Konnte ich meinen Vater mit einem Küchenmesser vor der Bewaffneten Islamischen Gruppe schützen? Diese Frage ging mir an jenem Dienstagmorgen im Juni 1993 durch den Kopf, als ich noch Jurastudentin war.
Could I protect my father from the Armed Islamic Group with a paring knife? That was the question I faced one Tuesday morning in June of 1993, when I was a law student.
An besagtem Morgen wurde ich in der Wohnung meines Vaters am Rande Algiers, Algerien, von einem unaufhörlichen Pochen an der Eingangstür geweckt. Es war in jener Zeit, in der -- wie eine lokale Zeitung schrieb -- jeden Dienstag ein Akademiker durch die Kugeln fundamentalistischer Attentäter ums Leben kam. Weil mein Vater die Lehren Darwins an der Universität unterrichtete, hatte er bereits in der Uni Besuch vom Oberhaupt der sog. Islamischen Heilsfront bekommen, der ihm vorwarf, Biologismus zu propagieren, bevor mein Vater den Mann hinauswarf. Wer auch immer jetzt da draußen war, würde sich weder zu erkennen geben noch weggehen. Also versuchte mein Vater die Polizei zu erreichen, aber vielleicht entsetzt durch den flutartigen Anstieg des bewaffneten Extremismus, der schon das Leben so vieler Polizisten gefordert hatte, hoben sie nicht einmal ab. In diesem Moment ging ich in die Küche, holte ein Messer und stellte mich in den Eingang. Es war eigentlich lächerlich, aber mir fiel nichts Besseres ein, und so stand ich da.
I woke up early that morning in Dad's apartment on the outskirts of Algiers, Algeria, to an unrelenting pounding on the front door. It was a season as described by a local paper when every Tuesday a scholar fell to the bullets of fundamentalist assassins. My father's university teaching of Darwin had already provoked a classroom visit from the head of the so-called Islamic Salvation Front, who denounced Dad as an advocate of biologism before Dad had ejected the man, and now whoever was outside would neither identify himself nor go away. So my father tried to get the police on the phone, but perhaps terrified by the rising tide of armed extremism that had already claimed the lives of so many Algerian officers, they didn't even answer. And that was when I went to the kitchen, got out a paring knife, and took up a position inside the entryway. It was a ridiculous thing to do, really, but I couldn't think of anything else, and so there I stood.
Im Rückblick war das vermutlich der Moment, der den Weg für mich bereitet hat, ein Buch mit dem Titel zu schreiben: "Deine Fatwa gilt hier nicht: Unerzählte Geschichten vom Kampf gegen den islamischen Fundamentalismus." Der Titel basiert auf einem pakistanischen Theaterstück. Ich glaube, es war genau der Moment, der mich dazu bewegte, auf Reisen zu gehen und 300 Menschen muslimischer Herkunft aus fast 30 Ländern, von Afghanistan bis Mali, zu befragen, wie sie den Fundamentalismus friedlich bekämpfen, wie mein Vater es tat, und wie sie mit dem ständigen Risiko umgingen.
When I look back now, I think that that was the moment that set me on the path was to writing a book called "Your Fatwa Does Not Apply Here: Untold Stories from the Fight Against Muslim Fundamentalism." The title comes from a Pakistani play. I think it was actually that moment that sent me on the journey to interview 300 people of Muslim heritage from nearly 30 countries, from Afghanistan to Mali, to find out how they fought fundamentalism peacefully like my father did, and how they coped with the attendant risks.
Damals im Juni 1993 ging der Unbekannte zum Glück weg, aber andere Familien hatten viel weniger Glück und dieser Gedanke bewegte mich weiterzuforschen. Ein paar Monate später kehrte jemand zurück und hinterließ eine Notiz auf dem Küchentisch meines Vaters, auf der nur stand: "Du bist bereits tot." Daraufhin brachten Algeriens bewaffnete fundamentalistische Gruppen nicht weniger als 200 000 Zivilisten um, was in die Geschichte als das dunkle Jahrzehnt der 1990er einging. Auch jede dieser Frauen, die Sie hier sehen, wurde ermordet.
Luckily, back in June of 1993, our unidentified visitor went away, but other families were so much less lucky, and that was the thought that motivated my research. In any case, someone would return a few months later and leave a note on Dad's kitchen table, which simply said, "Consider yourself dead." Subsequently, Algeria's fundamentalist armed groups would murder as many as 200,000 civilians in what came to be known as the dark decade of the 1990s, including every single one of the women that you see here.
Die brutale Antwort des Staates darauf bestand in Folter und erzwungenem Verschwinden, und trotz des Schreckens dieser Ereignisse wurden sie von der internationalen Gemeinschaft größtenteils ignoriert. Schließlich wurde mein Vater -- Sohn eines Bauern, der Professor wurde -- dazu gezwungen, die Universität zu verlassen und aus seiner Wohnung zu fliehen, aber ich werde nie vergessen, dass Mahfoud Bennoune, mein Vater, wie so viele andere algerische Intellektuelle, sich weigerte, das Land zu verlassen, und weiterhin scharfe Kritik übte, sowohl an den Fundamentalisten als auch manchmal an der Regierung, die sie bekämpften. So wie im Jahre 1994 in der Novemberausgabe der Zeitung "El Watan", in dem Artikel mit dem Titel: "Wie Fundamentalismus einen noch nie dagewesenen Terrorismus hervorbringt", in dem er die radikalen Terroristen, wie er sie nannte, beschuldigte, mit dem wahren Islam, wie ihn unsere Vorfahren gelebt haben, zu brechen. Für solche Worte konnte man getötet werden.
In its harsh counterterrorist response, the state resorted to torture and to forced disappearances, and as terrible as all of these events became, the international community largely ignored them. Finally, my father, an Algerian peasant's son turned professor, was forced to stop teaching at the university and to flee his apartment, but what I will never forget about Mahfoud Bennoune, my dad, was that like so many other Algerian intellectuals, he refused to leave the country and he continued to publish pointed criticisms, both of the fundamentalists and sometimes of the government they battled. For example, in a November 1994 series in the newspaper El Watan entitled "How Fundamentalism Produced a Terrorism without Precedent," he denounced what he called the terrorists' radical break with the true Islam as it was lived by our ancestors. These were words that could get you killed.
In diesem dunklen Jahrzeht der 1990er hat mich das Land meines Vaters gelehrt, dass der Kampf des Volkes gegen den islamischen Fundamentalismus einer der wichtigsten und weltweit einer der am wenig beachtetsten Menschenrechtskämpfe ist. Das gilt auch heute noch, nach fast 20 Jahren. In jedem Land, in dem befaffnete Dschihadisten auf Zivilisten zielen, gibt es auch unbewaffnete Menschen, von denen man nichts hört, die den Militanten trotzen, und diese Leute brauchen unsere Unterstützung, um erfolgreich zu sein.
My father's country taught me in that dark decade of the 1990s that the popular struggle against Muslim fundamentalism is one of the most important and overlooked human rights struggles in the world. This remains true today, nearly 20 years later. You see, in every country where you hear about armed jihadis targeting civilians, there are also unarmed people defying those militants that you don't hear about, and those people need our support to succeed.
Im Westen herrscht oft die Annahme, dass Muslime Terrorismus gemeinhin billigen. Einige Rechtspopulisten glauben dies, weil in ihren Augen die Kultur des Islams von Natur aus gewaltsam ist, und einige Linkspopulisten glauben dies, weil sie die muslimische Gewalt, fundamentalistische Gewalt, allein als Resultat tatsächlicher Missstände sehen. Aber beide Ansichten sind kompletter Unsinn. In Wirklichkeit sind viele Menschen muslimischer Herkunft weltweit entschiedene Gegner sowohl des Fundamentalismus als auch des Terrorismus, und oft aus sehr gutem Grund. Man muss nämlich wissen, dass sie viel öfter Opfer als Täter dieser Gewalt sind. Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel nennen. 2009 ergab eine Auswertung arabischsprachiger Medien, dass zwischen 2004 und 2008 höchstens 15 % der al-Qaida-Opfer aus dem Westen kamen. Es ist immer noch eine hohe Zahl, aber die allermeisten Opfer waren muslimischer Herkunft, getötet von muslimischen Fundamentalisten.
In the West, it's often assumed that Muslims generally condone terrorism. Some on the right think this because they view Muslim culture as inherently violent, and some on the left imagine this because they view Muslim violence, fundamentalist violence, solely as a product of legitimate grievances. But both views are dead wrong. In fact, many people of Muslim heritage around the world are staunch opponents both of fundamentalism and of terrorism, and often for very good reason. You see, they're much more likely to be victims of this violence than its perpetrators. Let me just give you one example. According to a 2009 survey of Arabic language media resources, between 2004 and 2008, no more than 15 percent of al Qaeda's victims were Westerners. That's a terrible toll, but the vast majority were people of Muslim heritage, killed by Muslim fundamentalists.
Nun habe ich fünf Minuten damit verbracht, über Fundamentalismus zu reden, und möchte Ihnen nun erklären, was ich genau damit meine. Ich zitiere dazu die Definition der algerischen Soziologin Mariemme Helie Lucas. Sie sagt, dass Fundamentalismen -- beachten Sie den Plural: also innerhalb aller Weltreligionen -- "Fundamentalismen sind rechtsextreme politische Bewegungen, die im Rahmen der Globalisierung Religion manipulieren, um ihre politischen Ziele zu erreichen." Sadia Abbas nennt es die radikale Politisierung der Theologie. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass es da draußen einen einzigen islamischen Fundamentalismus gibt, der überall gleich ist. Denn diese Strömungen können unterschiedlich sein. Manche davon wenden Gewalt an und befürworten diese; manche nicht, obwohl es oft einen Zusammenhang gibt. Sie treten in unterschiedlichen Formen auf. Einige sind nicht-staatliche Organisationen, wie die "Cageprisoners" hier in Großbritannien. Andere werden zu politischen Parteien, wie die Muslimbrüder, wieder andere zeigen sich offen als bewaffnete Gruppen, wie die Taliban. Doch es handelt sich jedesmal um radikale Projekte. Es sind keine konservativen oder traditionelle Herangehensweisen. Meist geht es darum, die Beziehung der Menschen zum Islam zu verändern und nicht zu bewahren. Ich spreche hier vom islamischen Rechtsextremismus und die Tatsache, dass die Anhänger muslimisch sind oder es behaupten zu sein, macht ihn nicht weniger abstoßend als den Rechtsextremismus anderswo. Wenn wir uns also dem liberalen oder linken Lager zuordnen, für die Menschenrechte oder den Feminismus eintreten, dann müssen wir diese Bewegungen ablehnen und ihre Hauptgegner an der Basis unterstützen. Ich sage klar und deutlich, dass ich den wirksamen Kampf gegen Fundamentalismus unterstütze, aber dieser Kampf muss sich an das internationale Recht halten. Keine meiner Aussagen sollte dazu dienen, Demokratisierung abzulehnen. An dieser Stelle möchte ich meine Unterstützung der pro-demokratischen Bewegung in Algerien -- Barakat -- ausprechen. Auch soll nichts, was ich sage, dazu dienen, die Missachtung von Menschenrechten zu rechtfertigen, wie die Massentodesstrafen, die Anfang dieser Woche in Ägypten verhängt worden sind. Ich will nur verdeutlichen, dass wir diese islamischen Fundamentalismusbewegungen in Frage stellen müssen, weil sie die Menschenrechte in der gesamten muslimischen Welt bedrohen und das auf unterschiedliche Weise, die offensichtlichsten durch den direkten Angriff auf Zivilisten durch bewaffnete Gruppen. Doch diese Gewalt ist nur die Spitze des Eisbergs. Diese Bewegungen als Ganzes propagieren die Diskriminierung religiöser und sexueller Minderheiten. Sie streben danach, die Religionsfreiheit aller zu beschränken, die Religion entweder anders praktizieren oder sie gar nicht praktizieren. Und das Entscheidende ist, dass sie einen totalen Krieg gegen die Rechte der Frauen führen.
Now I've been talking for the last five minutes about fundamentalism, and you have a right to know exactly what I mean. I cite the definition given by the Algerian sociologist Marieme Helie Lucas, and she says that fundamentalisms, note the "s," so within all of the world's great religious traditions, "fundamentalisms are political movements of the extreme right which in a context of globalization manipulate religion in order to achieve their political aims." Sadia Abbas has called this the radical politicization of theology. Now I want to avoid projecting the notion that there's sort of a monolith out there called Muslim fundamentalism that is the same everywhere, because these movements also have their diversities. Some use and advocate violence. Some do not, though they're often interrelated. They take different forms. Some may be non-governmental organizations, even here in Britain like Cageprisoners. Some may become political parties, like the Muslim Brotherhood, and some may be openly armed groups like the Taliban. But in any case, these are all radical projects. They're not conservative or traditional approaches. They're most often about changing people's relationship with Islam rather than preserving it. What I am talking about is the Muslim extreme right, and the fact that its adherents are or purport to be Muslim makes them no less offensive than the extreme right anywhere else. So in my view, if we consider ourselves liberal or left-wing, human rights-loving or feminist, we must oppose these movements and support their grassroots opponents. Now let me be clear that I support an effective struggle against fundamentalism, but also a struggle that must itself respect international law, so nothing I am saying should be taken as a justification for refusals to democratize, and here I send out a shout-out of support to the pro-democracy movement in Algeria today, Barakat. Nor should anything I say be taken as a justification of violations of human rights, like the mass death sentences handed out in Egypt earlier this week. But what I am saying is that we must challenge these Muslim fundamentalist movements because they threaten human rights across Muslim-majority contexts, and they do this in a range of ways, most obviously with the direct attacks on civilians by the armed groups that carry those out. But that violence is just the tip of the iceberg. These movements as a whole purvey discrimination against religious minorities and sexual minorities. They seek to curtail the freedom of religion of everyone who either practices in a different way or chooses not to practice. And most definingly, they lead an all-out war on the rights of women.
Daher zieht die westliche Welt in den letzten Jahren oft zwei falsche Schlüsse: Aus dem rechten Lager kommt manchmal, dass die meisten Muslime Fundamentalisten seien oder irgendwas in der Richtung, der Islam sei grundsätzlich fundamentalistisch, und das ist einfach beleidigend und falsch. Aber leider erlebt man im linken Lager manchmal eine Diskussion, die zu politisch korrekt ist, um das Problem des islamischen Fundamentalismus überhaupt zu erkennen, oder, noch schlimmer, es werden Rechtfertigungen gefunden, und auch das ist untragbar. Ich suche nach einem neuen Weg, über all das zu sprechen, der auf den gelebten Erfahrungen und Hoffnungen der Menschen in Konfliktgebieten beruht. Es ist mir schmerzlich bewusst, dass die Diskriminierung gegen Muslime in den letzten Jahren in Ländern wie Großbritannien und den USA gestiegen ist. Auch das ist sehr besorgniserregend, doch ich glaube fest daran, dass das Erzählen von nicht-stereotypischen Geschichten über Menschen mit muslimischen Wurzeln, die sich dem Fundamentalismus entgegengestellt haben und seine Hauptopfer waren, auch ein sehr guter Weg ist, dieser Diskriminierung entgegenzuwirken. Ich möchte Ihnen vier Menschen vorstellen,
Now, faced with these movements in recent years, Western discourse has most often offered two flawed responses. The first that one sometimes finds on the right suggests that most Muslims are fundamentalist or something about Islam is inherently fundamentalist, and this is just offensive and wrong, but unfortunately on the left one sometimes encounters a discourse that is too politically correct to acknowledge the problem of Muslim fundamentalism at all or, even worse, apologizes for it, and this is unacceptable as well. So what I'm seeking is a new way of talking about this all together, which is grounded in the lived experiences and the hope of the people on the front lines. I'm painfully aware that there has been an increase in discrimination against Muslims in recent years in countries like the U.K. and the U.S., and that too is a matter of grave concern, but I firmly believe that telling these counter-stereotypical stories of people of Muslim heritage who have confronted the fundamentalists and been their primary victims is also a great way of countering that discrimination. So now let me introduce you
von denen ich die Ehre hatte zu erzählen. Faizan Peerzada und der Rafi Peer Theater Workshop,
to four people whose stories I had the great honor of telling.
benannt nach seinem Vater, haben jahrelang die Darstellenden Künste in Pakistan unterstützt. Mit dem Aufkommen der Terrorgewalt erhielten sie Drohungen, sie sollten ihre Veranstaltungen absagen, was sie ignorierten. Daraufhin sprengte sich 2008 ein Attentäter während des achten internationalen Festivals in Lahore in die Luft. Dadurch flogen überall Glassplitter herum, die neun Menschen verletzten. Am selben Abend trafen die Peerzadas eine sehr schwere Entscheidung: Sie gaben bekannt, dass ihr Festival am nächsten Tag wie geplant weitergehen würde. Faizan sagte damals: "Wenn wir uns den Islamisten jetzt beugen, dann werden wir nur in einer dunklen Ecke sitzen." Doch sie wussten nicht, was passieren würde. Würde überhaupt jemand erscheinen? Am nächsten Tag kamen Tausende von Menschen, um die Darstellenden Künste in Lahore zu unterstützen, und das begeisterte und erschreckte Faizan zugleich. Er lief zu einer Frau, die mit ihren zwei kleinen Kindern gekommen war, und sagte zu ihr: "Sie wissen, dass es hier gestern eine Bombe gab, und dass es heute hier gefährlich ist." Und sie sagte: "Ich weiß, aber ich war bei diesem Festival mit meiner Mutter, als ich klein war, und ich habe immer noch die Bilder in meinem Kopf. Wir müssen hier sein." Mit einem solch standhaften Publikum konnten die Peerzadas ihr Festival wie geplant abschließen.
Faizan Peerzada and the Rafi Peer Theatre workshop named for his father have for years promoted the performing arts in Pakistan. With the rise of jihadist violence, they began to receive threats to call off their events, which they refused to heed. And so a bomber struck their 2008 eighth world performing arts festival in Lahore, producing rain of glass that fell into the venue injuring nine people, and later that same night, the Peerzadas made a very difficult decision: they announced that their festival would continue as planned the next day. As Faizan said at the time, if we bow down to the Islamists, we'll just be sitting in a dark corner. But they didn't know what would happen. Would anyone come? In fact, thousands of people came out the next day to support the performing arts in Lahore, and this simultaneously thrilled and terrified Faizan, and he ran up to a woman who had come in with her two small children, and he said, "You do know there was a bomb here yesterday, and you do know there's a threat here today." And she said, "I know that, but I came to your festival with my mother when I was their age, and I still have those images in my mind. We have to be here." With stalwart audiences like this, the Peerzadas were able to conclude their festival on schedule.
Im Jahr darauf verloren sie wegen des Sicherheitsrisikos alle ihre Sponsoren. Als ich sie 2010 besuchte, bereiteten sie gerade ihr erstes Event am selben Veranstaltungsort seit dem Anschlag vor, und diesmal war es das neunte Jugendkunstfestival in Lahore, in einem Jahr, in dem in der Stadt 44 Terroranschläge verübt worden waren. Zu der Zeit hatten die pakistanischen Taliban damit begonnen, Mädchenschulen systematisch ins Visier zu nehmen, was in dem Angriff auf Malala Yousafzai gipfelte. Was taten die Peerzadas unter solchen Umständen? Sie veranstalteten Mädchenschultheater. Und so hatte ich das Privileg "Naang Wal", ein Musical auf Punjabi, zu sehen; und die Mädchen der Lahore Grammar School spielten alle Rollen. Sie sangen, sie tanzten, sie spielten die Maus und den Wasserbüffel, und ich hielt meinen Atem an und fragte mich, ob wir wohl das Ende dieser grandiosen Show erleben würden. Und als wir es taten, atmete das ganze Publikum gemeinsam auf, und einige Leute weinten sogar, und dann füllten sie den Zuschauerraum mit friedlichem, tosendem Applaus. Und ich erinnere mich, wie ich in diesem Moment dachte, dass die Attentäter hier vor zwei Jahren Schlagzeilen gemacht hatten, aber jener Abend und jene Leute sind ebenfalls eine Geschichte wert.
And then the next year, they lost all of their sponsors due to the security risk. So when I met them in 2010, they were in the middle of the first subsequent event that they were able to have in the same venue, and this was the ninth youth performing arts festival held in Lahore in a year when that city had already experienced 44 terror attacks. This was a time when the Pakistani Taliban had commenced their systematic targeting of girls' schools that would culminate in the attack on Malala Yousafzai. What did the Peerzadas do in that environment? They staged girls' school theater. So I had the privilege of watching "Naang Wal," which was a musical in the Punjabi language, and the girls of Lahore Grammar School played all the parts. They sang and danced, they played the mice and the water buffalo, and I held my breath, wondering, would we get to the end of this amazing show? And when we did, the whole audience collectively exhaled, and a few people actually wept, and then they filled the auditorium with the peaceful boom of their applause. And I remember thinking in that moment that the bombers made headlines here two years before but this night and these people are as important a story.
Maria Bashir ist die erste und einzige weibliche Oberstaatsanwältin in Afghanistan. Sie ist seit 2008 im Amt und hat sogar eine Behörde gegründet, die Fälle von Gewalt gegen Frauen ermittelt, was ihren Worten zufolge der wichtigste Bereich ihrer Amtszeit sei. Als ich sie in ihrem Büro in Herat besuche, betrat sie es umgeben von vier großen Männern mit vier riesigen Pistolen. Tatsächlich hat sie jetzt 23 Bodyguards, da sie schon Bombenanschläge überlebt hat, die ihre Kinder fast getötet hätten und einem ihrer Sicherheitsmänner das Bein kosteten. Warum macht sie weiter?
Maria Bashir is the first and only woman chief prosecutor in Afghanistan. She's been in the post since 2008 and actually opened an office to investigate cases of violence against women, which she says is the most important area in her mandate. When I meet her in her office in Herat, she enters surrounded by four large men with four huge guns. In fact, she now has 23 bodyguards, because she has weathered bomb attacks that nearly killed her kids, and it took the leg off of one of her guards. Why does she continue?
Sie sagt lächelnd, dass sie diese Frage ständig gestellt bekommt und sie formuliert es so: "Warum riskiert man, nicht zu leben?" Und für sie ist einfach eine bessere Zukunft für alle nachfolgenden Maria Bashirs das Risiko wert, und sie weiß, dass wenn Menschen wie sie das Risiko nicht eingehen, es keine bessere Zukunft geben wird. Später erzählt mir die Anwältin, welche Sorgen sie sich über die möglichen Folgen der Regierungsverhandlungen mit den Taliban macht, denselben Leuten, die versucht haben sie umzubringen. "Wenn wir ihnen einen Platz in der Regierung geben, wer wird dann die Rechte der Frauen verteidigen?" Sie drängt die internationale Gemeinschaft dazu, ihr Versprechen Frauen gegenüber nicht zu vergessen, nur weil sie jetzt Frieden mit den Taliban wollen. Einige Wochen nach meiner Abreise aus Afghanistan lese ich eine Schlagzeile im Internet. Ein afghanischer Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin wurde getötet. Ich google verzweifelt und stelle mit Erleichterung fest, dass Maria nicht das Opfer war, doch leider wurde ein anderer afghanischer Anwalt auf seinem Weg zur Arbeit erschossen. Wenn ich heute solche Schlagzeilen lese, dann finde ich, dass trotz des beginnenden Abzuges internationaler Truppen aus Afghanistan es uns auch weiter angehen soll, was mit den Menschen dort geschieht, mit allen Maria Bashirs. Manchmal höre ich sie immer noch ganz ohne Übertreibung sagen: "Die Situation der Frauen in Afghanistan wird eines Tages besser sein. Wir sollten den Grundstein dafür legen, selbst wenn wir dabei getötet werden."
She says with a smile that that is the question that everyone asks— as she puts it, "Why you risk not living?" And it is simply that for her, a better future for all the Maria Bashirs to come is worth the risk, and she knows that if people like her do not take the risk, there will be no better future. Later on in our interview, Prosecutor Bashir tells me how worried she is about the possible outcome of government negotiations with the Taliban, the people who have been trying to kill her. "If we give them a place in the government," she asks, "Who will protect women's rights?" And she urges the international community not to forget its promise about women because now they want peace with Taliban. A few weeks after I leave Afghanistan, I see a headline on the Internet. An Afghan prosecutor has been assassinated. I google desperately, and thankfully that day I find out that Maria was not the victim, though sadly, another Afghan prosecutor was gunned down on his way to work. And when I hear headlines like that now, I think that as international troops leave Afghanistan this year and beyond, we must continue to care about what happens to people there, to all of the Maria Bashirs. Sometimes I still hear her voice in my head saying, with no bravado whatsoever, "The situation of the women of Afghanistan will be better someday. We should prepare the ground for this, even if we are killed."
Es ist unmöglich, geeignete Worte für die Verurteilung der al-Shabaab-Terroristen zu finden, die einen Anschlag im Einkaufszentrum "Westgate" in Nairobi verübten, als dort im September 2013 ein Kinderkochwettbewerb stattfand. Sie brachten 67 Menschen um, darunter Dichter und schwangere Frauen. Weit weg davon, im mittleren Westen der USA, hatte ich das Glück, Somali-Amerikaner zu treffen, die sich gegen die Bestrebungen von al-Shabaab stellten, kleinere Gruppen junger Menschen aus Minneapolis zu rekrutieren, um sich an solchen Gräueltaten wie Westgate zu beteiligen. Abdirizak Bihis fleißiger, 17-jähriger Neffe Burhan Hassan wurde hier 2008 rekrutiert, machte sich kühn nach Somalia auf und wurde getötet, als er versuchte, nach Hause zu kommen. Seitdem hat Herr Bihi, der das Somalische No-Budget- Bildungs-und Interessen-Zentrum leitet, damit begonnen, die Rekrutierung öffentlich anzuprangern, genauso wie das Scheitern der Regierung und somalisch-amerikanische Einrichtungen wie das Abubakar As-Saddique Islamic Center, das er für die Radikalisierung seines Neffen während eines Jugendprogramms verantwortlich macht. Aber er kritisiert nicht nur die Moschee. Er legt sich auch mit der Regierung an, die damit gescheitert ist, Armut in seiner Gemeinschaft zu verhindern. Angesichts seiner eigenen begrenzten Mittel musste Bihi kreativ sein. Um dem Bestreben von al Shabaab entgegenzuwirken, noch mehr unzufriedene Jugendliche anzulocken, veranstaltete er im Anschluss an die Anschläge 2010 der Terrorgruppe auf Zuschauer der WM in Uganda einen Ramadan-Basketball-Wettbewerb in Minneapolis. Somalisch-amerikanische Kinder kamen in Massen, um sich sportlich zu betätigen, trotz des Fatwa-Verbots. Sie spielten Basketball, wie Burhan Hassan es nie wieder tun würde. Für seine Bemühungen wurde Herr Bihi von der Führung des Abubakar As-Saadique Islamic Center geächtet, mit der er zuvor eine gute Beziehung hatte. Er sagte: "Eines Tages sahen wir den Imam im Fernsehen, wie er uns als Ungläubige bezeichnete und meinte, dass diese Familien die Moschee zerstören wollten." Das ist das völlige Gegenteil davon, was Abdirizak Bihi mit seinen Bemühungen zu erreichen versuchte, als er die Rekrutierung der al-Shabaab bloßstellte, um die Religion, die ich liebe, vor einer kleinen Zahl Extremisten zu schützen.
There are no words adequate to denounce the al Shabaab terrorists who attacked the Westgate Mall in Nairobi on the same day as a children's cooking competition in September of 2013. They killed 67, including poets and pregnant women. Far away in the American Midwest, I had the good fortune of meeting Somali-Americans who were working to counter the efforts of al Shabaab to recruit a small number of young people from their city of Minneapolis to take part in atrocities like Westgate. Abdirizak Bihi's studious 17-year-old nephew Burhan Hassan was recruited here in 2008, spirited to Somalia, and then killed when he tried to come home. Since that time, Mr. Bihi, who directs the no-budget Somali Education and Advocacy Center, has been vocally denouncing the recruitment and the failures of government and Somali-American institutions like the Abubakar As-Saddique Islamic Center where he believes his nephew was radicalized during a youth program. But he doesn't just criticize the mosque. He also takes on the government for its failure to do more to prevent poverty in his community. Given his own lack of financial resources, Mr. Bihi has had to be creative. To counter the efforts of al Shabaab to sway more disaffected youth, in the wake of the group's 2010 attack on World Cup viewers in Uganda, he organized a Ramadan basketball tournament in Minneapolis in response. Scores of Somali-American kids came out to embrace sport despite the fatwa against it. They played basketball as Burhan Hassan never would again. For his efforts, Mr. Bihi has been ostracized by the leadership of the Abubakar As-Saddique Islamic Center, with which he used to have good relations. He told me, "One day we saw the imam on TV calling us infidels and saying, 'These families are trying to destroy the mosque.'" This is at complete odds with how Abdirizak Bihi understands what he is trying to do by exposing al Shabaab recruitment, which is to save the religion I love from a small number of extremists.
Nun erzähle ich Ihnen noch eine letzte Geschichte, die Geschichte der 22-jährigen Amel Zenoune-Zouani, einer Jurastudentin aus Algerien, die wie ich damals in den 90ern den Traum von einer juristischen Karriere verfolgte. Sie weigerte sich, ihr Studium aufzugeben, trotz der Tatsache, dass die Fundamentalisten, die damals den algerischen Staat bekämpften, allen drohten, die ihre Ausbildung weiterführten. Am 26. Januar 1997 bestieg Amel einen Bus in Algiers, ihrem Studienort, um nach Hause zu fahren und einen Ramadan-Abend mit ihrer Familie zu verbringen, und würde ihr Jurastudium niemals beenden. Als der Bus den Vorort ihrer Heimatstadt erreichte, wurde er an einem Kontrollpunkt von der Bewaffneten Islamischen Gruppe angehalten. Mit ihrer Schultasche in der Hand wurde Amel aus dem Bus gebracht und auf der Straße getötet. Die Männer, die ihr die Kehle durchschnitten, sagten zu allen anderen: "Wenn ihr studieren geht, wird der Tag kommen, an dem wir euch alle genauso umbringen werden."
Now I want to tell one last story, that of a 22-year-old law student in Algeria named Amel Zenoune-Zouani who had the same dreams of a legal career that I did back in the '90s. She refused to give up her studies, despite the fact that the fundamentalists battling the Algerian state back then threatened all who continued their education. On January 26, 1997, Amel boarded the bus in Algiers where she was studying to go home and spend a Ramadan evening with her family, and would never finish law school. When the bus reached the outskirts of her hometown, it was stopped at a checkpoint manned by men from the Armed Islamic Group. Carrying her schoolbag, Amel was taken off the bus and killed in the street. The men who cut her throat then told everyone else, "If you go to university, the day will come when we will kill all of you just like this."
Amel starb nachmittags um genau 5 Uhr 17. Als sie nämlich zu Boden fiel, ging ihre Uhr kaputt. Ihre Mutter hat mir die Uhr gezeigt, deren Sekundenzeiger immer noch optimistisch nach oben in Richtung 5 Uhr 18 zeigte, die sie nicht mehr erleben würde. Kurz vor ihrem Tod sagte Amel zu ihrer Mutter über sich und ihre Schwestern: "Nichts wird uns zustoßen, Inshallah, so Gott will, doch sollte uns etwas zustoßen, sollst du wissen, dass wir für Wissen gestorben sind. Du und Vater sollt erhobenen Hauptes bleiben." Der Verlust einer so jungen Frau ist unfassbar,
Amel died at exactly 5:17 p.m., which we know because when she fell in the street, her watch broke. Her mother showed me the watch with the second hand still aimed optimistically upward towards a 5:18 that would never come. Shortly before her death, Amel had said to her mother of herself and her sisters, "Nothing will happen to us, Inshallah, God willing, but if something happens, you must know that we are dead for knowledge. You and father must keep your heads held high." The loss of such a young woman is unfathomable,
und als ich meine Recherche betrieb, begann ich wieder nach Amels Hoffnung zu suchen -- ihr Name bedeutet im Arabischen sogar "Hoffnung". Ich glaube, ich habe sie an zwei Orten gefunden. Der erste besteht in der Kraft von Amels Familie und in allen Familien, die ihre Geschichten trotz des Terrorismus weitererzählen und ihr Leben weiterleben. Amels Schwester, Lamia, überwand sogar ihre Trauer, studierte Rechtswissenschaften und arbeitet jetzt als Anwältin in Algiers, etwas, dass nur möglich war, weil die bewaffneten Fundamentalisten im Land weitgehend besiegt wurden. Der zweite Ort, an dem ich Amels Hoffnung fand, war überall dort, wo Frauen und Männer den Dschihadisten weiter trotzen. Zu Ehren Amels müssen wir alle unterstützen, die den Kampf für Menschenrechte täglich weiterführen, wie das "Network of Woman Living Under Muslim Laws." Es reicht nicht, wie mir die Vertreterin der Opfer Cherifa Kheddar in Algiers erzählte, es reicht nicht, nur Terrorismus zu bekämpfen. Wir müssen auch den Fundamentalismus bekämpfen, weil Fundamentalismus die Ideologie hinter diesem Terrorismus ist.
and so as I did my research I found myself searching for Amel's hope again and her name even means "hope" in Arabic. I think I found it in two places. The first is in the strength of her family and all the other families to continue telling their stories and to go on with their lives despite the terrorism. In fact, Amel's sister Lamia overcame her grief, went to law school, and practices as a lawyer in Algiers today, something which is only possible because the armed fundamentalists were largely defeated in the country. And the second place I found Amel's hope was everywhere that women and men continue to defy the jihadis. We must support all of those in honor of Amel who continue this human rights struggle today, like the Network of Women Living Under Muslim Laws. It is not enough, as the victims rights advocate Cherifa Kheddar told me in Algiers, it is not enough just to battle terrorism. We must also challenge fundamentalism, because fundamentalism is the ideology that makes the bed of this terrorism.
Wieso sind solche Menschen wie sie, wie sie alle, nicht bekannter? Warum wissen alle, wer Osama Bin Laden war, und nur wenige von all den Menschen, die sich gegen die "Bin Ladens" in ihrer Welt auflehnen. Wir müssen das ändern, deswegen bitte ich Sie, dabei zu helfen, diese Geschichten zu verbreiten. Schauen Sie noch einmal auf Amels Uhr, die für immer stillsteht, und jetzt schauen Sie auf ihre eigene Uhr und entscheiden Sie sich dafür, dass jetzt der Moment da ist, Menschen wie Amel zu unterstützen. Wir haben nicht das Recht über sie zu schweigen, weil es einfacher ist oder weil die Politik des Westens auch ihre Fehler hat, weil 5 Uhr 17 immer noch zu vielen Amel Zenounes widerfährt, wie in Norden Nigerias, wo immer noch Studenten umgebracht werden. Die Zeit, sich für all diejenigen auszusprechen, die sich friedlich gegen Fundamentalismus und Terrorismus in ihren eigenen Gemeinschaften auflehnen, ist jetzt.
Why is it that people like her, like all of them are not more well known? Why is it that everyone knows who Osama bin Laden was and so few know of all of those standing up to the bin Ladens in their own contexts. We must change that, and so I ask you to please help share these stories through your networks. Look again at Amel Zenoune's watch, forever frozen, and now please look at your own watch and decide this is the moment that you commit to supporting people like Amel. We don't have the right to be silent about them because it is easier or because Western policy is flawed as well, because 5:17 is still coming to too many Amel Zenounes in places like northern Nigeria, where jihadis still kill students. The time to speak up in support of all of those who peacefully challenge fundamentalism and terrorism in their own communities is now.
Vielen Dank.
Thank you.
(Applaus)
(Applause)