Der magische Augenblick, der magische Augenblick des Dirigierens. Es ist das Betreten der Bühne. Ein Orchester sitzt vor dir. Sie alle sind dabei, sich einzuspielen und so was. Und ich gehe zum Podium. Sie kennen das, das ist das kleine Büro des Dirigenten. Oder vielmehr seine Arbeitsnische, eine Arbeitsnische im offenen Raum, mit viel Platz. Und mit all dem Lärm vor sich macht man eine ganz kleine Handbewegung. So was, zum Beispiel, gar nicht pompös, gar nicht kompliziert, so. Und plötzlich, aus dem Chaos: Ordnung. Lärm wird zu Musik.
The magical moment, the magical moment of conducting. Which is, you go onto a stage. There is an orchestra sitting. They are all, you know, warming up and doing stuff. And I go on the podium. You know, this little office of the conductor. Or rather a cubicle, an open-space cubicle, with a lot of space. And in front of all that noise, you do a very small gesture. Something like this, not very pomp, not very sophisticated, this. And suddenly, out of the chaos, order. Noise becomes music.
Und das ist fantastisch. Und man ist so versucht, zu glauben, es läge ganz und gar an einem selbst. (Lachen) All diese großartigen Leute hier, Virtuosen, sie machen Lärm und brauchen mich und was ich mache. Nicht wirklich. Wäre es so, würde ich Ihnen die Worte ersparen und die Handbewegung beibringen. Dann könnten Sie hinausgehen in die Welt und sie in irgendeinem Unternehmen oder wo auch immer ausprobieren und Sie hätten vollendetes Zusammenspiel. Das geht nicht. Schauen wir uns das erste Video an. Ich hoffe, Sie werden darin ein gutes Beispiel für Zusammenspiel sehen. Und lassen Sie uns dann ein bisschen darüber sprechen, wie es zustande kommt.
And this is fantastic. And it's so tempting to think that it's all about me. (Laughter) All those great people here, virtuosos, they make noise, they need me to do that. Not really. If it were that, I would just save you the talk, and teach you the gesture. So you could go out to the world and do this thing in whatever company or whatever you want, and you have perfect harmony. It doesn't work. Let's look at the first video. I hope you'll think it's a good example of harmony. And then speak a little bit about how it comes about.
(Musik)
(Music)
Das war schön, nicht? Wenn das also eine Art Erfolg war, wem sollten wir jetzt für den Erfolg danken? Ich meine, offenkundig haben die Orchestermusiker schön gespielt, die Wiener Philharmoniker. Oft schauen die nicht einmal zum Dirigenten. Dann gab es die klatschenden Zuhörer, ja, die so ihren Teil zur Musik beigesteuert haben. Wissen Sie, das Wiener Publikum mischt sich normalerweise nicht in die Musik ein. Mehr Ähnlichkeit mit einem orientalischen Bauchtanz-Gelage werden Sie in Wien nicht erleben. (Lachen)
Was that nice? So that was a sort of a success. Now, who should we thank for the success? I mean, obviously the orchestra musicians playing beautifully, the Vienna Philharmonic Orchestra. They don't often even look at the conductor. Then you have the clapping audience, yeah, actually taking part in doing the music. You know Viennese audiences usually don't interfere with the music. This is the closest to an Oriental bellydancing feast that you will ever get in Vienna. (Laughter)
Im Gegensatz zum Beispiel zu Israel, wo das Publikum die ganze Zeit hustet. Bekanntlich sagte Arthur Rubinstein, der Pianist, immer: "Überall auf der Welt gehen Leute, die Grippe haben, zum Arzt. In Tel Aviv gehen sie in meine Konzerte." (Lachen) Das hat also eine gewisse Tradition. Aber das Wiener Publikum macht so was nicht. Hier machen sie eine Ausnahme, nur um teilzuhaben, ein Teil des Orchesters zu werden, und das ist großartig. Wissen Sie, ein Publikum wie Sie, ja, ist die Show.
Unlike, for example Israel, where audiences cough all the time. You know, Arthur Rubinstein, the pianist, used to say that, "Anywhere in the world, people that have the flu, they go to the doctor. In Tel Aviv they come to my concerts." (Laughter) So that's a sort of a tradition. But Viennese audiences do not do that. Here they go out of their regular, just to be part of that, to become part of the orchestra, and that's great. You know, audiences like you, yeah, make the event.
Was ist aber mit dem Dirigenten? Was hat der Dirigent eigentlich wirklich gemacht? Nun ja, er war glücklich. Und oft zeige ich diese Sequenz gestandenen Führungskräften. Die Leute reagieren verärgert. "Sie kommen zur Arbeit. Wie können Sie so glücklich sein?" Da muss doch irgendwas faul sein! Trotzdem versprüht er gute Laune. Und ich glaube, die gute Laune, wichtig an der guten Laune ist, dass sie nicht auf seiner eigenen Geschichte beruht, und seiner Freude an der Musik. Die Freude findet man darin, anderer Leute Geschichten gleichzeitig zu Gehör zu bringen.
But what about the conductor? What can you say the conductor was doing, actually? Um, he was happy. And I often show this to senior management. People get annoyed. "You come to work. How come you're so happy?" Something must be wrong there, yeah? But he's spreading happiness. And I think the happiness, the important thing is this happiness does not come from only his own story and his joy of the music. The joy is about enabling other people's stories to be heard at the same time.
Da ist die Geschichte des Orchesters als professioneller Klangkörper. Da ist die Geschichte des Publikums als Gemeinschaft. Ja. Da ist die Geschichte der einzelnen Personen im Orchester und im Publikum. Und dann sind da andere Geschichten, unsichtbare. Menschen, die diese herrliche Konzerthalle gebaut haben, Menschen, die diese Stradivaris gemacht haben, die Amatis, all diese wunderschönen Instrumente. Und allen diesen Geschichten hört man gleichzeitig zu. Das ist das wirkliche Erlebnis an einem Live-Konzert. Das ist doch ein Grund, auszugehen, oder? Und nicht alle Dirigenten beschränken sich darauf. Schauen wir jemand anderem zu, einem großen Dirigenten, Riccardo Muti. Bitte.
You have the story of the orchestra as a professional body. You have the story of the audience as a community. Yeah. You have the stories of the individuals in the orchestra and in the audience. And then you have other stories, unseen. People who build this wonderful concert hall. People who made those Stradivarius, Amati, all those beautiful instruments. And all those stories are being heard at the same time. This is the true experience of a live concert. That's a reason to go out of home. Yeah? And not all conductors do just that. Let's see somebody else, a great conductor. Riccardo Muti, please.
(Musik)
(Music)
Ja, das war sehr kurz. Aber Sie konnten sehen, dass er eine ganz andere Art Figur abgibt, nicht wahr? Er ist beeindruckend. So gebieterisch. So klar. Vielleicht ein wenig zu klar. Können wir ein kleines Experiment machen? Würden Sie für eine Sekunde mein Orchester sein? Können Sie bitte den ersten Ton von "Don Giovanni" singen? Sie müssen "Aaaaah" singen und ich werde Sie stoppen. Ok? Fertig?
Yeah, that was very short, but you could see it's a completely different figure. Right? He's awesome. He's so commanding. Yeah? So clear. Maybe a little bit over-clear. Can we have a little demonstration? Would you be my orchestra for a second? Can you sing, please, the first note of Don Giovanni? You have to sing "Aaaaaah," and I'll stop you. Okay? Ready?
Publikum: ♫ Aaaaaaah ... ♫
Audience: ♫ Aaaaaaah ... ♫
Itay Talgam: Na los, wir machen das zusammen. Wenn Sie das ohne mich machen, fühle ich mich noch überflüssiger als ohnehin schon. Also bitte, warten Sie auf den Dirigenten. Jetzt sehen Sie mich an. "Aaaaaah," und ich stoppe Sie. Los jetzt.
Itay Talgam: Come on, with me. If you do it without me I feel even more redundant than I already feel. So please, wait for the conductor. Now look at me. "Aaaaaah," and I stop you. Let's go.
Publikum: ♫ Aaaaaaah ... ♫ (Lachen)
Audience: ♫ ... Aaaaaaaah ... ♫ (Laughter)
Itay Talgam: Wir müssen uns später kurz unterhalten. (Lachen) Aber ... Da ist eine Stelle frei für einen ... Aber -- (Lachen) -- Sie konnten sehen, dass man ein Orchester mit einem Finger stoppen kann. Was aber macht Riccardo Muti? Er macht etwas in dieser Art ... (Lachen) Und dann -- ungefähr -- (Lachen) Es ist also nicht nur die Anweisung klar, sondern auch die Strafe, was geschehen wird, wenn du nicht tust, was ich sage. (Lachen) Und, funktioniert das? Ja, es funktioniert -- bis zu einem gewissen Punkt.
Itay Talgam: So we'll have a little chat later. (Laughter) But ... There is a vacancy for a ... But -- (Laughter) -- you could see that you could stop an orchestra with a finger. Now what does Riccardo Muti do? He does something like this ... (Laughter) And then -- sort of -- (Laughter) So not only the instruction is clear, but also the sanction, what will happen if you don't do what I tell you. (Laughter) So, does it work? Yes, it works -- to a certain point.
Fragt man Muti, "warum dirigierst du so?" Antwortet er, "ich bin verantwortlich. Verantwortlich vor ihm." Nein, er meint nicht wirklich IHN. Er meint Mozart, also den -- (Lachen) etwa drei Sitzplätze von der Mitte. (Lachen) Er sagt also, "wenn ich -- (Applaus) Wenn ich verantwortlich für Mozart bin, dann ist das die einzige Geschichte, die erzählt wird: Mozart, so wie ich, Riccardo Muti, ihn verstehe."
When Muti is asked, "Why do you conduct like this?" He says, "I'm responsible." Responsible in front of him. No he doesn't really mean Him. He means Mozart, which is -- (Laughter) -- like a third seat from the center. (Laughter) So he says, "If I'm -- (Applause) if I'm responsible for Mozart, this is going to be the only story to be told. It's Mozart as I, Riccardo Muti, understand it."
Und wissen Sie, was Muti passiert ist? Vor drei Jahren erhielt er einen Brief, der von allen 700 Angestellten der Scala unterzeichnet war, den musikalischen Angestellten, ich meine die Musiker, in dem stand: "Sie sind ein großartiger Dirigent. Wir wollen nicht mit Ihnen arbeiten. Bitte legen Sie Ihr Amt nieder." (Lachen) "Warum? Weil Sie uns keine Entwicklungsmöglichkeiten zugestehen. Sie behandeln uns wie Instrumente, nicht wie Partner. Und unsere Freude an der Musik, etc. etc. ..." Also musste er zurücktreten. Hübsch, nicht? (Lachen) Er ist ein angenehmer Zeitgenosse, wirklich. Nun gut, kann man es mit weniger Kontrolle schaffen, oder mit einer anderen Art von Kontrolle? Schauen wir uns den nächsten Dirigenten an, Richard Strauss.
And you know what happened to Muti? Three years ago he got a letter signed by all 700 employees of La Scala, musical employees, I mean the musicians, saying, "You're a great conductor. We don't want to work with you. Please resign." (Laughter) "Why? Because you don't let us develop. You're using us as instruments, not as partners. And our joy of music, etc., etc. ..." So he had to resign. Isn't that nice? (Laughter) He's a nice guy. He's a really nice guy. Well, can you do it with less control, or with a different kind of control? Let's look at the next conductor, Richard Strauss.
(Musik)
(Music)
Ich befürchte, Sie werden den Eindruck haben, dass ich vor allem deswegen auf ihm herumhacke, weil er alt ist. Das ist nicht wahr. Als junger Mann von circa 30 Jahren schrieb er etwas, das er die "Die Zehn Gebote für Dirigenten" nannte. Das erste lautete: Wenn Sie am Ende des Konzertes schwitzen, heißt das, dass Sie etwas falsch gemacht haben. Das ist das erste. Das vierte wird Ihnen besser gefallen. Es heißt: Nie auf die Posaunen schauen - das ermuntert sie nur. (Lachen)
I'm afraid you'll get the feeling that I really picked on him because he's old. It's not true. When he was a young man of about 30, he wrote what he called "The Ten Commandments for Conductors." The first one was: If you sweat by the end of the concert it means that you must have done something wrong. That's the first one. The fourth one you'll like better. It says: Never look at the trombones -- it only encourages them. (Laughter)
Die Grundidee ist also, es wirklich von allein geschehen zu lassen. Nicht dazwischenfunken. Aber wie geschieht es? Haben Sie gesehen, wie er die Seiten in der Partitur umblättert? Nun, entweder ist er senil und erinnert sich nicht an seine eigene Musik, denn er hat die Musik geschrieben. Oder er vermittelt tatsächlich eine sehr eindrückliche Botschaft an sie, die da lautet: "Na los, Leute. Ihr müsst streng nach Vorschrift spielen. Es geht also nicht um meine Geschichte, nicht um eure Geschichte. Es geht nur um die Ausführung der Musik, so wie sie geschrieben ist, nicht um Interpretation." Interpretation ist die wahre Geschichte des darstellenden Künstlers. Also, nein, das will er nicht. Dieses ist eine andere Art der Kontrolle. Schauen wir uns einen weiteren Über-Dirigenten an, einen deutschen Über-Dirigenten, Herbert von Karajan, bitte.
So, the whole idea is really to let it happen by itself. Do not interfere. But how does it happen? Did you see him turning pages in the score? Now, either he is senile, and doesn't remember his own music, because he wrote the music. Or he is actually transferring a very strong message to them, saying, "Come on guys. You have to play by the book. So it's not about my story. It's not about your story. It's only the execution of the written music, no interpretation." Interpretation is the real story of the performer. So, no, he doesn't want that. That's a different kind of control. Let's see another super-conductor, a German super-conductor. Herbert von Karajan, please.
(Musik)
(Music)
Was ist anders? Haben Sie die Augen gesehen? Geschlossen. Haben Sie die Hände gesehen? Haben Sie diese Art Bewegung gesehen? Lassen Sie mich Ihr Dirigent sein. Zweimal. Einmal wie ein Muti, und Sie werden -- (klatscht) -- klatschen, nur einmal. Und dann wie Karajan. Sehen wir, was passiert. Okay? Wie Muti. Bereit? Denn Muti ... (Lachen) Okay? Bereit? Versuchen wir's.
What's different? Did you see the eyes? Closed. Did you see the hands? Did you see this kind of movement? Let me conduct you. Twice. Once like a Muti, and you'll -- (Claps) -- clap, just once. And then like Karajan. Let's see what happens. Okay? Like Muti. You ready? Because Muti ... (Laughter) Okay? Ready? Let's do it.
Publikum: (klatscht)
Audience: (Claps)
Itay Talgam: Hmmm ... nochmal.
Itay Talgam: Hmm ... again.
Publikum: (klatscht) Itay Talgam: Gut. Jetzt wie ein Karajan. Da Sie ja schon geübt sind, erlauben Sie, dass ich mich kurz konzentriere, meine Augen schließe. Kommen Sie, kommen Sie.
Audience: (Claps) Itay Talgam: Good. Now like a Karajan. Since you're already trained, let me concentrate, close my eyes. Come, come.
Publikum: (klatscht) (Lachen)
Audience: (Claps) (Laughter)
Itay Talgam: Warum nicht zusammen? (Lachen) Weil Sie nicht wussten, wann sie spielen sollten. Jetzt kann ich Ihnen sagen, sogar die Berliner Philharmoniker wussten nicht, wann Sie spielen sollten. (Lachen) Aber ich werde Ihnen sagen, wie sie damit umgehen. Ganz ohne Zynismus. Das ist ein deutsches Orchester, ja? Sie schauen Karajan an. Und dann sehen sie einander an. (Lachen) "Verstehst du, was der Kerl will?" Und danach sehen sie einander wirklich an und die Stimmführer im Orchester führen das ganze Ensemble im Zusammenspiel.
Itay Talgam: Why not together? (Laughter) Because you didn't know when to play. Now I can tell you, even the Berlin Philharmonic doesn't know when to play. (Laughter) But I'll tell you how they do it. No cynicism. This is a German orchestra, yes? They look at Karajan. And then they look at each other. (Laughter) "Do you understand what this guy wants?" And after doing that, they really look at each other, and the first players of the orchestra lead the whole ensemble in playing together.
Und wenn Karajan danach gefragt wird sagt er tatsächlich, "Ja, das Schlimmste, was ich meinem Orchester antun kann, ist, ihm eine klare Anweisung zu geben. Denn das würde das Ensemblespiel verhindern, das Aufeinanderhören, das man für ein Orchester braucht." Das ist doch toll. Und was ist mit den Augen? Warum sind die Augen geschlossen? Es gibt eine wunderbare Geschichte über Karajan, als er in London dirigierte. Und er gibt einem Flötisten seinen Einsatz, ungefähr so. Der arme Kerl hat keine Ahnung, was er tun soll. (Lachen) "Maestro, bei allem Respekt, wann soll ich anfangen?" Was denken Sie, war Karajans Antwort? Wann soll ich anfangen? Oh, ja. Er sagte: "Sie fangen an, wenn Sie es nicht mehr aushalten können." (Lachen)
And when Karajan is asked about it he actually says, "Yes, the worst damage I can do to my orchestra is to give them a clear instruction. Because that would prevent the ensemble, the listening to each other that is needed for an orchestra." Now that's great. What about the eyes? Why are the eyes closed? There is a wonderful story about Karajan conducting in London. And he cues in a flute player like this. The guy has no idea what to do. (Laughter) "Maestro, with all due respect, when should I start?" What do you think Karajan's reply was? When should I start? Oh yeah. He says, "You start when you can't stand it anymore." (Laughter)
Das heißt, du weißt, du hast keinerlei Macht, irgendwas zu ändern. Es ist meine Musik. Die wahre Musik ist nur in Karajans Vorstellung. Und du musst meine Gedanken lesen. Also stehst du unter gewaltigem Druck, weil ich dir keine Anweisung gebe, und doch musst du meine Gedanken lesen. Das ist somit eine andere Art, eine sehr spirituelle, und dennoch sehr stabile Kontrolle. Können wir es auf andere Weise tun? Natürlich können wir das. Gehen wir zurück zum ersten Dirigenten, den wir gesehen haben: Carlos Kleiber heißt er. Das nächste Video, bitte.
Meaning that you know you have no authority to change anything. It's my music. The real music is only in Karajan's head. And you have to guess my mind. So you are under tremendous pressure because I don't give you instruction, and yet, you have to guess my mind. So it's a different kind of, a very spiritual but yet very firm control. Can we do it in another way? Of course we can. Let's go back to the first conductor we've seen: Carlos Kleiber, his name. Next video, please.
(Musik)
(Music)
(Lachen) Yeah. Nun gut, das ist anders. Aber ist das nicht genauso beherrschend? Nein, ist es nicht. Weil er ihnen nicht vorschreibt, was sie tun sollen. Wenn er so macht, heißt das nicht: "Nimm deine Stradivari und, wie Jimi Hendrix, zerschmettere sie auf dem Boden." Das ist es nicht. Er sagt: "Dies ist eine Bewegung der Musik. Ich eröffne dir einen Freiraum für eine weitere Ebene der Interpretation." Das ist eine andere Geschichte.
(Laughter) Yeah. Well, it is different. But isn't that controlling in the same way? No, it's not, because he is not telling them what to do. When he does this, it's not, "Take your Stradivarius and like Jimi Hendrix, smash it on the floor." It's not that. He says, "This is the gesture of the music. I'm opening a space for you to put in another layer of interpretation." That is another story.
Aber wie läuft das alles zusammen, wenn es ihnen keine Anweisungen erteilt? Es ist wie auf einer Achterbahnfahrt. Man bekommt eigentlich gar keine Anweisungen. Aber die Kräfte des Ablaufs selbst halten einen in der Spur. Das ist, was er tut. Interessanterweise existiert die Achterbahn in Wirklichkeit gar nicht. Sie ist kein greifbares Ding. Sie ist in den Köpfen der Musiker.
But how does it really work together if it doesn't give them instructions? It's like being on a rollercoaster. Yeah? You're not really given any instructions, but the forces of the process itself keep you in place. That's what he does. The interesting thing is of course the rollercoaster does not really exist. It's not a physical thing. It's in the players' heads.
Und das macht sie zu Partnern. Du hast den Plan im Kopf. Du weißt, was zu tun ist, selbst wenn Kleiber dich nicht dirigiert. Aber hier und da und das. Du weißt, was zu tun ist. Und du wirkst dabei mit, die Achterbahn zu bauen, ja, durch Klang, während du schon in voller Fahrt bist. Das ist sehr aufregend für die Musiker. Sie müssen danach für zwei Wochen ins Sanatorium. (Lachen) Es ist sehr ermüdend. Nicht wahr? Aber so macht man am besten Musik.
And that's what makes them into partners. You have the plan in your head. You know what to do, even though Kleiber is not conducting you. But here and there and that. You know what to do. And you become a partner building the rollercoaster, yeah, with sound, as you actually take the ride. This is very exciting for those players. They do need to go to a sanatorium for two weeks, later. (Laughter) It is very tiring. Yeah? But it's the best music making, like this.
Aber es geht nicht nur um Motivation und darum, ihnen eine Menge physischer Energie zu verleihen. Sie müssen auch sehr professionell sein. Und schauen Sie nochmal Kleiber zu. Können wir das nächste Video haben, schnell? Sie werden sehen, was passiert, wenn einer einen Fehler macht.
But of course it's not only about motivation and giving them a lot of physical energy. You also have to be very professional. And look again at this Kleiber. Can we have the next video, quickly? You'll see what happens when there is a mistake.
(Musik) Wieder sehen Sie diese wunderbare Körpersprache. (Musik) Und jetzt ist da ein Trompeter, der etwas nicht genau so macht, wie es sein sollte. Folgen Sie dem Video. Sehen Sie hin. Sehen Sie, das zweite Mal für denselben Musiker. (Lachen) Und jetzt das dritte Mal für denselben Musiker. (Lachen) "Warten Sie nach dem Konzert auf mich. Ich hätte da etwas mit Ihnen zu besprechen." Wissen Sie, die Autorität steht zur Verfügung, wenn sie gebraucht wird. Das ist sehr wichtig. Aber Autorität reicht nicht, um Menschen zu Partnern zu machen.
(Music) Again you see the beautiful body language. (Music) And now there is a trumpet player who does something not exactly the way it should be done. Go along with the video. Look. See, second time for the same player. (Laughter) And now the third time for the same player. (Laughter) "Wait for me after the concert. I have a short notice to give you." You know, when it's needed, the authority is there. It's very important. But authority is not enough to make people your partners.
Schauen wir uns das nächste Video, bitte. Sehen Sie, was hier passiert. Vielleicht überrascht es Sie, nachdem Sie Kleiber als so einen hyperaktiven Kerl gesehen haben. Er dirigiert Mozart. (Musik) Das ganze Orchester spielt. (Music) Und jetzt etwas anderes. (Musik) Sehen Sie? Er ist zu 100 Prozent da, aber nicht gebietend, er gibt keine Anweisung. Vielmehr genießt er, was der Solist spielt. (Musik)
Let's see the next video, please. See what happens here. You might be surprised having seen Kleiber as such a hyperactive guy. He's conducting Mozart. (Music) The whole orchestra is playing. (Music) Now something else. (Music) See? He is there 100 percent, but not commanding, not telling what to do. Rather enjoying what the soloist is doing. (Music)
Ein weiteres Solo. Sehen Sie, was Sie daraus mitnehmen können. (Musik) Sehen Sie sich seine Augen an. Okay. Haben Sie's gesehen? Zuvorderst ist es ein Kompliment, das wir alle gerne bekommen. Es ist kein Feedback. Es ist ein "Hmmm ..." Ja, es kommt von dort. Das ist etwas Gutes. Und dazu kommt, dass es hier um schon um Kontrolle geht, aber um eine ganz bestimmte Art. Wenn Kleiber so macht -- haben Sie seine Augen gesehen, wie sie dahin wandern? (singt) Wissen Sie, was passiert? Die Schwerkraft ist aufgehoben.
Another solo now. See what you can pick up from this. (Music) Look at the eyes. Okay. You see that? First of all, it's a kind of a compliment we all like to get. It's not feedback. It's an "Mmmm ..." Yeah, it comes from here. So that's a good thing. And the second thing is it's about actually being in control, but in a very special way. When Kleiber does -- did you see the eyes, going from here? (Singing) You know what happens? Gravitation is no more.
Kleiber erschafft nicht nur einen Prozess, sondern er erschafft auch die Rahmenbedingungen, in denen der Prozess abläuft. Und wieder ist der Oboist völlig autonom und deshalb glücklich und stolz auf seine Arbeit, und kreativ und all das. Und die Ebene, auf der Kleiber die Kontrolle ausübt, ist eine andere. Kontrolle ist so nicht länger ein Nullsummenspiel. Sie haben diese Kontrolle. Sie haben diese Kontrolle. Und alles, was Sie in partnerschaftlichem Spiel zusammenbringen, erschafft die beste Musik. Bei Kleiber geht es also um den Prozess. Bei Kleiber geht es um die Rahmenbedingungen.
Kleiber not only creates a process, but also creates the conditions in the world in which this process takes place. So again, the oboe player is completely autonomous and therefore happy and proud of his work, and creative and all of that. And the level in which Kleiber is in control is in a different level. So control is no longer a zero-sum game. You have this control. You have this control. And all you put together, in partnership, brings about the best music. So Kleiber is about process. Kleiber is about conditions in the world.
Aber man braucht Prozess und Inhalt, um Sinn zu erschaffen. Lenny Bernstein, mein persönlicher Maestro, denn er war ein großartiger Lehrer, Lenny Bernstein hat immer vom Sinn her angefangen. Sehen Sie sich das bitte an.
But you need to have process and content to create the meaning. Lenny Bernstein, my own personal maestro. Since he was a great teacher, Lenny Bernstein always started from the meaning. Look at this, please.
(Musik)
(Music)
Erinnern Sie sich an Mutis Gesicht, ganz am Anfang? Er hatte einen wunderbaren Ausdruck, aber nur einen. (Lachen) Haben Sie Lennys Gesicht gesehen? Wissen Sie, warum? Weil diese Musik Schmerz ausdrückt. Und man erzeugt einen schmerzvollen Klang. Und man schaut Lenny an und er leidet. Aber nicht auf eine Weise, die man beenden möchte. Er leidet, als ob er sich auf jüdische Weise amüsiert, wie man (im Englischen) sagt. (Lachen) Aber Sie können die Musik auf seinem Gesicht sehen. Sie können sehen, dass er den Taktstock weggelegt hat. Kein Taktstock mehr. Jetzt geht es um dich, den Mitspieler, der die Geschichte erzählt. Jetzt dreht sich die Sache um. Du erzählst die Geschichte. Und du erzählst die Geschichte. Und wenngleich kurz, wirst du doch zum Erzähler der Geschichte, dem die Gemeinschaft, die ganze Gemeinschaft, zuhört. Und Bernstein macht das möglich. Ist das nicht wunderbar?
Do you remember the face of Muti, at the beginning? Well he had a wonderful expression, but only one. (Laughter) Did you see Lenny's face? You know why? Because the meaning of the music is pain. And you're playing a painful sound. And you look at Lenny and he's suffering. But not in a way that you want to stop. It's suffering, like, enjoying himself in a Jewish way, as they say. (Laughter) But you can see the music on his face. You can see the baton left his hand. No more baton. Now it's about you, the player, telling the story. Now it's a reversed thing. You're telling the story. And you're telling the story. And even briefly, you become the storyteller to which the community, the whole community, listens to. And Bernstein enables that. Isn't that wonderful?
Wenn Sie jetzt alle diese Dinge, über die wir gesprochen haben, zusammenbringen, und vielleicht noch ein paar andere, dann erreichen Sie möglicherweise diesen herrlichen Zustand des Tuns, ohne zu tun. Und für das letzte Video, glaube ich, ist das wohl die beste Überschrift. Mein Freund Peter sagt: "Wenn du etwas liebst, dann schenke es her." Also, bitte.
Now, if you are doing all the things we talked about, together, and maybe some others, you can get to this wonderful point of doing without doing. And for the last video, I think this is simply the best title. My friend Peter says, "If you love something, give it away." So, please.
(Musik)
(Music)
(Applaus)
(Applause)