Hi. Ich möchte ein wenig von den Menschen sprechen, die jene Güter herstellen, die wir jeden Tag nutzen: unsere Schuhe, Handtaschen, Computer und Handys. Das ist ein Gespräch, das oft Schuldgefühle hervorruft. Stellen Sie sich das junge Bauernmädchen vor, das weniger als einen Dollar die Stunde dafür bekommt, Ihre Laufschuhe zusammenzunähen, oder den jungen Chinesen, der von einem Dach springt, nachdem er Überstunden gemacht hat, um Ihr iPad zusammenzubauen. Wir, die Profiteure der Globalisierung, scheinen diese Opfer auszubeuten mit jedem Kauf, den wir tätigen und die Ungerechtigkeit scheint bei diesen Produkten eingebettet zu sein. Was ist nur falsch an einer Welt, in der ein Fließbandarbeiter für iPhones sich nicht einmal eines kaufen kann? Es wird als selbstverständlich angenommen, dass chinesische Fabriken ihre Arbeiter unterdrücken und dass es unser Verlangen nach billigen Produkten ist, das sie dazu bringt.
Hi. So I'd like to talk a little bit about the people who make the things we use every day: our shoes, our handbags, our computers and cell phones. Now, this is a conversation that often calls up a lot of guilt. Imagine the teenage farm girl who makes less than a dollar an hour stitching your running shoes, or the young Chinese man who jumps off a rooftop after working overtime assembling your iPad. We, the beneficiaries of globalization, seem to exploit these victims with every purchase we make, and the injustice feels embedded in the products themselves. After all, what's wrong with a world in which a worker on an iPhone assembly line can't even afford to buy one? It's taken for granted that Chinese factories are oppressive, and that it's our desire for cheap goods that makes them so.
Diese einfache narrative Gleichstellung westlicher Nachfrage und chinesischer Ausbeutung ist verlockend gerade zu einer Zeit, in der sich viele von uns bereits schuldig fühlen für unseren Einfluss auf die Welt, aber zugleich ist es unrichtig und respektlos. Wir müssen ja außerordentlich arrogant sein, uns vorzustellen, dass wir die Macht hätten, Millionen von Menschen auf der anderen Seite der Welt zum Migrieren und zu so schrecklichem Leiden zu bringen. Tatsache ist, dass China Produkte für Märkte der ganzen Welt erzeugt, einschließlich des eigenen, aufgrund einer Kombination von Faktoren: seiner niedrigen Kosten, seiner großen und ausgebildeten Arbeiterschaft und dem flexiblen Fertigungssystem, das schnell auf die Nachfragen des Marktes reagiert. Während wir uns so sehr auf uns und unsere technischen Spielereien konzentrieren, haben wir die Individuen am anderen Ende in Unsichtbarkeit gestellt, als klein und austauschbar wie die Teile eines Mobiltelefons.
So, this simple narrative equating Western demand and Chinese suffering is appealing, especially at a time when many of us already feel guilty about our impact on the world, but it's also inaccurate and disrespectful. We must be peculiarly self-obsessed to imagine that we have the power to drive tens of millions of people on the other side of the world to migrate and suffer in such terrible ways. In fact, China makes goods for markets all over the world, including its own, thanks to a combination of factors: its low costs, its large and educated workforce, and a flexible manufacturing system that responds quickly to market demands. By focusing so much on ourselves and our gadgets, we have rendered the individuals on the other end into invisibility, as tiny and interchangeable as the parts of a mobile phone.
Chinesische Arbeiter werden nicht in Fabriken gedrängt wegen unserer unersättlichen Nachfrage nach iPods. Sie entscheiden sich bewusst zum Verlassen ihrer Häuser, um Geld zu verdienen, neue Fähigkeiten zu erlernen und um die Welt zu sehen. In der andauernden Debatte um die Globalisierung haben bislang die Stimmen der Arbeiter selbst gefehlt.
Chinese workers are not forced into factories because of our insatiable desire for iPods. They choose to leave their homes in order to earn money, to learn new skills, and to see the world. In the ongoing debate about globalization, what's been missing is the voices of the workers themselves.
Hier sind einige wenige.
Here are a few.
Bao Yongxiu: „Meine Mutter sagt mir, ich solle heimkommen und heiraten, aber wenn ich jetzt heirate, bevor ich mich ganz entwickelt habe, kann ich nur einen gewöhnlichen Arbeiter heiraten. Deshalb habe ich keine Eile."
Bao Yongxiu: "My mother tells me to come home and get married, but if I marry now, before I have fully developed myself, I can only marry an ordinary worker, so I'm not in a rush."
Chen Ying: „Wie ich zum Neujahrsfest heimkam, sagten alle, ich hätte mich verändert. Sie fragten mich, was ich getan hätte, um mich so sehr zu verändern? Ich sagte ihnen, dass ich studiert und gearbeitet hatte. Wenn man ihnen mehr sagte, würden sie es nicht verstehen."
Chen Ying: "When I went home for the new year, everyone said I had changed. They asked me, what did you do that you have changed so much? I told them that I studied and worked hard. If you tell them more, they won't understand anyway."
Wu Chunming: „Auch wenn ich viel Geld verdiene, macht es mich nicht glücklich." Nur Geld zu verdienen, ist nicht allein der Sinn des Lebens.
Wu Chunming: "Even if I make a lot of money, it won't satisfy me. Just to make money is not enough meaning in life."
Xiao Jin: „Jetzt, wenn ich von der Arbeit komme, lerne ich Englisch, weil unsere zukünftigen Kunden nicht mehr nur Chinesen sein werden, deshalb müssen wir mehr Sprachen lernen."
Xiao Jin: "Now, after I get off work, I study English, because in the future, our customers won't be only Chinese, so we must learn more languages."
All diese Sprecher sind übrigens junge Frauen, 18 oder 19 Jahre alt.
All of these speakers, by the way, are young women, 18 or 19 years old.
Ich verbrachte zwei Jahre, um Fließbandarbeiter kennenzulernen, wie diese in der südchinesischen Fabriksstadt namens Dongguan. Bestimmte Themen tauchten immer wieder auf: wie viel Geld sie verdienten, welchen Mann sie zu heiraten erhofften, ob sie in eine andere Fabrik überwechseln oder bleiben sollten. Andere Themen kamen fast nie auf. Dazu zählen die Lebensbedingungen, die aus meiner Sicht einem Gefängnis ähnelten: 10 oder 15 Arbeiter in einem Raum, 50 Menschen, die sich ein Badezimmer teilen, Tage und Nächte, die von der Fabriksuhr bestimmt werden. Alle, die sie kannten, lebten unter gleichen Umständen und es war immer noch besser als die Schlafsäle und Heime auf dem ländlichen China.
So I spent two years getting to know assembly line workers like these in the south China factory city called Dongguan. Certain subjects came up over and over: how much money they made, what kind of husband they hoped to marry, whether they should jump to another factory or stay where they were. Other subjects came up almost never, including living conditions that to me looked close to prison life: 10 or 15 workers in one room, 50 people sharing a single bathroom, days and nights ruled by the factory clock. Everyone they knew lived in similar circumstances, and it was still better than the dormitories and homes of rural China.
Die Arbeiter sprachen kaum über die Produkte, die sie herstellten, und es fiel ihnen oftmals sehr schwer zu beschreiben, was sie genau taten. Als ich die Frage an Lu Qingmin stellte, die junge Frau, die ich am besten kennenlernte, was sie genau in der Fabrikhalle mache, sagte sie etwas auf Chinesisch zu mir, das wie „qiu xi“ klang. Erst später erkannte ich, dass sie sagte "QC" oder auch Qualitätskontrolle. Sie konnte mir nicht einmal sagen, was sie in der Fabrikshalle machte. Sie konnte lediglich eine entstellte Abkürzung wiedergeben in einer Sprache, die sie nicht verstand.
The workers rarely spoke about the products they made, and they often had great difficulty explaining what exactly they did. When I asked Lu Qingmin, the young woman I got to know best, what exactly she did on the factory floor, she said something to me in Chinese that sounded like "qiu xi." Only much later did I realize that she had been saying "QC," or quality control. She couldn't even tell me what she did on the factory floor. All she could do was parrot a garbled abbreviation in a language she didn't even understand.
Karl Marx sah dies als die Tragik des Kapitalismus, die Verfremdung des Arbeiters vom Produkt seiner Arbeit. Nicht wie beispielsweise ein traditioneller Hersteller von Schuhen oder Kästen hat die Arbeiterin in einer industriellen Fabrik keine Kontrolle, keinen Spaß und keine wahre Befriedigung oder Einsicht in die eigene Arbeit. Aber wie so viele Theorien, auf die Marx kam, während er im Lesesaal des Britischen Museums saß, lag er auch mit dieser falsch. Nur weil eine Person ihre Zeit damit verbringt, ein Stück von etwas herzustellen, heißt das nicht, dass sie dazu wird, zu einem Stück von etwas. Was sie mit dem Geld tut, das sie verdient, was sie an diesem Ort lernt und wie es sie selbst verändert, das ist es, was für sie zählt. Es geht nie darum, was eine Fabrik herstellt, und die Arbeiter könnten sich auch nicht weniger darum scheren, wer ihre Produkte kauft.
Karl Marx saw this as the tragedy of capitalism, the alienation of the worker from the product of his labor. Unlike, say, a traditional maker of shoes or cabinets, the worker in an industrial factory has no control, no pleasure, and no true satisfaction or understanding in her own work. But like so many theories that Marx arrived at sitting in the reading room of the British Museum, he got this one wrong. Just because a person spends her time making a piece of something does not mean that she becomes that, a piece of something. What she does with the money she earns, what she learns in that place, and how it changes her, these are the things that matter. What a factory makes is never the point, and the workers could not care less who buys their products.
Der Journalismus über die Fabriken in China bauscht die Rolle dieser Beziehung zwischen Arbeitern und den Produkten, die sie herstellen, auf. In vielen Artikeln wird ausgerechnet: Wie lange muss ein Arbeiter arbeiten, um so viel Geld zu verdienen, dass er sich das kaufen kann, was er herstellt? Beispielsweise müsste ein Fließbandarbeiter der Einstiegsstufe in einer Fabrikanlage in China zweieinhalb Monatslöhne für ein iPhone berappen.
Journalistic coverage of Chinese factories, on the other hand, plays up this relationship between the workers and the products they make. Many articles calculate: How long would it take for this worker to work in order to earn enough money to buy what he's making? For example, an entry-level-line assembly line worker in China in an iPhone plant would have to shell out two and a half months' wages for an iPhone.
Aber wie sinnvoll ist diese Berechnung wirklich? Vor kurzem schrieb ich zum Beispiel einen Artikel im The New Yorker Magazin, aber ich kann mir keine Anzeige darin leisten. Aber wen kümmert es? Ich brauche keine Anzeige im The New Yorker, und die meisten dieser Arbeiter wollen auch nicht wirklich iPhones. Ihre Berechnungen sind anders. Wie lange sollte ich in dieser Fabrik bleiben? Wie viel Geld kann ich ansparen? Wie viel Zeit brauche ich, bis ich in der Lage bin, mir eine Wohnung oder ein Auto zu kaufen, zu heiraten oder meinem Kind die Schule zu bezahlen?
But how meaningful is this calculation, really? For example, I recently wrote an article in The New Yorker magazine, but I can't afford to buy an ad in it. But, who cares? I don't want an ad in The New Yorker, and most of these workers don't really want iPhones. Their calculations are different. How long should I stay in this factory? How much money can I save? How much will it take to buy an apartment or a car, to get married, or to put my child through school?
Die Arbeiter, die ich kennenlernte, hatten eine merkwürdig abstrakte Beziehung zum Produkt ihrer Arbeit. Circa ein Jahr, nachdem ich Lu Qingmin, auch Min, traf, lud sie mich in ihr Heimatdorf für das chinesische Neujahr ein. Auf der Fahrt mit dem Zug gab sie mir ein Geschenk: ein Portemonnaie der Marke Coach mit braunem Lederrand. Ich dankte ihr in der Annahme, es wäre ein Fake wie fast alles, das man in Dongguan kaufen kann. Nachdem wir zu ihr gekommen waren, gab Min ihrer Mutter ein weiteres Geschenk: eine pinke Dooney & Bourke Handtasche, und wenige Nächte später zeigte sich ihre Schwester mit einer kastanienbraunen Umhängetasche von LeSportsac. Langsam dämmerte es mir, dass diese Handtaschen von ihrer Fabrik gemacht wurden und jede einzelne ein Original war.
The workers I got to know had a curiously abstract relationship with the product of their labor. About a year after I met Lu Qingmin, or Min, she invited me home to her family village for the Chinese New Year. On the train home, she gave me a present: a Coach brand change purse with brown leather trim. I thanked her, assuming it was fake, like almost everything else for sale in Dongguan. After we got home, Min gave her mother another present: a pink Dooney & Bourke handbag, and a few nights later, her sister was showing off a maroon LeSportsac shoulder bag. Slowly it was dawning on me that these handbags were made by their factory, and every single one of them was authentic.
Mins Schwester sagte zu ihren Eltern: „In Amerika wird diese Tasche um 320 Dollar verkauft.“ Ihre Eltern, die Bauern waren, schauten sprachlos. „Und das ist noch nicht alles. — Coach kommt nun mit einer neuen Linie raus 2191“ sagte sie. „Eine Tasche wird dann 6.000 kosten.“ Sie pausierte und sagte: „Ich weiß nicht, ob das 6.000 Yuan oder 6.000 amerikanische Dollar sind, aber jedenfalls sind es 6.000.“ (Gelächter)
Min's sister said to her parents, "In America, this bag sells for 320 dollars." Her parents, who are both farmers, looked on, speechless. "And that's not all -- Coach is coming out with a new line, 2191," she said. "One bag will sell for 6,000." She paused and said, "I don't know if that's 6,000 yuan or 6,000 American dollars, but anyway, it's 6,000." (Laughter)
Der Freund von Mins Schwester, der mit ihr für das Neujahr nach Hause gereist war, sagte: „Es sieht nicht so wertvoll aus.“
Min's sister's boyfriend, who had traveled home with her for the new year, said, "It doesn't look like it's worth that much."
Mins Schwester drehte sich zu ihm um und sagte: „Manche verstehen das einfach. Du verstehst gar nichts.“
Min's sister turned to him and said, "Some people actually understand these things. You don't understand shit."
(Gelächter) (Applaus)
(Laughter) (Applause)
In Mins Welt hatten die Coach- Taschen einen merkwürdigen Wert. Sie waren zwar nicht wertlos, entsprachen aber bei weitem nicht dem aktuellen Wert, weil fast niemand, den sie kannten, eine solche kaufen wollte oder wusste, wieviel es wert war. Einmal, als ein Freund von Mins Schwester heiratete, brachte sie eine Handtasche als Hochzeitsgeschenk mit. Ein andermal, nachdem Min die Handtaschenfabrik bereits verlassen hatte, kam ihre jüngere Schwester zu Besuch und brachte zwei der bekannten Coach-Handtaschen mit.
In Min's world, the Coach bags had a curious currency. They weren't exactly worthless, but they were nothing close to the actual value, because almost no one they knew wanted to buy one, or knew how much it was worth. Once, when Min's older sister's friend got married, she brought a handbag along as a wedding present. Another time, after Min had already left the handbag factory, her younger sister came to visit, bringing two Coach Signature handbags as gifts.
Ich sah in die Tasche mit Reißverschluss und entdeckte eine bedruckte Karte auf Englisch, auf der stand: „Ein amerikanischer Klassiker. 1941 inspirierte die polierte Patina eines typisch amerikanischen Baseball-Handschuhs den Gründer von Coach zu einer neuen Handtaschenkollektion aus dem gleichen luxuriös weichem Leder der Handschuhe. Sechs begabte Lederverarbeiter stellten zwölf Vorzeigehandtaschen her, mit perfekten Proportionen und von zeitlosem Flair. Sie waren neu, funktional und Frauen überall bewunderten sie. Eine neue amerikanische klassische Ware war geboren."
I looked in the zippered pocket of one, and I found a printed card in English, which read, "An American classic. In 1941, the burnished patina of an all-American baseball glove inspired the founder of Coach to create a new collection of handbags from the same luxuriously soft gloved-hand leather. Six skilled leatherworkers crafted 12 Signature handbags with perfect proportions and a timeless flair. They were fresh, functional, and women everywhere adored them. A new American classic was born."
Ich frage mich, was Karl Marx wohl über Min und ihre Schwestern gesagt hätte. Deren Beziehung zu dem Produkt ihrer Arbeit war komplizierter, überraschender und lustiger, als er es sich hätte vorstellen können. Aber immer noch besteht seine Sicht der Welt und unsere Tendenz, Arbeiter als gesichtslose Masse zu sehen, und so fällt es uns schwer, uns ihr wirkliches Denken vorzustellen.
I wonder what Karl Marx would have made of Min and her sisters. Their relationship with the product of their labor was more complicated, surprising and funny than he could have imagined. And yet, his view of the world persists, and our tendency to see the workers as faceless masses, to imagine that we can know what they're really thinking.
Das erste Mal, als ich Min traf, war sie gerade 18 geworden und hatte ihren ersten Job am Fließband in einem Elektronikbetrieb gekündigt. Über die folgenden zwei Jahre sah ich, wie sie die Jobs fünf Mal wechselte und schließlich einen lukrativen Posten in der Verkaufsabteilung eines Hardwarebetriebes bekam. Daraufhin heiratete sie einen Wanderarbeiter, zog mit ihm in sein Dorf, gebar zwei Mädchen und sparte genug Geld, um einen gebrauchten Buick für sich und eine Wohnung für ihre Eltern zu kaufen. Sie kam vor kurzem nach Dongguan zurück, um eine Stelle in einer Fabrik für Baukräne anzunehmen und ließ ihren Mann und ihre Kinder vorübergehend im Dorf zurück.
The first time I met Min, she had just turned 18 and quit her first job on the assembly line of an electronics factory. Over the next two years, I watched as she switched jobs five times, eventually landing a lucrative post in the purchasing department of a hardware factory. Later, she married a fellow migrant worker, moved with him to his village, gave birth to two daughters, and saved enough money to buy a secondhand Buick for herself and an apartment for her parents. She recently returned to Dongguan on her own to take a job in a factory that makes construction cranes, temporarily leaving her husband and children back in the village.
Kürzlich erklärte sie mir in einer E-Mail: „Ein Mensch sollte einen gewissen Ehrgeiz in der Jugend haben, damit man im Alter zurückschauen kann auf das eigene Leben und nicht das Gefühl bekommt, ohne Sinn und Zweck gelebt zu haben."
In a recent email to me, she explained, "A person should have some ambition while she is young so that in old age she can look back on her life and feel that it was not lived to no purpose."
In ganz China gibt es 150 Millionen Arbeiter wie sie, ein Drittel sind Frauen, die ihre Dörfer verlassen haben, um in Fabriken, Hotels, Restaurants und Baustellen der großen Städte zu arbeiten. Zusammengenommen bilden sie die größte Migrationsbewegung der Menschheitsgeschichte, und das ist Globalisierung. Diese Kette beginnt in einem chinesischen Bauerndorf und führt schließlich zu iPhones in unseren Taschen und Nike-Schuhen an unseren Füßen und Coach-Handtaschen an unseren Armen, und das hat die Weise verändert, wie diese Millionen von Menschen arbeiten, heiraten, leben und denken. Nur wenige von ihnen würden so leben wollen, wie es früher war.
Across China, there are 150 million workers like her, one third of them women, who have left their villages to work in the factories, the hotels, the restaurants and the construction sites of the big cities. Together, they make up the largest migration in history, and it is globalization, this chain that begins in a Chinese farming village and ends with iPhones in our pockets and Nikes on our feet and Coach handbags on our arms that has changed the way these millions of people work and marry and live and think. Very few of them would want to go back to the way things used to be.
Als ich das erste Mal nach Dongguan kam, war ich besorgt, wie erdrückend es sein könnte, mit Arbeitern so viel Zeit zu verbringen. Mich beunruhigte ebenso, dass mit ihnen nichts passieren würde oder dass sie mir nichts zu sagen hätten. Stattdessen traf ich junge Frauen an, die klug und witzig, sowie mutig und großzügig waren. Indem sie mir ihr Leben eröffneten, lehrten sie mich auch viel über Fabriken und über China und darüber, wie man in der Welt leben sollte.
When I first went to Dongguan, I worried that it would be depressing to spend so much time with workers. I also worried that nothing would ever happen to them, or that they would have nothing to say to me. Instead, I found young women who were smart and funny and brave and generous. By opening up their lives to me, they taught me so much about factories and about China and about how to live in the world.
Das ist das Coach-Portemonnaie, das Min mir auf dem Heimweg zu ihrer Familie im Zug gab. Ich trage es mit mir herum, um mich selbst an die Bande zu erinnern, die mich mit den jungen Frauen verbinden, über die ich schreibe. Bande, die nicht ökonomischer, sondern persönlicher Natur sind, nicht an Geld, sondern an Erinnerungen gemessen. Diese Geldbörse ist auch eine Erinnerung dafür, dass die Dinge, die Sie sich vorstellen, während Sie im Büro oder in der Bibliothek sind, nicht dem entsprechen, was Sie vorfinden, wenn Sie in die Welt hinausgehen.
This is the Coach purse that Min gave me on the train home to visit her family. I keep it with me to remind me of the ties that tie me to the young women I wrote about, ties that are not economic but personal in nature, measured not in money but in memories. This purse is also a reminder that the things that you imagine, sitting in your office or in the library, are not how you find them when you actually go out into the world.
Danke. (Applaus) (Applaus)
Thank you. (Applause) (Applause)
Chris Anderson: Danke Ihnen, Leslie, das war eine Einsicht, die viele von uns zuvor nicht hatten. Aber ich bin neugierig. Wenn Sie, sagen wir, eine Minute mit dem Fertigungsleiter von Apple hätten, was würden Sie sagen?
Chris Anderson: Thank you, Leslie, that was an insight that a lot of us haven't had before. But I'm curious. If you had a minute, say, with Apple's head of manufacturing, what would you say?
Leslie Chang: Eine Minute?
Leslie Chang: One minute?
CA: Eine Minute. (Gelächter)
CA: One minute. (Laughter)
LC: Wissen Sie, was mich an den Arbeitern wirklich erstaunte, war, wie motiviert, ehrgeizig und einfallsreich sie waren und die Sache, die mich wie ein Schlag traf, war, dass sie am meisten nach Bildung streben, danach zu lernen, denn viele von ihnen kommen aus sehr ärmlichen Verhältnissen. Normalerweise gingen sie während der 7. oder 8. Klasse von der Schule ab. Meist sind ihre Eltern Analphabeten, und dann kommen sie in die Stadt und ganz auf eigene Faust nehmen sie nachts oder über die Wochenenden Computerunterricht. Sie belegen Englischunterricht und lernen wirklich einfache Dinge, beispielsweise, wie man ein Word-Dokument schreibt oder wie man sehr einfache Sachen auf Englisch sagt. Also, wenn Sie diesen Arbeitern wirklich helfen wollen, initiieren Sie solche kleinen, konzentrierten und sehr pragmatischen Kurse an diesen Schulen, und dann passiert eins: all eure Arbeiter werden weiterziehen, aber hoffentlich bei größeren Jobs von Apple ankommen. Außerdem können Sie ihre soziale Mobilität unterstützen und ihre persönliche Entwicklung. Wenn Sie mit Arbeitern sprechen, ist es genau das, was sie wollen. Sie sagen nicht: „Ich möchte besseres Warmwasser in den Duschen. Ich möchte ein schöneres Zimmer. Ich möchte einen Fernseher." Ich meine, diese Dinge sind natürlich gut zu haben, doch es ist nicht der Grund, weshalb sie in der Stadt leben, und sie kümmern sich auch nicht darum.
LC: You know, what really impressed me about the workers is how much they're self-motivated, self-driven, resourceful, and the thing that struck me, what they want most is education, to learn, because most of them come from very poor backgrounds. They usually left school when they were in 7th or 8th grade. Their parents are often illiterate, and then they come to the city, and they, on their own, at night, during the weekends, they'll take a computer class, they'll take an English class, and learn really, really rudimentary things, you know, like how to type a document in Word, or how to say really simple things in English. So, if you really want to help these workers, start these small, very focused, very pragmatic classes in these schools, and what's going to happen is, all your workers are going to move on, but hopefully they'll move on into higher jobs within Apple, and you can help their social mobility and their self-improvement. When you talk to workers, that's what they want. They do not say, "I want better hot water in the showers. I want a nicer room. I want a TV set." I mean, it would be nice to have those things, but that's not why they're in the city, and that's not what they care about.
CA: Gab es einen Unterton in deren Erzählungen, dass es auch schwierig und hart war, oder waren ihre Erzählungen durch eine Art von Wachstum gekennzeichnet, dass sich alles über die Zeit zum Besseren entwickelt.
CA: Was there a sense from them of a narrative that things were kind of tough and bad, or was there a narrative of some kind of level of growth, that things over time were getting better?
LC: Definitiv ja. Ich meine, es war interessant, weil ich zwei Jahre im Wesentlichen in der Stadt von Dongguan verbrachte, und über diese Zeit konnte man den immensen Wandel im Leben jeder Person sehen: aufwärts, abwärts, seitwärts, aber generell aufwärts. Wenn Sie genug Zeit investieren, dann ist es aufwärts und ich habe Menschen getroffen, die vor zehn Jahren in die Stadt gezogen sind und nun prinzipiell zur städtischen Mittelklasse gehören. Demnach geht die Kurve definitiv nach oben. Es ist nur schwer zu sehen, wenn Sie plötzlich in die Stadt eingesaugt werden. Dann sieht es aus, als wäre jeder arm und verzweifelt, aber das trifft nicht zu. Natürlich sind die Arbeitsbedingungen der Fabriken hart und das ist nichts, wo Sie oder ich arbeiten wollen würden, aber aus deren Sicht, woher sie kommen, ist es viel schlimmer und wohin sie gehen, ist es hoffentlich viel besser und ich wollte nur den Kontext ihres Verstehenshorizontes vermitteln, und nicht was es für uns bedeutet.
LC: Oh definitely, definitely. I mean, you know, it was interesting, because I spent basically two years hanging out in this city, Dongguan, and over that time, you could see immense change in every person's life: upward, downward, sideways, but generally upward. If you spend enough time, it's upward, and I met people who had moved to the city 10 years ago, and who are now basically urban middle class people, so the trajectory is definitely upward. It's just hard to see when you're suddenly sucked into the city. It looks like everyone's poor and desperate, but that's not really how it is. Certainly, the factory conditions are really tough, and it's nothing you or I would want to do, but from their perspective, where they're coming from is much worse, and where they're going is hopefully much better, and I just wanted to give that context of what's going on in their minds, not what necessarily is going on in yours.
CA: Vielen Dank für Ihren Vortrag. Danke Ihnen vielmals. (Applaus)
CA: Thanks so much for your talk. Thank you very much. (Applause)