Stellen Sie sich vor, Sie sind in Rom und haben es bis zu den Vatikanischen Museen geschafft. Sie sind durch lange Korridore geschlurft, an Statuen, Fresken und vielen anderen Dingen vorbei. Sie nähern sich der Sixtinischen Kapelle. Endlich -- ein langer Korridor, eine Treppe und eine Tür. Sie befinden sich an der Schwelle zur Sixtinischen Kapelle.
Imagine you're in Rome, and you've made your way to the Vatican Museums. And you've been shuffling down long corridors, past statues, frescoes, lots and lots of stuff. You're heading towards the Sistine Chapel. At last -- a long corridor, a stair and a door. You're at the threshold of the Sistine Chapel.
Was erwarten Sie? Himmelhohe Kuppeln? Engelschöre? Eigentlich gibt es dort nichts davon. Sie werden sich fragen, was es denn dann zu sehen gibt?
So what are you expecting? Soaring domes? Choirs of angels? We don't really have any of that there. Instead, you may ask yourself, what do we have?
Vorhang auf für die Sixtinische Kapelle. Das meine ich wörtlich, denn man ist von gemalten Vorhängen umgeben, der ursprünglichen Dekoration der Kapelle. Die Wandteppiche schützten nicht nur während langer Messen gegen die Kälte, sondern bildeten auch das große Theater des Lebens ab. Das menschliche Drama, in dem jeder eine Rolle spielt, ist gewaltig. Es ist eine Geschichte, die die ganze Welt umfasst und die in drei Stufen in den Malereien der Sixtinischen Kapelle zur Entfaltung kommt.
Well, curtains up on the Sistine Chapel. And I mean literally, you're surrounded by painted curtains, the original decoration of this chapel. Churches used tapestries not just to keep out cold during long masses, but as a way to represent the great theater of life. The human drama in which each one of us plays a part is a great story, a story that encompasses the whole world and that came to unfold in the three stages of the painting in the Sistine Chapel.
Dieses Gebäude war zunächst ein Raum für eine kleine Gruppe wohlhabender und gebildeter christlicher Priester. Dort beteten sie und wählten ihren Papst. Vor 500 Jahren war dies die höchste geistliche Menschenhöhle. Vielleicht fragen Sie sich, wie diese Höhle jährlich fünf Millionen Menschen unterschiedlichster Herkunft anlockt und begeistert? In diesem sehr engen Raum hat eine kreative Explosion stattgefunden, die durch die elektrisierte Spannung über neue geopolitische Grenzen gezündet wurde, die die alte missionarische Tradition der Kirche in Brand steckte und eines der größten Kunstwerke der Geschichte hervorbrachte.
Now, this building started out as a space for a small group of wealthy, educated Christian priests. They prayed there. They elected their pope there. Five hundred years ago, it was the ultimate ecclesiastical man cave. So, you may ask, how can it be that today it attracts and delights five million people a year, from all different backgrounds? Because in that compressed space, there was a creative explosion, ignited by the electric excitement of new geopolitical frontiers, which set on fire the ancient missionary tradition of the Church and produced one of the greatest works of art in history.
Dieser Verlauf vollzog sich als enorme Entwicklung, die bei einer kleine Elite begann und sich schließlich an ein Publikum richtet, das aus der ganzen Welt kommt. Diese Entwicklung durchlief drei Phasen. Jede einzelne ist mit einer historischen Gegebenheit verbunden. Die erste besaß nur eine begenzte Reichweite. Sie spiegelte eher die kirchliche Sicht wider. Die zweite erfolgte, als sich nach Kolumbus' historischer Reise die Weltbilder dramatisch veränderten. Die dritte Phase erfolgte, als das Zeitalter der Entdeckungen bereits begonnen hatte und die Kirche sich der Herausforderung stellte, weltweit aktiv zu werden.
Now, this development took place as a great evolution, moving from the beginning of a few elite, and eventually able to speak to audiences of people that come from all over the world. This evolution took place in three stages, each one linked to a historical circumstance. The first one was rather limited in scope. It reflected the rather parochial perspective. The second one took place after worldviews were dramatically altered after Columbus's historical voyage; and the third, when the Age of Discovery was well under way and the Church rose to the challenge of going global.
Die ursprüngliche Dekoration der Kirche spiegelte eine kleinere Welt wider. Szenen geschäftigen Treibens erzählten die Geschichten von Jesus und Moses und gaben die Entwicklung des jüdischen und christlichen Volkes wieder. Papst Sixtus IV. hatte dies in Auftrag gegeben und ein Dreamteam aus florentinischen Künstlern zusammengestellt, darunter Männer wie Sandro Botticelli und Ghirlandaio, Michelangelos künftiger Lehrer. Diese Männer bedeckten die Wände mit einem Fries aus reiner Farbe. In diesen Geschichten entdeckt man bekannte Landschaften. Die Künstler malten römische Denkmäler oder eine toskanische Landschaft, um eine Geschichte, die in fernen Ländern spielt, vertrauter zu machen. Zusammen mit den Bildern der Freunde und Familie des Papstes war dies die perfekte Ausschmückung für einen kleinen Hof, der sich auf Europa beschränkte. Aber 1492 wurde die Neue Welt entdeckt, Horizonte erweiterten sich und dieser kleine 40 x 14 m große Mikrokosmos musste sich auch öffnen. Das geschah auch, dank eines kreativen Genies, eines Visionärs und einer eindrucksvollen Geschichte.
The original decoration of this church reflected a smaller world. There were busy scenes that told the stories of the lives of Jesus and Moses, reflecting the development of the Jewish and Christian people. The man who commissioned this, Pope Sixtus IV, assembled a dream team of Florentine art, including men like Sandro Botticelli and the man who would become Michelangelo's future painting teacher, Ghirlandaio. These men, they blanketed the walls with a frieze of pure color, and in these stories you'll notice familiar landscapes, the artists using Roman monuments or a Tuscan landscape to render a faraway story, something much more familiar. With the addition of images of the Pope's friends and family, this was a perfect decoration for a small court limited to the European continent. But in 1492, the New World was discovered, horizons were expanding, and this little 133 by 46-foot microcosm had to expand as well. And it did, thanks to a creative genius, a visionary and an awesome story.
Das kreative Genie war Michelangelo Buonarroti. Er war 33, als er ausgewählt wurde, um die 1100 qm große Decke auszuschmücken. Er hatte schlechte Karten. Er war Maler, wollte sich aber der Bildhauerei zuwenden. In Florenz saßen wütende Auftraggeber, weil er viele unvollständige Aufträge hinterlassen hatte und nach Rom gelockt worden war, mit Aussicht auf ein großes Bildhauerprojekt. Das Projekt war nicht zustande gekommen. Letztendlich wurde er beauftragt, 12 Apostel vor dekorativem Hintergrund an die Decke der Sixtinischen Kapelle zu malen, die wie jede andere Decke in Italien aussehen würde.
Now, the creative genius was Michelangelo Buonarroti, 33 years old when he was tapped to decorate 12,000 square feet of ceiling, and the deck was stacked against him -- he had trained in painting but had left to pursue sculpture. There were angry patrons in Florence because he had left a stack of incomplete commissions, lured to Rome by the prospect of a great sculptural project, and that project had fallen through. And he had been left with a commission to paint 12 apostles against a decorative background in the Sistine Chapel ceiling, which would look like every other ceiling in Italy.
Das Genie stellte sich der Herausforderung. In einer Zeit, in der ein Mann es wagte, über den Atlantik zu segeln, wagte es Michelangelo, neue Wege in der Kunst zu gehen. Auch er würde eine Geschichte erzählen -- nicht über Apostel -- sondern über bedeutende Anfänge, die Geschichte der Genesis.
But genius rose to the challenge. In an age when a man dared to sail across the Atlantic Ocean, Michelangelo dared to chart new artistic waters. He, too, would tell a story -- no Apostles -- but a story of great beginnings, the story of Genesis.
Es ist nicht gerade leicht, Geschichten an der Decke umzusetzen. Wie kann man von unten eine belebte Szene aus einem Abstand von 20 m erkennen? Die Maltechnik, die seit 200 Jahren in den Florentiner Studios weitergereicht wurde, war für diese Art von Erzählung nicht gerüstet.
Not really an easy sell, stories on a ceiling. How would you be able to read a busy scene from 62 feet below? The painting technique that had been handed on for 200 years in Florentine studios was not equipped for this kind of a narrative.
Michelangelo war eigentlich kein Maler. Deshalb spielte er seine Stärken aus. Anstatt wie gewohnt die Fläche mit Geschäftigkeit auszufüllen, griff er nach Hammer und Meißel und klopfte Marmorstücke weg, um die Figur darunter freizulegen. Michelangelo war ein Essentialist. Er erzählte seine Geschichte mit gewaltigen, dynamischen Körpern.
But Michelangelo wasn't really a painter, and so he played to his strengths. Instead of being accustomed to filling space with busyness, he took a hammer and chisel and hacked away at a piece of marble to reveal the figure within. Michelangelo was an essentialist; he would tell his story in massive, dynamic bodies.
Der legendäre Papst Julius II. begrüßte dieses Konzept. Er ließ sich nicht von Michelangelos dreister Genialität beeindrucken. Er war der Neffe von Papst Sixtus IV. Er war seit 30 Jahren der Kunst verhaftet und war sich seiner Macht bewusst. Die Geschichte hat seinen Spitznamen vom Kriegerpapst überliefert, aber er hat dem Vatikan keine Burgen oder Artillerie vererbt, sondern Kunst. Er hinterließ uns die Stanzen des Raffael, die Sixtinische Kapelle, den Petersdom und eine außerordentliche Sammlung griechisch-römischer Skulpturen -- definitiv heidnische Werke, die die Grundlage des ersten modernen Museums der Welt, der Vatikanischen Museen, bilden würden. Julius war ein Mann, der sich ausmalte, dass der Vatikan aufgrund seiner Größe und Schönheit für immer maßgebend sein würde. Er hatte Recht. Dank der Begegnung der beiden Giganten, Michelangelo und Julius II., gibt es die Sixtinsche Kapelle. Michelangelo engagierte sich so sehr in diesem Projekt, dass er die Aufgabe innerhalb von dreieinhalb Jahren fertigstellte. Er arbeitete mit einer kleinen Gruppe und verbrachte stundenlang damit, über seinem Kopf die Geschichten an die Decke zu malen.
This plan was embraced by the larger-than-life Pope Julius II, a man who was unafraid of Michelangelo's brazen genius. He was nephew to Pope Sixtus IV, and he had been steeped in art for 30 years and he knew its power. And history has handed down the moniker of the Warrior Pope, but this man's legacy to the Vatican -- it wasn't fortresses and artillery, it was art. He left us the Raphael Rooms, the Sistine Chapel. He left St. Peter's Basilica as well as an extraordinary collection of Greco-Roman sculptures -- decidedly un-Christian works that would become the seedbed of the world's first modern museum, the Vatican Museums. Julius was a man who envisioned a Vatican that would be eternally relevant through grandeur and through beauty, and he was right. The encounter between these two giants, Michelangelo and Julius II, that's what gave us the Sistine Chapel. Michelangelo was so committed to this project, that he succeeded in getting the job done in three and a half years, using a skeleton crew and spending most of the time, hours on end, reaching up above his head to paint the stories on the ceiling.
Schauen wir uns die Decke an, sehen wir, wie die Geschichten weltweite Bedeutung erlangt haben. Es bestehen keinerlei bekannte künstlerische Referenzen. Es gibt nur Raum, Struktur und Energie; ein imposanter gemalter Rahmen, der sich über neun Felder verteilt, die sich eher an der Form als an den Farben ausrichten. Wir stehen am äußersten Ende, in der Nähe des Eingangs, weit weg vom Altar und den Chorschranken für den Klerus. Wir schauen in die Ferne und suchen nach einem Anfang. Bei wissenschafltichen Untersuchungen sowie in der biblischen Überlieferung denken wir an etwas wie einen Zündfunken. Michelangelo malte Ausgangsenergie, als er die Trennung von Licht und Finsternis malte; eine rastlose Figur, verschwommen in der Ferne und in einen engen Raum gezwängt. Die nächste Figur wird sichtbar und man kann eine Figur von einer Seite zur anderen eilen sehen. Sie hinterlässt in ihrem Kielwasser Sonne, Mond und Vegetation. Michelangelo konzentrierte sich nicht auf die Dinge, die geschaffen wurden, im Gegensatz zu anderen Künstlern. Er konzentrierte sich auf den Schöpfungsakt.
So let's look at this ceiling and see storytelling gone global. No more familiar artistic references to the world around you. There's just space and structure and energy; a monumental painted framework which opens onto nine panels, more driven by sculptural form than painterly color. And we stand in the far end by the entrance, far from the altar and from the gated enclosure intended for the clergy and we peer into the distance, looking for a beginning. And whether in scientific inquiry or in biblical tradition, we think in terms of a primal spark. Michelangelo gave us an initial energy when he gave us the separation of light and dark, a churning figure blurry in the distance, compressed into a tight space. The next figure looms larger, and you see a figure hurtling from one side to the next. He leaves in his wake the sun, the moon, vegetation. Michelangelo didn't focus on the stuff that was being created, unlike all the other artists. He focused on the act of creation.
Dann stopt die Bewegung wie eine Zäsur in der Dichtung. Der Schöpfer schwebt in der Luft. Was tut er da? Erschafft er Land oder Meer? Oder schaut er zurück auf sein Werk, das Universum und seine Schätze, wie es Michelangelo getan haben muss, der auf sein Werk an der Decke blickte und rief: "Es ist gut."
And then the movement stops, like a caesura in poetry and the creator hovers. So what's he doing? Is he creating land? Is he creating sea? Or is he looking back over his handiwork, the universe and his treasures, just like Michelangelo must have, looking back over his work in the ceiling and proclaiming, "It is good."
Die Grundlage ist nun gelegt; man gelangt nun zum Höhepunkt der Schöpfung, dem Menschen. Adam springt einem ins Auge: eine helle Figur vor einem dunklen Hintergrund. Wenn man genauer hinschaut, liegt das Bein ziemlich kraftlos auf dem Boden, der Arm liegt schwer auf dem Knie. Adam fehlt der innere Funke, der ihn zu Größerem antreiben wird. Dieser Funke wird ihm gleich vom Schöpfer in den Finger übertragen, der einen Millimeter von Adams Hand entfernt ist. Nun wird es spannend, weil wir einen Augenblick von diesem Kontakt entfernt sind, durch den dieser Mann seinen Sinn entdecken, aufspringen und seinen Platz an der Spitze der Schöpfung einnehmen wird.
So now the scene is set, and you get to the culmination of creation, which is man. Adam leaps to the eye, a light figure against a dark background. But looking closer, that leg is pretty languid on the ground, the arm is heavy on the knee. Adam lacks that interior spark that will impel him to greatness. That spark is about to be conferred by the creator in that finger, which is one millimeter from the hand of Adam. It puts us at the edge of our seats, because we're one moment from that contact, through which that man will discover his purpose, leap up and take his place at the pinnacle of creation.
Dann hat uns Michelangelo völlig überrumpelt. Wen hält Gott in seinem anderen Arm? Eva, die erste Frau. Sie ist kein nachträglicher Einfall. Sie ist Teil des Plans. Gott hatte sie schon immer im Sinn. Schauen Sie, sie ist so vertraut mit Gott, dass sie ihre Hand auf seinen Arm legt. Für mich als amerikanische Kunsthistorikerin des 21. Jahrhunderts war dies der Moment, in dem das Gemälde zu mir gesprochen hat. Denn mir wurde bewusst, dass es bei dieser Darstellung schon immer um Männer und Frauen ging -- und zwar so sehr, dass genau mittig, im Herzen der Decke die Erschaffung der Frau liegt, nicht die von Adam. Wenn man sie dann zusammen im Garten Eden sieht, kommen sie gemeinsam zu Fall und ihre stolze Haltung verändert sich in eine gebückte, schmachvolle Haltung.
And then Michelangelo threw a curveball. Who is in that other arm? Eve, first woman. No, she's not an afterthought. She's part of the plan. She's always been in his mind. Look at her, so intimate with God that her hand curls around his arm. And for me, an American art historian from the 21st century, this was the moment that the painting spoke to me. Because I realized that this representation of the human drama was always about men and women -- so much so, that the dead center, the heart of the ceiling, is the creation of woman, not Adam. And the fact is, that when you see them together in the Garden of Eden, they fall together and together their proud posture turns into folded shame.
Sie befinden sich an einem kritischen Punkt an der Decke. Es ist genau der Punkt, an dem Sie und ich nicht weiter in die Kirche gehen können. Die Chorschranke hält uns vom Allerheiligsten fern und wir sind vertrieben wie Adam und Eva. Die restlichen Szenen an der Decke spiegeln das beengte Chaos wider, das uns umgibt. Hier ist Noah mit seiner Arche und der Sintflut. Hier ist Noah, als er ein Opfer bringt und mit Gott ein Abkommen trifft. Vielleicht ist er der Heiland. Ach nein, Noah ist derjenige, der Trauben züchtete, den Wein erfand, sich betrank und nackt in seinem Stall bewusstlos wurde. Es ist merkwürdig, die Decke so zu gestalten, dabei mit Gottes Schöpfung zu beginnen und mit einem Typ zu enden, der betrunken in einem Stall liegt. Verglichen mit Adam könnte man meinen, Michelangelo mache sich über uns lustig.
You are at critical juncture now in the ceiling. You are exactly at the point where you and I can go no further into the church. The gated enclosure keeps us out of the inner sanctum, and we are cast out much like Adam and Eve. The remaining scenes in the ceiling, they mirror the crowded chaos of the world around us. You have Noah and his Ark and the flood. You have Noah. He's making a sacrifice and a covenant with God. Maybe he's the savior. Oh, but no, Noah is the one who grew grapes, invented wine, got drunk and passed out naked in his barn. It is a curious way to design the ceiling, now starting out with God creating life, ending up with some guy blind drunk in a barn. And so, compared with Adam, you might think Michelangelo is making fun of us.
Aber er ist dabei, die Finsternis zu vertreiben, indem er diese hellen Farben genau unterhalb von Noah verwendet: Smaragdgrün, Topazgelb, Scharlachrot für den Propheten Zacharias. Zacharias sieht ein aus dem Osten kommendes Licht voraus und an dieser Stelle werden wir in eine neue Richtung gelenkt. Sibyllen und Propheten werden uns zu einem Defilee führen. Es gibt Helden und Heldinnen, die für Sicherheit auf dem Weg sorgen. Wir folgen den Müttern und Vätern. Sie sind die Motoren dieses riesigen Triebwerks und treiben es voran.
But he's about to dispel the gloom by using those bright colors right underneath Noah: emerald, topaz, scarlet on the prophet Zechariah. Zechariah foresees a light coming from the east, and we are turned at this juncture to a new destination, with sibyls and prophets who will lead us on a parade. You have the heroes and heroines who make safe the way, and we follow the mothers and fathers. They are the motors of this great human engine, driving it forward.
Jetzt sind wir am Grundpfeiler der Decke, am Höhepunkt des Ganzen. Diese Figur sieht so aus, als würde sie gleich herausfallen, in unseren Raum hinein, um ihn einzunehmen.
And now we're at the keystone of the ceiling, the culmination of the whole thing, with a figure that looks like he's about to fall out of his space into our space, encroaching our space.
Dies ist die wichtigste Verbindungsstelle. Vergangenheit trifft auf Gegenwart. Dies ist Jonas, der drei Tage lang in einem Wal saß. Für die Christen ist er das Symbol der Erneuerung der Menschheit durch das Opfer Jesu, aber für die vielen Besucher, die täglich in dieses Museum kommen und die aus allen Glaubensrichtungen stammen, ist dies der Moment, in dem die frühe Vergangenheit die direkte Realität trifft.
This is the most important juncture. Past meets present. This figure, Jonah, who spent three days in the belly of the whale, for the Christians, is the symbol of the renewal of humanity through Jesus' sacrifice, but for the multitudes of visitors to that museum from all faiths who visit there every day, he is the moment the distant past encounters and meets immediate reality.
Das alles bringt uns zu dem Bogenfeld an der Altarwand, an der Michealangelos Jüngstes Gericht zu sehen ist, das er 1534 gemalt hat, nachdem sich die Welt wieder verändert hatte. Die Reformation hatte die Kirche gespalten, das Osmanische Reich hatte aus dem Islam ein Alltagswort gemacht und Magellan hatte einen Weg zum Pazifischen Ozean gefunden. Wie wird ein 59-jähriger Künstler, der nie weiter als bis nach Venedig gekommen war, diese neue Welt ansprechen? Michelangelo hatte beschlossen, das Schicksal zu malen, das universelle Verlangen, das uns allen vertraut ist, um ein Vermächtnis an Meisterleistung zu hinterlassen. In Bezug auf die christliche Sicht des Jüngsten Gerichts, und des Weltendes, hat uns Michelangelo eine Reihe Figuren mit auffallend schönen Körpern hinterlassen. Sie sind nicht mehr bedeckt und es gibt keine Porträts mehr, von wenigen abgesehen. Es handelt sich um eine Komposition aus 391 Körpern, von denen keiner dem anderen gleicht. Sie sind einzigartig wie jeder von uns. In der unteren Ecke beginnen sie, sich vom Boden zu lösen; sie kämpfen und versuchen, aufzusteigen. Die bereits aufgestiegen sind, versuchen, anderen zu helfen. An einer beeindruckenden Stelle werden ein schwarzer und ein weißer Mann zusammen nach oben gezogen. Dies zeigt eine unglaubliche Sicht menschlicher Einheit in dieser neuen Welt. Der Löwenanteil gehört dem Siegerkreis. Dort gibt es Männer und Frauen, die nackt wie Athleten sind. Sie haben das Elend überwunden und Michelangelos Sicht auf die Menschen, die das Elend bekämpfen, Hindernisse überwinden -- sie sind genau wie Athleten. Männer und Frauen lassen Muskeln spielen und posieren in diesem besonderen Rampenlicht. Jesus führt den Vorsitz über diese Versammlung. Erst war er ein leidender Mann am Kreuz, nun ist er ein glorreicher Herrscher im Himmel. Michelangelo zeigt in seinem Gemälde, dass harte Umstände, Rückschläge und Hindernisse Meisterleistung nicht einschränken, sondern sie formen.
All of this brings us to the yawning archway of the altar wall, where we see Michelangelo's Last Judgment, painted in 1534 after the world had changed again. The Reformation had splintered the Church, the Ottoman Empire had made Islam a household word and Magellan had found a route into the Pacific Ocean. How is a 59-year-old artist who has never been any further than Venice going to speak to this new world? Michelangelo chose to paint destiny, that universal desire, common to all of us, to leave a legacy of excellence. Told in terms of the Christian vision of the Last Judgment, the end of the world, Michelangelo gave you a series of figures who are wearing these strikingly beautiful bodies. They have no more covers, no more portraits except for a couple. It's a composition only out of bodies, 391, no two alike, unique like each and every one of us. They start in the lower corner, breaking away from the ground, struggling and trying to rise. Those who have risen reach back to help others, and in one amazing vignette, you have a black man and a white man pulled up together in an incredible vision of human unity in this new world. The lion's share of the space goes to the winner's circle. There you find men and women completely nude like athletes. They are the ones who have overcome adversity, and Michelangelo's vision of people who combat adversity, overcome obstacles -- they're just like athletes. So you have men and women flexing and posing in this extraordinary spotlight. Presiding over this assembly is Jesus, first a suffering man on the cross, now a glorious ruler in Heaven. And as Michelangelo proved in his painting, hardship, setbacks and obstacles, they don't limit excellence, they forge it.
Dies führt uns zu einer komischen Sache. Das ist die private Kapelle des Papstes. Man kann sie am besten als "Eintopf" von Aktbildern beschreiben. Michelangelo versuchte, nur die beste künstlerische Sprache einzusetzen und dachte an die gängigste: die Sprache des menschlichen Körpers. Anstatt Tugenden wie Standhaftigkeit oder Selbstbeherrschung zu zeigen, übernahm er einiges aus Julius' II. wundervoller Skulpturensammlung, um innere Stärke als äußere Kraft zu zeigen.
Now, this does lead us to one odd thing. This is the Pope's private chapel, and the best way you can describe that is indeed a stew of nudes. But Michelangelo was trying to use only the best artistic language, the most universal artistic language he could think of: that of the human body. And so instead of the way of showing virtue such as fortitude or self-mastery, he borrowed from Julius II's wonderful collection of sculptures in order to show inner strength as external power.
Ein Zeitgenosse schrieb, die Kapelle sei zu schön, um keine Kontroverse auszulösen. Genau das war der Fall. Michelangelo musste bald feststellen, dass sich mit Hilfe der Druckpresse Beschwerden über die Nackheit im Gemälde rasch verbreiteten. Bald wurde sein Meisterstück als Pornografie bezeichnet, woraufhin er zwei weitere Porträts hinzufügte: eines von dem päpstlichen Höfling, der ihn kritisierte, und ein anderes von ihm selbst, aber nicht als Athlet, sondern als verdorrte Hülse, in den Händen eines langmütigen Märtyrers. In dem Jahr, als er starb, wurden viele dieser Figuren bedeckt: ein Triumph für triviale Ablenkungen gegenüber seinem Aufruf zur Herrlichkeit.
Now, one contemporary did write that the chapel was too beautiful to not cause controversy. And so it did. Michelangelo soon found that thanks to the printing press, complaints about the nudity spread all over the place, and soon his masterpiece of human drama was labeled pornography, at which point he added two more portraits, one of the man who criticized him, a papal courtier, and the other one of himself as a dried up husk, no athlete, in the hands of a long-suffering martyr. The year he died he saw several of these figures covered over, a triumph for trivial distractions over his great exhortation to glory.
Jetzt stehen wir im Hier und Jetzt. Wir sind in dem Raum zwischen Anfang und Ende in der großartigen, riesigen Totalität der menschlichen Erfahrung gefangen. Die Sixtinische Kapelle zwingt uns herumzuschauen, als wäre sie ein Spiegel. Wer bin ich in diesem Bild? Gehöre ich zu der Menschenmenge? Bin ich der betrunkene Typ? Bin ich der Athlet? Wenn wir diesen Hafen erbaulicher Schönheit verlassen, werden wir dazu angeregt, uns die wichtigsten Fragen des Lebens zu stellen: Wer bin ich und welche Rolle spiele ich in diesem großen Theater des Lebens?
And so now we stand in the here and now. We are caught in that space between beginnings and endings, in the great, huge totality of the human experience. The Sistine Chapel forces us to look around as if it were a mirror. Who am I in this picture? Am I one of the crowd? Am I the drunk guy? Am I the athlete? And as we leave this haven of uplifting beauty, we are inspired to ask ourselves life's biggest questions: Who am I, and what role do I play in this great theater of life?
Vielen Dank.
Thank you.
(Applaus)
(Applause)
Bruno Giussani: Elizabeth Lev, vielen Dank.
Bruno Giussani: Elizabeth Lev, thank you.
Elizabeth, Sie erwähnten das Thema Pornografie, zu viele Nackte und zu viele Alltagsszenen und ungehörige Dinge in den Augen der damaligen Zeit. Eigentlich geht es um mehr. Es geht nicht darum, einige Figuren nachzubessern oder zu bedecken. Dieses Kunstwerk wurde beinahe deswegen zerstört.
Elizabeth, you mentioned this whole issue of pornography, too many nudes and too many daily life scenes and improper things in the eyes of the time. But actually the story is bigger. It's not just touching up and covering up some of the figures. This work of art was almost destroyed because of that.
Elizabeth Lev: Die Wirkung des Jüngsten Gerichts war gewaltig. Die Druckpresse sorgte dafür, dass es jeder sehen konnte. Das passierte nicht innerhalb von ein paar Wochen. Über einen Zeitraum von 20 Jahren hinweg wandte man sich mit Artikeln und Klagen an die Kirche: "Ihr könnt uns doch nicht erzählen, wie wir unser Leben zu führen haben. Habt Ihr gemerkt, dass in der Kapelle des Papstes Pornografie hängt?" Nach vielen Beschwerden und dem Beharren darauf, dieses Kunstwerk zu zerstören, ging die Kirche schließlich in Michelangelos Todesjahr einen Kompromiss ein, um das Gemälde zu retten, indem sie diese 30 zusätzlichen Bedeckungen anbrachte. Damit begann die systematische Übermalung der unsittlichen Stellen. Dort fing es an und es geschah in einer Kirche, die versuchte, ein Kunstwerk zu retten, anstatt es zu verunstalten oder zu zerstören.
Elizabeth Lev: The effect of the Last Judgment was enormous. The printing press made sure that everybody saw it. And so, this wasn't something that happened within a couple of weeks. It was something that happened over the space of 20 years of editorials and complaints, saying to the Church, "You can't possibly tell us how to live our lives. Did you notice you have pornography in the Pope's chapel?" And so after complaints and insistence of trying to get this work destroyed, it was finally the year that Michelangelo died that the Church finally found a compromise, a way to save the painting, and that was in putting up these extra 30 covers, and that happens to be the origin of fig-leafing. That's where it all came about, and it came about from a church that was trying to save a work of art, not indeed deface or destroyed it.
BG: Was Sie uns gerade erzählt haben, ist nicht die übliche Tour, die die Besucher der Sixtinischen Kapelle heutzutage bekommen.
BG: This, what you just gave us, is not the classic tour that people get today when they go to the Sistine Chapel.
(Gelächter)
(Laughter)
EL: Ich weiß nicht, ist das Werbung?
EL: I don't know, is that an ad?
(Gelächter)
(Laughter)
BG: Nein, nein, nicht unbedingt, es ist eine Feststellung. Das Kunsterlebnis trifft heutzutage auf Probleme. Zu viele Menschen wollen dies sehen, mit dem Ergebnis, dass 5 Millionen Leute durch diese winzige Tür gehen und das Kunstwerk völlig anders erfahren, als wir das gerade taten.
BG: No, no, no, not necessarily, it is a statement. The experience of art today is encountering problems. Too many people want to see this there, and the result is five million people going through that tiny door and experiencing it in a completely different way than we just did.
EL: Richtig. Dem stimme ich zu. Es ist schön, wenn man in Ruhe schauen kann. Aber selbst damals, bei 28 000 Menschen pro Tag, selbst damals, als man mit all diesen anderen Menschen dort war, schaute man sich um und dachte, wie wundervoll es ist, dass ein 500 Jahre alter bemalter Putz immer noch all diese Menschen anzieht, die dicht bei einem stehen und auch mit offenem Mund nach oben schauen. Es handelt sich um eine großartige Erklärung, wie Schönheit uns über Zeit und Ort hinweg ansprechen kann.
EL: Right. I agree. I think it's really nice to be able to pause and look. But also realize, even when you're in those days, with 28,000 people a day, even those days when you're in there with all those other people, look around you and think how amazing it is that some painted plaster from 500 years ago can still draw all those people standing side by side with you, looking upwards with their jaws dropped. It's a great statement about how beauty truly can speak to us all through time and through geographic space.
BG: Liz, Grazie.
BG: Liz, grazie.
EL: Grazie a te.
EL: Grazie a te.
BG: Vielen Dank
BG: Thank you.
(Applaus)
(Applause)