Wie sich herausstellt, ist Mathematik eine sehr kraftvolle Sprache. Sie hat bedeutende Erkenntnisse in der Physik, Biologie und Wirtschaftslehre hervorgebracht, jedoch nicht in den Geistes- und Geschichtswissenschaften. Das liegt an dem Glauben, dass es nicht möglich ist und dass man nicht quantifizieren kann, was die Menschheit tut, dass man Geschichte nicht messen kann. Aber ich glaube das nicht. Dazu möchte ich Ihnen einige Beispiele geben.
So it turns out that mathematics is a very powerful language. It has generated considerable insight in physics, in biology and economics, but not that much in the humanities and in history. I think there's a belief that it's just impossible, that you cannot quantify the doings of mankind, that you cannot measure history. But I don't think that's right. I want to show you a couple of examples why.
Mein Mitarbeiter Erez und ich haben Folgendes betrachtet: Dass zwei Könige in verschiedenen Jahrhunderten eine sehr unterschiedliche Sprache sprechen. Das ist eine einflussreiche historische Kraft. Der König von England, Alfred der Große, benutzt ein Vokabular und eine Grammatik, die sich sehr von denen des Hip-Hop-Königs Jay-Z unterscheiden. (Gelächter) Das ist einfach so. Sprache verändert sich im Lauf der Zeit, und sie ist eine einflussreiche Kraft.
So my collaborator Erez and I were considering the following fact: that two kings separated by centuries will speak a very different language. That's a powerful historical force. So the king of England, Alfred the Great, will use a vocabulary and grammar that is quite different from the king of hip hop, Jay-Z. (Laughter) Now it's just the way it is. Language changes over time, and it's a powerful force.
Erez und ich wollten mehr darüber herausfinden. Wir widmeten uns einer grammatischen Regel: der Konjugation der Vergangenheitsform. Man hängt im Englischen "-ed" an das Verb, um die Vergangenheit auszudrücken. "Today I walk. Yesterday I walked." ("Heute gehe ich. Gestern ging ich.") Aber manche Verben sind unregelmäßig. "Yesterday I thought." ("Gestern dachte ich.") Das Interessante dabei ist, dass die Verben zwischen Alfred und Jay-Z regelmäßiger geworden sind. Wie das Verb "to wed" (heiraten), das regelmäßig geworden ist.
So Erez and I wanted to know more about that. So we paid attention to a particular grammatical rule, past-tense conjugation. So you just add "ed" to a verb at the end to signify the past. "Today I walk. Yesterday I walked." But some verbs are irregular. "Yesterday I thought." Now what's interesting about that is irregular verbs between Alfred and Jay-Z have become more regular. Like the verb "to wed" that you see here has become regular.
Also verfolgten wir das Schicksal von über 100 unregelmäßigen englischen Verben über 12 Jahrhunderte hinweg. Dem Ganzen liegt ein sehr einfaches mathematisches Muster zu Grunde, das komplexen historischen Wandel erfasst, und zwar, dass ein 100-mal häufigeres Verb 10-mal langsamer regelmäßig wird. Das ist ein Stück Geschichte, verpackt in Mathematik.
So Erez and I followed the fate of over 100 irregular verbs through 12 centuries of English language, and we saw that there's actually a very simple mathematical pattern that captures this complex historical change, namely, if a verb is 100 times more frequent than another, it regularizes 10 times slower. That's a piece of history, but it comes in a mathematical wrapping.
In einigen Fällen kann sie sogar Erklärungen für historische Kräfte bieten oder hierzu Erklärungen vorschlagen. Steve Pinker und ich betrachteten das Ausmaß von Kriegen in den letzten zwei Jahrhunderten. Und es gibt tatsächlich eine bekannte Regularität, die besagt, dass die Anzahl der Kriege, die 100-mal tödlicher sind, 10-mal kleiner ist. Es gibt 30 Kriege, die ungefähr so tödlich sind wie der Sechstagekrieg, aber nur vier Kriege, die 100-mal so tödlich sind – wie der Erste Weltkrieg. Durch welche Art von historischen Mechanismen wird dies hervorgerufen? Was ist der Ursprung?
Now in some cases math can even help explain, or propose explanations for, historical forces. So here Steve Pinker and I were considering the magnitude of wars during the last two centuries. There's actually a well-known regularity to them where the number of wars that are 100 times deadlier is 10 times smaller. So there are 30 wars that are about as deadly as the Six Days War, but there's only four wars that are 100 times deadlier -- like World War I. So what kind of historical mechanism can produce that? What's the origin of this?
Steve und ich denken – aufgrund mathematischer Analyse – dass ein sehr einfaches Phänomen die Wurzel des Ganzen ist, das in unserem Gehirn vorkommt. Es ist eine bekannte Eigenschaft, durch die wir Quantitäten auf eine relative Art wahrnehmen – Quantitäten wie die Intensität von Licht oder die Lautstärke von Geräuschen. Ein Beispiel: 10.000 Soldaten in die nächste Schlacht zu schicken hört sich viel an. Das ist ziemlich gewaltig, wenn man vorher schon 1.000 Soldaten ausgesendet hat. Aber es hört sich nicht so viel an, es ist relativ gesehen nicht genug, und es macht keinen Unterschied, wenn man vorher schon 100.000 Soldaten geschickt hat. Sie können sehen, dass aufgrund unserer Wahrnehmung von Quantitäten im Laufe eines langwierigen Krieges die Anzahl der Truppen und die Verluste nicht linear ansteigen – wie 10.000, 11.000, 12.000 – sondern exponentiell – 10.000, dann 20.000, dann 40.000. Und das erklärt dieses Muster, das ich vorhin angesprochen habe.
So Steve and I, through mathematical analysis, propose that there's actually a very simple phenomenon at the root of this, which lies in our brains. This is a very well-known feature in which we perceive quantities in relative ways -- quantities like the intensity of light or the loudness of a sound. For instance, committing 10,000 soldiers to the next battle sounds like a lot. It's relatively enormous if you've already committed 1,000 soldiers previously. But it doesn't sound so much, it's not relatively enough, it won't make a difference if you've already committed 100,000 soldiers previously. So you see that because of the way we perceive quantities, as the war drags on, the number of soldiers committed to it and the casualties will increase not linearly -- like 10,000, 11,000, 12,000 -- but exponentially -- 10,000, later 20,000, later 40,000. And so that explains this pattern that we've seen before.
Mathematik ist also in der Lage, eine weit bekannte Eigenschaft des Verstandes mit einem langzeitigen historischen Muster zu verknüpfen, das über Jahrhunderte und Kontinente hinweg vorkommt.
So here mathematics is able to link a well-known feature of the individual mind with a long-term historical pattern that unfolds over centuries and across continents.
Diese Art von Beispielen – heute gibt es nur ein paar wenige – werden meiner Meinung nach im nächsten Jahrzehnt alltäglich werden. Der Grund hierfür ist, dass der historische Bericht in rasantem Tempo digitalisiert wird. Es gibt circa 130 Millionen Bücher, die seit Menschengedenken geschrieben wurden. Unternehmen wie Google haben viele davon digitalisiert – mehr als 20 Millionen, um genau zu sein. Und wenn Geschichte in digitaler Form verfügbar ist, ermöglicht dies eine mathematische Analyse, um sehr schnell und bequem Trends in unserer Geschichte und Kultur einzusehen.
So these types of examples, today there are just a few of them, but I think in the next decade they will become commonplace. The reason for that is that the historical record is becoming digitized at a very fast pace. So there's about 130 million books that have been written since the dawn of time. Companies like Google have digitized many of them -- above 20 million actually. And when the stuff of history is available in digital form, it makes it possible for a mathematical analysis to very quickly and very conveniently review trends in our history and our culture.
Im nächsten Jahrzehnt werden Natur- und Geisteswissenschaften näher zusammenrücken, um Antworten auf tiefgründige Fragen zur Menschheit zu finden. Und ich glaube, dass die Mathematik dafür eine sehr kraftvolle Sprache liefern wird. Sie wird in der Lage sein, neue Trends in unserer Geschichte aufzudecken, teilweise, um diese zu erklären, und um vielleicht sogar in der Zukunft vorherzusagen, was passieren wird.
So I think in the next decade, the sciences and the humanities will come closer together to be able to answer deep questions about mankind. And I think that mathematics will be a very powerful language to do that. It will be able to reveal new trends in our history, sometimes to explain them, and maybe even in the future to predict what's going to happen.
Vielen Dank.
Thank you very much.
(Applaus)
(Applause)