Praxis ist, die wie ich denke gegen den Islam ist, aber einige Extremisten haben offensichtlich nicht so gedacht. Allerdings gibt es eine merkwürdige Frage: Wenn islamischer Modernismus im 19. und frühen 20. Jahrhundert so beliebt war, warum wurde Islamismus im restlichen 20. Jahrhundert so beliebt? Und ich denke das ist eine Frage, die vorsichitg diskutiert werden muss. In meinem Buch habe ich mich auch mit dieser Frage befasst. Und an sich muss man keine höhere Mathematik verstehen, um das zu begreifen. Man schaut sich einfach die politische Geschichte des 20. Jahrhunderts an und man sieht, dass sich die Dinge sehr geändert haben. Der Kontext hat sich geändert.
So Islamism is the problematic idea that really created a lot of problems in the 20th-century Islamic world. And even the very extreme forms of Islamism led to terrorism in the name of Islam -- which is actually a practice that I think is against Islam, but some, obviously, extremists, did not think that way. But there is a curious question: If Islamic modernism was so popular in the 19th and early 20th centuries, why did Islamism become so popular in the rest of the 20th century? And this is a question, I think, which needs to be discussed carefully. In my book, I went into that question as well. And actually, you don't need to be a rocket scientist to understand that. Just look at the political history of the 20th century, and you see things have changed a lot. The contexts have changed.
Im 19. Jahrhundert, als Muslime Europa als Beispiel gesehen haben, waren sie unabhängig, selbstsicherer. Im frühen 20. Jahrhundert, mit dem Fall des osmanischen Reichs, war der gesamte Mittlere Osten kolonisiert. Und wenn man Kolonisation hat, was hat man dann? Man hat Antikolonialismus. Europa ist also nicht mehr nur ein Beispiel zum nachahmen; es ist ein Feind zum Bekämpfen und Widersetzen. Es gibt einen sehr steilen Abfall an liberlen Ideen in der muslimischen Welt, und was man sieht ist eher ein defensiver, unbeugsamer, rückschrittlicher Strom, der zum arabischen Sozialismus, arabischen Nationalismus und letzendlich zur Islamismusideologie führte. Und als die Kolonialzeit vorbei war, hatte man an dieser Stelle im Allgemeinen nicht religiöse Diktaturen, die sagen, sie sind ein unabhängiger Staat, aber keine Demokratie in das Land gebracht haben, und ihre eigene Diktatur begründeten. Ich denke der Westen, wenigstens einige Mächte im Westen, insbesondere die USA, haben den Fehler gemacht, diese weltlichen Diktatoren zu unterstützen, in der Annahme, dass sie für ihre eigenen Interessen nützlicher wären. Aber die Tatsache, dass diese Diktatoren Demokratie im eigenen Land unterdrückt haben und islamische Gruppen in ihrem Land unterdrückt haben hat die Islamisten noch aggressiver gemacht.
In the 19th century, when Muslims were looking at Europe as an example, they were independent; they were more self-confident. In the early 20th century, with the fall of the Ottoman Empire, the whole Middle East was colonized. And when you have colonialization, what do you have? You have anti-colonialization. So Europe is not just an example now to emulate; it's an enemy to fight and to resist. So there's a very sharp decline in liberal ideas in the Muslim world, and what you see is more of a defensive, rigid, reactionary strain, which led to Arab socialism, Arab nationalism and ultimately to the Islamist ideology. And when the colonial period ended, what you had in place of that was generally secular dictators, which say they're a country, but did not bring democracy to the country, and established their own dictatorship. And I think the West, at least some powers in the West, particularly the United States, made the mistake of supporting those secular dictators, thinking that they were more helpful for their interests. But the fact that those dictators suppressed democracy in their country and suppressed Islamic groups in their country actually made the Islamists much more strident.
Also, im 20. Jahrhundert gab es den Teufelskreis in der arabischen Welt in dem eine Diktatur die eigenen Leute unterdrückt hat, einschliesslich der frommen Islamisten, und sie reagieren auf reaktionäre Weise. Es gab jedoch ein Land das fliehen oder sich fernhalten konnte von diesem Teufelskreis. Und das ist das Land aus dem ich komme; das ist die Türkei. Die Türkei war nie eine Kolonie, also blieb sie eine unabhängige Nation nach dem Fall des osmanischen Reichs. Das ist eine Sache, an die man sich erinnern muss. Sie teilten nicht den gleichen Antikolonialismushype, den man in einigen anderen Laendern in der Region finden kann. Zweitens, und am wichtigsten, die Türkei wurde früher zu einer Demokratie als die anderen Länder, über die wir sprechen. 1950 hatte die Türkei die ersten freien und gerechten Wahlen, welche das autokratische, nichtreligiöse System beendeten, welche der Beginn der Türkei waren. Und die frommen Muslime in der Türkei sahen, dass sie das politische System mit Wahlen ändern können. Und sie realisierten, dass Demokratie etwas ist, das mit dem Islam vereinbar ist, vereinbar mit ihren Werten, und sie haben die Demokratie unterstützt. Das ist eine Erfahrung, die nicht jede muslimische Nation im Mittleren Osten bis vor kurzem hatte.
So in the 20th century, you had this vicious cycle in the Arab world, where you have a dictatorship suppressing its own people, including the Islamic pious, and they're reacting in reactionary ways. There was one country, though, which was able to escape or stay away from that vicious cycle. And that's the country where I come from, Turkey. Turkey has never been colonized, so it remained as an independent nation after the fall of the Ottoman Empire. That's one thing to remember; it did not share the same anti-colonial hype that you can find in some other countries in the region. Secondly, and most importantly, Turkey became a democracy earlier than any of the countries we are talking about. In 1950, Turkey had the first free and fair elections, which ended the more autocratic secular regime, which was in the beginning of Turkey. And the pious Muslims in Turkey saw that they could change the political system by voting. And they realized that democracy is something compatible with Islam, compatible with their values, and they've been supportive of democracy. That's an experience that not every other Muslim nation in the Middle East had, until very recently.
Zweitens sehen wir in den letzten zwei Jahrzehnten, dank der Globalisierung, dank der Marktwirtschaft, dank des Aufstiegs der Mittelklasse, in der Türkei etwas, das ich als die Wiedergeburt des islamischen Modernismus bezeichne. Nun gibt es die städtischen, frommen, Mittelklasse-Muslime, die sich ihre Traditionen anschauen und sehen, dass es in dieser Tradition einige Probleme gibt. Und sie verstehen, dass sie geändert and hinterfragt und verbessert werden müssen. Und sie schauen nach Europa, und sie sehen wieder ein Beispiel zum Folgen. Sie sehen zumindest ein Beispiel, zum Inspirieren lassen. Deshalb wurde der EU Prozess, die Bemühungen der Türkei, der EU beizutreten, innerhalb der Türkei von den frommen Muslimen unterstützt, während einige nichtreligiöse Nationen dagegen waren. Nun, dieser Vorgang wurde ein wenig getrübt von der Tatsache, dass nicht alle Europäer sehr willkommen heißend sind - aber das ist eine andere Debatte. Aber das pro-EU Gefühl in der Türkei wurde in den letzten Jahrzehnten fast zu einer islamischen Sache, unterstützt von den islamischen Liberalen und natürlich auch den weltlichen Liberalen.
Secondly, in the past two decades, thanks to globalization, thanks to the market economy, thanks to the rise of a middle class, we in Turkey see what I define as a rebirth of Islamic modernism. Now, there's the more urban middle-class pious Muslims who, again, look at their tradition and see that there are some problems in the tradition, and understand that they need to be changed and questioned and reformed. And they look at Europe, and see an example, again, to follow. They see an example, at least, to take some inspiration from. That's why the EU process, Turkey's effort to join the EU, has been supported inside Turkey by the Islamic pious, while some secular nationalists were against it. Well, that process has been a little bit blurred by the fact that not all Europeans are that welcoming, but that's another discussion. But the pro-EU sentiment in Turkey in the past decade has become almost an Islamic cause and supported by the Islamic liberals and the secular liberals as well, of course.
Und Dank dessen war die Türkei dazu in der Lage, eine Erfolgsgeschichte zu kreieren in der der Islam und die meisten frommen Ansichten über Islam Teil des demokratischen Spiels geworden sind, und sogar zum demokratischen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes beitragen. Und das war ein sehr inspirierendes Beispiel für einige islamische Bewegungen oder einige Länder in der arabischen Welt.
And thanks to that, Turkey has been able to reasonably create a success story in which Islam and the most pious understandings of Islam have become part of the democratic game, and even contributes to the democratic and economic advance of the country. And this has been an inspiring example right now for some of the Islamic movements or some of the countries in the Arab world.
Sie müssen alle den arabischen Frühling gesehen haben, der in Tunis und Ägypten begann. Und arabische Massen rebellierten einfach gegen ihre Diktatoren. Sie verlangten nach Demokratie; sie verlangten nach Freiheit. Und sie entpuppten sich nicht als islamistischer Schreck, den die Diktatoren immer benutzt haben, um ihre Herrschaft zu rechtfertigen. Sie sagten: "Wir wollen Freiheit, wir wollen Demokratie. Wir sind muslimische Gläubige, aber wir wollen als freie Leute in einer freien Gesellschaft leben.". Selbstverständlich ist das ein langer Weg. Demokratie erreicht man nicht über Nacht; es ist ein Prozess. Aber es ist eine vielversprechende Epoche in der muslimischen Welt.
You must have all seen the Arab Spring, which began in Tunis and in Egypt. Arab masses just revolted against their dictators. They were asking for democracy; they were asking for freedom. And they did not turn out to be the Islamist boogeyman that the dictators were always using to justify their regime. They said, "We want freedom; we want democracy. We are Muslim believers, but we want to be living as free people in free societies." Of course, this is a long road. Democracy is not an overnight achievement; it's a process. But this is a promising era in the Muslim world.
Und ich glaube dass der islamische Modernismus, der im 19. Jahrhundert begonnen hat, aber im 20. Jahrhundert einen Rückschlag erlitt, wegen der politischen Probleme in der muslimischen Welt, eine Wiedergeburt erlebt. Und ich denke die "Moral" dessen wäre, dass der Islam trotz einiger Skeptiker im Westen, in sich slebst das Potential hat, seinen eigenen Weg zu Demokratie und Liberalismus zu schaffen, seinen eigenen Weg zur Freiheit zu schaffen. Sie sollten nur dafür arbeiten dürfen.
And I believe that the Islamic modernism which began in the 19th century, but which had a setback in the 20th century because of the political troubles of the Muslim world, is having a rebirth. And I think the takeaway message from that would be that Islam, despite some of the skeptics in the West, has the potential in itself to create its own way to democracy, create its own way to liberalism, create its own way to freedom. They just should be allowed to work for that.
Vielen, vielen Dank.
Thanks so much.
(Applaus)
(Applause)