Als ich etwa zehn war, entdeckte ich eines Tages eine Kiste mit alten Sachen von meinem Vater. Unter einem Haufen alter College-Bücher war eine schwarze Schlaghose aus Cord. Diese Hose war schrecklich, muffig und von Motten zerfressen. Natürlich verliebte ich mich sofort in sie. Ich sah so etwas zum ersten Mal. Bis zu jenem Tag kannte ich nur meine Schuluniform. Dafür war ich eigentlich sehr dankbar. Ich wusste nämlich schon früh, dass ich irgendwie anders war. Ich war nicht wie andere Jungs in meinem Alter. Ich war eine Niete in Sport und der wahrscheinlich unmännlichste Junge überhaupt.
I was around 10 when one day, I discovered a box of my father's old things. In it, under a bunch of his college textbooks, was a pair of black corduroy bell-bottom pants. These pants were awful -- musty and moth-eaten. And of course, I fell in love with them. I'd never seen anything like them. Until that day, all I'd ever known and worn was my school uniform, which, in fact, I was pretty grateful for, because from quite a young age, I'd realized I was somewhat different. I'd never been one of the boys my age; terrible at sports, possibly the unmanliest little boy ever.
(Lachen)
(Laughter)
Dafür wurde ich ganz schön gemobbt. Um zu überleben, musste ich unsichtbar sein, und die Unform half mir dabei, wie alle anderen Kinder auszusehen.
I was bullied quite a bit. And so, I figured that to survive I would be invisible, and the uniform helped me to seem no different from any other child.
(Lachen)
(Laughter)
Naja, fast. Ich betete täglich: "Gott, bitte mach, dass ich wie alle anderen bin." Ich glaube, das landete direkt auf seiner Mailbox.
Well, almost. This became my daily prayer: "God, please make me just like everybody else." I think this went straight to God's voicemail, though.
(Lachen)
(Laughter)
Dann war irgendwann klar, dass ich nicht der Sohn sein würde, den sich mein Vater immer gewünscht hatte. Tut mir leid, Dad.
And eventually, it became pretty clear that I was not growing up to be the son that my father always wanted. Sorry, Dad.
Nein, ich würde mich nicht auf magische Weise ändern. Irgendwann wusste ich auch gar nicht mehr, ob ich das überhaupt noch wollte. Denn als ich an jenem Tag die schwarze Cord-Schlaghose fand, da passierte etwas. Ich sah keine Hose, ich sah eine Chance. Am nächsten Tag musste ich sie unbedingt zur Schule tragen. Als ich diese schreckliche Hose anhatte und fest zumachte, wurde ich automatisch zum Angeber.
No, I was not going to magically change. And over time, I grew less and less sure that I actually wanted to. Therefore, the day those black corduroy bell-bottom pants came into my life, something happened. I didn't see pants; I saw opportunity. The very next day, I had to wear them to school, come what may. And once I pulled on those god-awful pants and belted them tight, almost instantly, I developed what can only be called a swagger.
(Lachen)
(Laughter)
Auf dem Weg zur Schule und zurück, denn ich wurde sofort wieder zurückgeschickt,
All the way to school, and then all the way back because I was sent home at once --
(Lachen)
(Laughter)
verwandelte ich mich in einen kleinen, braunen Rockstar.
I transformed into a little brown rock star.
(Lachen)
(Laughter)
Es war mir endlich egal, anders zu sein. An jenem Tag feierte ich es. An jenem Tag wollte ich nicht unsichtbar sein, ich entschied mich für die Blicke, weil ich einfach etwas Anderes trug. An jenem Tag entdeckte ich die Macht der Kleidung. An jenem Tag entdeckte ich die Macht der Mode. Seitdem liebe ich sie.
I finally didn't care anymore that I could not conform. That day, I was suddenly celebrating it. That day, instead of being invisible, I chose to be looked at, just by wearing something different. That day, I discovered the power of what we wear. That day, I discovered the power of fashion, and I've been in love with it ever since.
Mode kann über unsere Unterschiede für uns zur Welt sprechen. Diese einfache Wahrheit zeigte mir, dass wir uns für diese Unterschiede nicht mehr schämen sollten. Sie wurden zum Ausdruck unerer einzigartigen Identitäten. Wir sollten uns ausdrücken und alles tragen dürfen. Was kann im schlimmsten Fall passieren? Erwischt dich die Mode-Polizei, weil du was von letztem Jahr trägst?
Fashion can communicate our differences to the world for us. And with this simple act of truth, I realized that these differences -- they stopped being our shame. They became our expressions, expressions of our very unique identities. And we should express ourselves, wear what we want. What's the worst that could happen? The fashion police are going to get you for being so last season?
(Lachen)
(Laughter)
Sicher. Außer die Mode-Polizei meint etwas ganz anderes. Nobelpreisträgerin Malala überlebte das Attentat extremistischer Taliban. Das war im Oktober 2012. Im Oktober 2017 hatte sie allerdings einen ganz anderen Feind. Internet-Trolle griffen ein Foto an, auf dem die 20-Jährige eine Jeans trägt. Die Kommentare, der Hass ihr gegenüber, reichten von: "Wann legt sie wohl das Kopftuch ab?", bishin zu, ich zitiere: "Deswegen hat sie damals die Kugel direkt in den Kopf bekommen." Wenn die meisten von uns eine Jeans anziehen, in Städten wie New York, London, Mailand oder Paris, denken wir wahrscheinlich nicht daran, dass es ein Privileg ist, etwas, das irgendwo anders Konsequenzen haben könnte, etwas, das uns irgendwann genommen werden könnte.
Yeah. Well, unless the fashion police meant something entirely different. Nobel Prize laureate Malala survived Taliban extremists in October 2012. However, in October 2017, she faced a different enemy, when online trolls viciously attacked the photograph that showed the 20-year-old wearing jeans that day. The comments, the hatred she received, ranged from "How long before the scarf comes off?" to, and I quote, "That's the reason the bullet directly targeted her head a long time ago." Now, when most of us decide to wear a pair of jeans someplace like New York, London, Milan, Paris, we possibly don't stop to think that it's a privilege; something that somewhere else can have consequences, something that can one day be taken away from us.
Meine Großmutter war eine Frau, die großen Spaß hatte, sich herzurichten. Ihre Kleidung war bunt. Diese Farben waren wahrscheinlich das Einzige, bei dem es nur um sie ging, auf das sie Einfluss hatte. Denn so wie die meisten indischen Frauen ihrer Generation hatte sie nicht fliehen können vor den Bräuchen und Traditionen. Sie wurde mit 17 verheiratet. Als eines Tages mein Großvater nach 65 Ehejahren plötzlich starb, war ihr Verlust unerträglich. Doch an jenem Tag verlor sie auch noch etwas Anderes, ihre einzige Freude: ihre bunte Kleidung. In Indien ist es üblich, dass verwitwete Hindu-Frauen nur noch Weiß tragen dürfen, wenn der Ehemann stirbt. Niemand zwang meine Großmutter dazu. Doch alle verwitweten Frauen in ihrem Umfeld, selbst ihre eigene Mutter, hatten es so gemacht. Diese Unterdrückung war so verinnerlicht, sie saß so tief, dass sie selbst eine eigene Entscheidung ablehnte. Sie ist dieses Jahr gestorben und trug bis zu diesem Tag nur Weiß.
My grandmother was a woman who took extraordinary pleasure in dressing up. Her fashion was colorful. And the color she loved to wear so much was possibly the only thing that was truly about her, the one thing she had agency over, because like most other women of her generation in India, she'd never been allowed to exist beyond what was dictated by custom and tradition. She'd been married at 17, and after 65 years of marriage, when my grandfather died suddenly one day, her loss was unbearable. But that day, she was going to lose something else as well, the one joy she had: to wear color. In India, according to custom, when a Hindu woman becomes a widow, all she's allowed to wear is white from the day of the death of her husband. No one made my grandmother wear white. However, every woman she'd known who had outlived her husband, including her mother, had done it. This oppression was so internalized, so deep-rooted, that she herself refused a choice. She passed away this year, and until the day she died, she continued to wear only white.
Ich habe ein Bild mit ihr von früher, aus einer glücklicheren Zeit. Man kann nicht wirklich sehen, welche Farbe sie trägt, weil es ein Schwarz-Weiß-Bild ist. Aber ihr Lächeln zeigt, dass es bunt gewesen sein muss. Das macht also Mode auch. Sie kann uns mit Freude erfüllen, die Freude über die Freiheit, unsere Kleidung selbst zu bestimmen, unser Aussehen und unseren Lebensstil. Eine Freiheit, für die es sich zu kämpfen lohnt. Kampf um Freiheit und Protest kann viele Formen annehemen.
I have a photograph with her from earlier, happier times. In it, you can't really see what she's wearing -- the photo is in black and white. However, from the way she's smiling in it, you just know she's wearing color. This is also what fashion can do. It has the power to fill us with joy, the joy of freedom to choose for ourselves how we want to look, how we want to live -- a freedom worth fighting for. And fighting for freedom, protest, comes in many forms.
Tausende von Witwen wie meine Großmutter leben in einer Stadt namens Vrindavan. Seit Jahrhunderten sieht man dort nur weiß. Doch im Jahr 2013 haben die Witwen in Vrindavan angefangen, Holi zu feiern, das indische Fest der Farben, von dem sie zuvor ausgeschlossen waren. An diesem einen Tag im März nehmen die Frauen den traditionellen bunten Puder und färben sich gegenseitig. Sie werfen den Puder mit den Händen in die Luft und ihre weißen Saris werden langsam mit Farbe bedeckt. Sie hören erst damit auf, wenn sie komplett bedeckt sind, in allen Farben des Regenbogens, die ihnen sonst verwehrt sind. Die Farbe geht am nächsten Tag raus, aber für genau diesen einen Moment brechen sie mit der Tradition. Dieser Bruch, jede Art von Kontroverse, kann die erste Kampfansage gegen die Unterdrückung sein. Und Mode, Mode kann visuell etwas für uns brechen und buchstäblich auch etwas auf uns selbst.
Widows in India like my grandmother, thousands of them, live in a city called Vrindavan. And so, it's been a sea of white for centuries. However, only as recently as 2013, the widows of Vrindavan have started to celebrate Holi, the Indian festival of color, which they are prohibited from participating in. On this one day in March, these women take the traditional colored powder of the festival and color each other. With every handful of the powder they throw into the air, their white saris slowly start to suffuse with color. And they don't stop until they're completely covered in every hue of the rainbow that's forbidden to them. The color washes off the next day, however, for that moment in time, it's their beautiful disruption. This disruption, any kind of dissonance, can be the first gauntlet we throw down in a battle against oppression. And fashion -- it can create visual disruption for us -- on us, literally.
Gelehrt wurde uns Trotz von den größten Mode-Revolutionären: den Designern. Jean Paul Gaultier zeigte uns, dass Frauen Könige sein können. Thom Browne lehrte uns, dass Männer hohe Schuhe tragen können. Und in Alexander McQueens Frühjahrs-Show im Jahr 1999 gab es zwei riesige Roboterarme in der Mitte des Laufstegs. Als sich das Model Shalom Harlow zwischen ihnen drehte, da begannen diese zwei riesigen Arme -- erst sanft und dann immer heftiger -- sie mit Farbe zu besprühen. Bevor sich McQueen das Leben nahm, hat er uns gelehrt, dass unser Körper eine Leinwand ist. Eine Leinwand, die wir allein bemalen, wie wir es wollen.
Lessons of defiance have always been taught by fashion's great revolutionaries: its designers. Jean Paul Gaultier taught us that women can be kings. Thom Browne -- he taught us that men can wear heels. And Alexander McQueen, in his spring 1999 show, had two giant robotic arms in the middle of his runway. And as the model, Shalom Harlow began to spin in between them, these two giant arms -- furtively at first and then furiously, began to spray color onto her. McQueen, thus, before he took his own life, taught us that this body of ours is a canvas, a canvas we get to paint however we want.
Ein anderer Modeliebhaber war Karar Nushi, ein Student und Schauspieler aus dem Irak. Er liebte lebendige, bunt gemischte Kleidung. Allerdings bekam er dafür bald Morddrohungen. Es ließ ihn kalt. Er blieb weiterhin fabelhaft, bis Karar im Juli 2017 tot auf einer belebten Straße in Bagdad gefunden wurde. Man hatte ihn entführt. Man hatte ihn gefoltert. Augenzeugen berichten von zahlreichen Wunden am Körper. Stichwunden.
Somebody who loved this world of fashion was Karar Nushi. He was a student and actor from Iraq. He loved his vibrant, eclectic clothes. However, he soon started receiving death threats for how he looked. He remained unfazed. He remained fabulous, until July 2017, when Karar was discovered dead on a busy street in Baghdad. He'd been kidnapped. He'd been tortured. And eyewitnesses say that his body showed multiple wounds. Stab wounds.
Über 3000 km entfernt in Peshawar wurde Transgender-Aktivistin Alisha im Mai 2016 mehrfach angeschossen. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht, aber weil sie Frauenkleidung trug, wurde ihr die Aufnahme als Mann und als Frau verwehrt. Manchmal kann unsere Kleiderwahl wortwörtlich Leben oder Tod bedeuten. Selbst nach dem Tod haben wir manchmal keine Wahl. Alisha starb an jenem Tag, sie wurde als Mann begraben.
Two thousand miles away in Peshawar, Pakistani transgender activist Alisha was shot multiple times in May 2016. She was taken to the hospital, but because she dressed in women's clothing, she was refused access to either the men's or the women's wards. What we choose to wear can sometimes be literally life and death. And even in death, we sometimes don't get to choose. Alisha died that day and then was buried as a man.
Was für eine Welt ist das? Eine, in der Angst zu haben normal ist, Angst vor dieser Überwachung, dieser Gewalt gegen unsere Körper und was wir an ihnen tragen. Eine viel größere Angst ist aber, dass wenn wir aufgeben, uns anpassen, einer nach dem anderen langsam verschwinden, je normaler dieser falsche Konformismus aussieht, desto weniger wird uns die Unterdrückung schocken.
What kind of world is this? Well, it's one in which it's natural to be afraid, to be frightened of this surveillance, this violence against our bodies and what we wear on them. However, the greater fear is that once we surrender, blend in and begin to disappear one after the other, the more normal this false conformity will look, the less shocking this oppression will feel.
Für unsere heute aufwachsenden Kinder kann die Ungerechtigkeit von heute morgen schon Alltag sein. Sie werden sich daran gewöhnen und selbst damit anfangen, Anderssein als etwas Schlechtes zu sehen. Als etwas, das Hass verdient, das ausgelöscht werden muss, wie Lichter, eins nach dem anderen, bis wir ganz im Dunkeln leben. Wenn ich aber heute und Sie morgen und noch mehr von uns irgendwann, wenn wir festhalten an dem Recht, wie wir selbst auszusehen, dann werden wir in einer Welt, die gewaltsam getüncht wurde, zu Farbstichen, die durch das Gewebe brechen wie die Witwen aus Vrindavan.
For the children we are raising, the injustice of today could become the ordinary of tomorrow. They'll get used to this, and they, too, might begin to see anything different as dirty, something to be hated, something to be extinguished, like lights to be put out, one by one, until darkness becomes a way of life. However, if I today, then you tomorrow, maybe even more of us someday, if we embrace our right to look like ourselves, then in the world that's been violently whitewashed, we will become the pinpricks of color pushing through, much like those widows of Vrindavan.
Wenn wir eine so große Menge sind, wie sollen die Fadenkreuze dann Karar ausmachen oder Malala oder Alisha? Töten sie uns dann alle?
How then, with so many of us, will the crosshairs of a gun be able to pick out Karar, Malala, Alisha? Can they kill us all?
Es ist an der Zeit, aufzustehen und aufzufallen. Wo Gleichheit Sicherheit bedeutet, können wir mit etwas so einfachem wie unserer Kleidung die Blicke auf uns ziehen und zeigen, dass es auf dieser Welt Unterschiede gibt und immer geben wird. Gewöhnt euch dran. Dafür brauchen wir keine Worte. Mode verleiht uns eine Gegenstimme. Mode macht uns Mut. Mode lässt uns diesen Mut buchstäblich am Ärmel tragen. Also tragt Mut. Wie eine Rüstung. Weil er wichtig ist. Und tragen Sie ihn, weil Sie wichtig sind.
The time is now to stand up, to stand out. Where sameness is safeness, with something as simple as what we wear, we can draw every eye to ourselves to say that there are differences in this world, and there always will be. Get used to it. And this we can say without a single word. Fashion can give us a language for dissent. It can give us courage. Fashion can let us literally wear our courage on our sleeves. So wear it. Wear it like armor. Wear it because it matters. And wear it because you matter.
Danke.
Thank you.
(Applaus)
(Applause)